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Soundcheck: SE electronics SE6160 trifft den guten Ton

| VIDEOAKTIV

Immer den passenden Ton finden – darauf kommt es bei Filmschaffenden nicht nur im familiären Kreis an Weihnachten an, sondern das gesamte Jahr. Mit dem SE6160 klappt das stressfrei und hoch professionell. Wir arbeiten heraus, warum das Shotgun-Mikrofon oft die bessere zumindest aber die flexiblere Wahl gegenüber der Funklösung ist.

SE1660 GR

 

IM TEST: 
SE electronics SE6160 Stereo-Set, 1099 Euro

Shotgun-Mikrofone gehören zur Standardausstattung bei Reportagen und Dokumentationen – sind aber durch Funkmikrofone inzwischen dennoch etwas in Vergessenheit geraten. Dabei sind die zwei Mikrofonarten genaugenommen sehr konträr, auch wenn beide dazu da sind, zielgerichtet den Ton einzufangen. Beim Funklösung, im Besonderen, wenn das Lavalier-Mikrofon am Kragen angeheftet ist, zielt man auf den passenden Ton vom Protagonisten. Ein Shotgun-Mikrofon sorgt mit seiner starke Richtwirkung nach vorn auch bei Interviews für den passenden Ton, ist aber vielseitiger einsetzbar. Ob bei Fernsehinterviews, Dokumentationen oder Online-Reportagen – die Wahl des richtigen Mikrofons entscheidet maßgeblich über die Qualität des Tons. Besonders häufig stehen Filmschaffende vor der Frage: Lieber ein Shotgun-Mikrofon oder Funkmikrofon? In der professionellen Audioaufnahme für Journalismus und Medienproduktion stehen Shotgun-Mikrofone und Funkmikrofonsysteme für unterschiedliche technische Ansätze zur Schallaufnahme – dabei kann man festhalten: Ein Shotgun-Mikrofon wie das SE6160 ist vielfältiger einsetzbar und damit eigentlich immer die erste Wahl. 

 VIDEOAKTIV hat das SE6160 in den letzten Monaten häufig auf unterschiedlichen Kameras eingesetzt und liefert im Video Klangbeispiele und einen Vergleich zu unserem Standard-Funkmikrofon.

BAUART-PRINZIP

Das SE6160 von SE electronics ist ein Kondensatormikrofon mit Interferenzrohr und nimmt, wie jedes Shotgun-Mikrofon, bevorzugt Schall aus einer bestimmten Richtung auf und blendet Umgebungsgeräusche weitgehend aus. Dadurch eignet es sich besonders für Film- und Drehsituationen, in denen der Sprecher gezielt erfasst werden soll, etwa bei Außenaufnahmen, szenischen Reportagen oder für Publiumsreaktionen. Im Gegensatz zu unserem Video, bei dem wir das Mikrofon bewusst in die Szene integriert haben, kann das SE6160 für das Publikum unsichtbar bleiben: Zum Beispiel durch den Einsatz einer Tonangel oder wenn es, wie im Video gezeigt und mit Tonbeispielen belegt, direkt an der Kamera befestigt ist. Für das Mikrofon spricht die robuste Bauweise mit einem Metallgehäuse und einer Druckguss-Konstruktion. Damit ist das Mikrofon, auch wenn es nach längerem Gebrauch nicht mehr ganz neu aussieht, auf eine lange Lebensdauer getrimmt. Durch das Interferenzrohr-Prinzip des SE6160 trifft seitlich eintreffender Schall über unterschiedlich lange Laufwege zeitverzögert auf die Kapsel. Die daraus resultierenden Phasenverschiebungen führen frequenzabhängig zu Auslöschungen außerhalb der Hauptachse. Die Richtwirkung reduziert entsprechend Nebengeräusche – die Frage ist nur wie gut?


RICHTWIRKUNG

Das Interferenzrohr-Prinzip, auf dem Shotgun-Mikrofone basieren, sorgt dafür, dass seitlich eintreffender Schall über unterschiedlich lange Laufwege zeitverzögert auf die Kapsel trifft und, leider nur frequenzabhängig, für Auslöschungen von Klängen außerhalb der Hauptachse sorgt. Während im mittleren und oberen Frequenzbereich eine ausgeprägte Richtwirkung (Super- bis Hyperniere) erreicht wird, verliert das Interferenzrohr-Prinzip im Tieftonbereich an Wirkung. Dabei muss man dem SE6160 bescheinigen, dass es hier vergleichsweise gut funktioniert. Beim Dreh zur Weinlese sorgte das Mikrofon in der Halle mit laufenden Maschinen mit einer klaren Richtwirkung dafür, dass die Töne vor der Kamera gut zu hören waren und die Brummtöne der Maschinen zu einem natürlichen Hintergrundgeräusch reduziert waren. Die systembedingt schwierigeren tieffrequenten Störanteilen bekommt das SE6160 durch die lange Bauweise also sehr gut in den Griff, so dass auch Verkehrslärm erstaunlich gut ausgelöscht wird.

Das SE6160 ist mir 25 Zentimetern vergleichsweise lang, hat damit aber auch eine recht gute Richtwirkung und dämpft auch tiefe Frequenzen vergleichsweise gut.

NAHBESPRECHUNG

Der Kammfiltereffekt beim Mikrofon entsteht durch die Überlagerung von Originalschall und verzögerten Schallwellen (Reflexionen oder von mehreren Mikrofonen), was zu periodischen Auslöschungen und Verstärkungen bestimmter Frequenzen führt, wie ein Kamm aussehend, und einen metallischen, hohlen Klang erzeugt, der besonders bei Nahbesprechung oder Mehrfachmikrofonierung auftritt. Probleme kann das zum Beispiel dann machen, wenn man das Mikrofon in Interviewsituationen dicht beim Protagonisten einsetzt. Doch hört man in unsere Aufnahmen im VIDEOAKTIV-Studio rein wird schnell klar, dass das SE6160 damit keine Probleme hat. Wo normalerweise Funklösungen mit Lavaliermikrofon punkten und besser in der Nähe eine konstante und klare Tonqualität liefern, hält das Mikrofon von SE electronics gut mit und zeigt sich relativ frei von Off-Axis-Färbungen – also ohne große Klangveränderungen, weil man außerhalb des Richtwirkungsfelds spricht.

sE 6160 ShotGun Mic WindschutzDas Mikrofon lässt sich auch bei Interviews aus geringerer Entfernung gut nutzen. Der Windschutz dient auch als Pop-Schutz.

SIGNAL-RAUSCH-ABSTAND

Der (normalerweise) größere Arbeitsabstand eines Shotgun-Mikrofons führt zu einem geringeren Direktschallanteil im Verhältnis zum diffusen Schallfeld, das nicht nur seitlich, sondern auch von vorn auf das Mikrofon treffen kann. Dabei sind frühe Reflexionen, sprich hallige Innenräumen, ein besonders gängiges Problem, bei dem ein Interferenzrohr seine Richtwirkung teilweise verlieren kann. Doch das dann hohl klingende, inkonsistentes Sprachsignal hatten wir beim SE6160 nie. Dennoch ist auch beim SE6160, abhängig von der Raumakustik, eine präzise Mikrofonführung wichtig. Die hochwertige Mikrofon-Kapsel des SE6160 mit vergleichsweise niedrigem Eigenrauschen sorgt dafür dass das Richtrohr einen sauberen Klang abliefert, das sich, passende Vorverstärker vorausgesetzt, gut verstärken lässt.

sE 6160 ShotGun Mic LowCut DaempfungMit den zwei versenkten Schaltern hat man die Option sowohl einen Low-Cut von tiefen Frequenzen zu machen als auch mit einer Dämpfung in lauter Umgebung den Pegel "einzufangen". 


 AUSSTATTUNG

Neben den bauartbedingten Eigenschaften, die den Klang und die Variabilität beeinflussen, hat SE electronics noch zwei elektronische Ausstattungsdetails und die Nutzbarkeit für weitere Bereiche zu erweitern. So findet man zum einen Umschalter für eine voreinstellbare Dämpfung des Signals um -10 beziehungsweise -20 dB, was den Dynamikbereich bei lauten Klangquellen erhöht. Gerade im Zusammenspiel mit einer modernen 32Bit-Float Aufzeichnung ist das eine sehr gute Option um nicht in den Klippingbereich zu gelangen und Verzerrungen durch das Kondensatormikrofon zu riskieren. Dazu gibt es noch Low-Cut-Filter um unerwünschte Frequenzen wie Trittschall und übermäßige Bässe zu reduzieren. Zum normalen Frequenzgang kann man entsprechend tiefe Frequenzen bei 80 oder 160 Hertz absenken beziehungsweise abschneiden. Im der guten Transportbox liegen neben den beiden SE6160 zwei Mikrofonklammern samt Adaptern für 1/4 bzw 3/8-Zoll Gewinde sowie der wichtige Windschutz aus Schaumstoff.

sE electronics liefert eine gute Mikrofonklemme samt passendem Adapter für das kleinere 1/4-Zoll-Gewinde mit.  

FAZIT

In der Praxis zeigt sich eigentlich: Es gibt am Ende eben doch eine universellere Mikrofonlösung: Shotgun-Mikrofone haben nicht ausgedient und das das SE6160 überzeugt nicht nur bei kontrollierten Drehs und filmischen Formaten, sondern ist variabler als ein Funkmikrofon und somit auch für Interviews, Reportagen und dynamische Situationen geeignet. Dabei hat es uns durch die gute Richtwirkung mit guter Auslöschung von Nebengeräuschen bis in tiefe Frequenzen überzeugt. Für die Nutzung auf der Kamera muss man dabei zwar die lange Bauweise beachten, die im Zusammenspiel mit vergleichsweise kurzen Objektiven mit großem Weitwinkel durchaus mal problematisch werden kann, da das Mikrofon ins Bild ragt. Ansonsten ist es gerade für mobile und schnelle Einsätze, aber ebenso im Studio beziehungsweise bei Musik-Events bestens geeignet.

+ gute Richtwirkung
+ gute Auslöschung bis in tiefe Frequenzen
+ geringes Eigenrauschen
- lange Bauweise

DATEN

DATEN UND TESTERGEBNISSE

Canon EOS C50 Tabellenbild

Hersteller SE electronics
Modell  SE6160 Stereo-Set (auch einzeln verfügbar)
Preis 1099 Euro (549 Euro)
Internet seelectronics.com
DATEN
Abmessungen 250 mm x 19,6 ⌀
Gewicht  110 Gramm 
Mikrofontyp Shotgun-Kondensator-Mikrofon
Charakteristik Richtmikrofon
Frequenzgang 20 - 20.000 Hz
Stromversorgung 48 Volt Phantomspeisung
Anschluss XLR
Signalabschwächer/verstärker 0/-10/-20 dB
Bassfilter  ja, schaltbar (80, 160 Hz)
Zubehör Transportbehälter, Schaumstoff-Windschutz,
Mikrofonklemme, Gewindeadapter
va logo kl 100  
Urteil sehr gut
Preis/Leistung sehr gut
Autor:
Joachim Sauer
Bildquellen:
MEDIENBUREAU, sE electronics

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