Workshop: Adobe Premiere wird mobil – Praxis der Premiere App
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Mit der Premiere-App wagt sich Adobe auf das Feld der mobilen Produktionen vor. Gleichzeitig gibt es neue Effekte und Übergänge für die Desktop-Version. Wir haben uns die Verbindung der beiden Neuheiten vorgeknöpft.
Workshop: Adobe Premiere-App und Film Impact-Effekte
Einen Beitrag nicht nur vollständig mit dem Smartphone filmen, sondern auch schneiden und veröffentlichen? Was früher noch undenkbar wirkte, ist heute in der Content-Creator-Welt gang und gäbe. Höchste Zeit für Branchenprimus Adobe, Smartphone-Filmenden eine entsprechende Schnitt-Applikation an die Hand zu geben. Auf der IBC angekündigt, ist die App nun in Apples App-Store verfügbar und bietet nicht nur Schnitt in der App, sondern auch Kompatibilität mit der bekannten Premiere Pro-Software für den Schnittrechner. Diese wiederum bekommt nun neue Effekte aus der Film Impact-Schmiede. Wir haben uns App und Effekte angeschaut.
Einen umfangreichen Einblick in die neue Premiere-App gibt Joachim Sauer im Video, während Jonas Schupp die neuen Film Impact-Blenden und -Effekte vorstellt.
APP-BEDIENUNG
Die App passt sich dem Handyformat an, was ein Arbeiten im Hochformat bedeutet. Dabei sitzt das Vorschaufenster über der Timeline, Bearbeitungstasten und allgemeine Steuerelemente finden am unteren und oberen Bildrand Platz. Wir entschieden uns im Test für ein Video im klassischen 16:9-Querformat, aber natürlich beherrscht Premiere alle gängigen Seitenverhältnisse, ob nun Querformat, Hochformat oder Quadratisch. Praktischerweise zeigt die App in den für Social Media relevanten Seitenverhältnissen mit entsprechenden Logos an, für welches Netzwerk das jeweilige Format ideal ist.
Mit kleinen Symbolen zeigt die Premiere-App an, für welches Social Media-Netzwerk das ausgewählte Format geeignet ist. Auch eine automatische Formatauswahl ist möglich.
Eingewöhnung in die Navigation der App braucht man nahezu nicht, denn sie ist selbst für Anwendende ohne Premiere Pro Erfahrung sehr intuitiv. Dennoch lehnt sich die Gestaltung am bekannten Premiere Pro-Design an und ist angenehm übersichtlich, so dass wir auch Mehrspur-Projekte in der App schneiden konnten. Die Clip-Länge stellt man dabei durch Ziehen der Clips in die Timeline ein. Möchte man eine Einstellung bearbeiten, reicht ein Antippen und ein Bearbeitungs-Menü klappt auf. Ähnlich funktionieren Schnitte: einfach an dem entsprechenden Punkt in der Timeline im unteren Menü „Schnitt“ auswählen und schon sind die Clips getrennt. Bei den Blenden fehlen uns der Übergang zu Weiß sowie die additive Blende, doch mit weicher Blende und Übergang zu Schwarz sind zwei der wichtigsten Blenden mit an Bord, welche durch kreative Übergänge wie „Blitz“ oder „Schieben“ ergänzt werden.
Genug Blenden sind an Bord, wir hätten aber statt mancher Kreativblende lieber einen Übergang zu Schwarz oder eine additive Blende.
DETAILARBEIT
Text lässt sich denkbar leicht einfügen und animieren, denn auch dafür bietet die Premiere App einen eigenen Menüpunkt. Uns ist es im Test aber mehrfach passiert, dass wir unbeabsichtigt einzelne Frames alter Aufnahmen stehen ließen. In der Timeline-Übersicht sind diese sogenannten „Blitzer“ kaum zu erkennen, es sei denn man zoomt sehr stark in die Timeline. Doch auch diese Blitzer sind lästig und es lassen sich keine Blenden einfügen. Wer genau hinschaut, erkennt das Einzelbild und kann per Einzelbildfortschaltung das Einzelbild in der Vorschau ausfindig machen. In der Timeline lässt sich das Einzelbild nicht auswählen, doch wenn man in das Vorschaufenster tippt, ist der Clip markiert und lässt sich über den auftauchenden Menüpunkt löschen.
Ist ein Text ausgewählt, kann man diesen über den Animation-Menüpunkt (roter Pfeil) ein- und ausblenden sowie animieren.
KI-GENERATOREN
Die Premiere-App ist an sich kostenlos, möchte man jedoch die integrierten KI-Werkzeuge nutzen, wird die In-App-Währung Credits verlangt. Diese wiederum bekommt man über die Abomodelle des Herstellers monatlich zugewiesen – hat man die Credits aufgebraucht, lässt sich weiteres Kontingent zukaufen. Zwei GenAI-Werkzeuge sind Teil von Premiere: zum einen das Bild-zu-Video-Tool, mit welchem sich Bilder für 500 Credits pro Vorgang animieren lassen. Mit 10 Credits pro Prompt erheblich günstiger ist „Sound-Effekt generieren“, wo man sich eigene Toneffekte erstellen lassen kann. Im Gegensatz zum Video-Generator spricht das Tonwerkzeug nur Englisch, dafür kann man mittels Spracheingabe der KI eine Vorlage vorgeben. So konnten wir im Test mittels Flöten und Pusten zuerst einen atmosphärischen Vogelruf und anschließend ein dynamisches Türen-Zuschlagen generieren.
Der Soundeffekt-Generator gibt nach der Erstellung vier Variationen zur Auswahl aus. Auch im Bild-zu-Video-Generator kann man selbst entscheiden, welche Variante man in das Projekt übernehmen will.
FARBE
Zur Farbbearbeitung bietet die Premiere-App zwei Optionen: zum einen kann man Farbfilter auf die Clips legen, wobei uns hier vor allem der „Alter Film“-Filter gefallen hat. Und zum anderen kann man jede Aufnahme insgesamt oder nach Schatten, Mitteltönen und Glanzlichtern aufgeteilt anpassen, sowohl in der Beleuchtung als auch in der Farbabstimmung. Für Apps ist die Farbkorrektur damit angenehm detailliert, behält aber gleichzeitig die Option der einfachen, das gesamte Bild betreffenden Farbkorrektur bei. So werden Hobbyisten und Profis gleichermaßen zufriedengestellt. Einzig eine Unterstützung von Log-Aufnahmen würden wir uns noch wünschen, damit man direkt in der App passende LUTs auf die Aufnahmen legen kann.
Die Farbkorrektur gibt Anwenden zwei Optionen: Zum einen einfach und allgemein für Anfänger, zum anderen detailliert für Profis. Wir hätten uns noch einen LUT-Workflow gewünscht, um die Log-Aufnahmens des iPhones direkt in der App korriegieren zu können.
EXPORT NACH PREMIERE PRO
Natürlich kann man Videos direkt aus der App exportieren, wobei man hier nochmal Auflösung, Bildwiederholungsrate und Kompression einstellen kann. Viel interessanter ist aber der Export in die „ausgewachsene“ Premiere Pro-Desktopversion. So kann man die App für den Vorschnitt nutzen oder eben dem Projekt den letzten Schliff an der Workstation geben. Dazu wählt man im Export-Bereich einfach die entsprechende Option aus und schon wird das Projekt in den eigenen Creative Cloud-Speicher geladen. Über diesen kann man das Projekt auch für andere Nutzer*innen zur weiteren Bearbeitung freigeben. Möchte man das in der mobilen Version erstellte Projekt in Premiere Pro nutzen, muss man zum Testzeitpunkt noch über die Beta-Version gehen. Hier geht man im „Datei“-Reiter auf den Punkt „Importieren“, wo nun die Option „Mobiles Premiere Projekt importieren“ erscheint. Ganz reibungslos ist der Export noch nicht, in unserem Fall wurden beispielsweise die Textanimationen nicht übernommen. Man darf aber annehmen, dass derlei Kinderkrankheiten mit Übernahme der Funktion in die Serienversion noch ausgemerzt werden.
Praktisch: beim Export des Projektes nach Premiere Pro kann man auch andere Nutzende einladen.
NEUE EFFEKTE UND ÜBERGÄNGE
Was bereits Teil der Serienversion von Premiere Pro ist, sind die neuen Effekte und Übergänge. Diese kommen, wie uns Anton Knoblach auf der IBC erklärte, von der erst kürzlich von Adobe übernommenen Plugin-Schmiede Film Impact. Die neuen Effekte wurden im Effekt-Fenster in eigenen „Film Impact“-Ordnern integriert und sind am vorgesetzten „FI“-Schriftzug erkennbar. Hier gibt es mit Masken, Lichteffekten und Bewegungseffekten ein breites Anwendungsgebiet. Unser heimlicher Favorit war der „Camera Shake“-Effekt, der Aufnahmen ein nachträgliches Wackeln wie von einer Handkamera verleiht. Arbeitet man mit vielen Kameras, von denen dann einige zwangsläufig auf Stativen stehen, kann man mit diesem Effekt den Aufnahmen zusätzliche Dynamik verleihen – für Livemusik beispielsweise essentiell.
Die Effekte und Übergänge von Film Impact sind übersichtlich in den dazugehörigen Ordnern angeordnet.
Neben Effekten bringt Film Impact auch neue Übergänge mit. Von klassischen weichen Blenden bis zu Unschärfe- und additiven Übergängen und kreativen Blenden sollten fast keine Wünsche offenbleiben. Alle Blenden sind zudem individuell anpassbar und nahezu alle Parameter per Keyframes animierbar. Natürlich sind Effekte und Übergänge immer Geschmackssache – wir setzen beispielsweise selten auf Effekt-Übergänge wie Ausbrennen, Blitze oder Laser. Was man aber Adobe respektive Film Impakt bescheinigen muss ist, dass auch die effektvollen Übergänge modern daherkommen und nicht – wie schon bei Konkurrenzprogrammen gesehen – wie direkt aus dem Windows Movie Maker entnommen aussehen. Der eigentliche Hauptvorteil der Filter und Effekte: Sie werden über die Grafik-Hardware ausgeführt und laufen somit auch bei komplexen Effekten in Echtzeit ohne weiteres Rendering.
Kreativblenden wie der Neon Wipe sind immer Geschmackssache, die Film Impact-Blenden sehen jedoch ausnahmlos modern aus und nicht - wie bei anderen Schnittprogrammen - aus dem vorletzten Jahrzehnt übernommen.
FAZIT
Was Adobe in der Premiere-App gratis an Funktionsumfang bereitstellt, ist beeindruckend. Der Schnitt klappt hier tatsächlich hervorragend und auch wenn die App im Hochformat arbeitet, biete die im unteren Bereich abgebildete Timeline eine gute Projekt-Übersicht. Der eigentliche Knüller aus unserer Sicht ist aber nicht die Option, hier den Vorschnitt effektiv und schnell erledigen zu können, sondern die wirklich intuitiven KI-Werkzeuge, mit denen sich Geräusche oder Musik so einfach und schnell erstellen lassen, dass man es am Rechner definitiv nicht schneller hinbekommt. Adobe hat also einen logischen Schritt gemacht und das Smartphone in den Arbeitsprozess eingebunden, damit man am eigentlichen Arbeitsplatz schneller voran kommt. Was nun noch fehlt ist die Android-App und ein leichterer Weg in die „echte“ Desktop-Anwendung. Dass diese demnächst folgt, ist klar – und lässt gleichzeitig darauf hoffen, dass Adobe diese Symbiose beim Erzeugen von Klangkulissen noch auf andere Arbeitsgebiete ausweitet.
DATEN
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Hersteller
Adobe
Software
Premiere App Premiere Pro
Preis
Premiere App: Kostenlos (In-App-Käufe) Premiere Pro: ab 26 Euro pro Monat
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