Achtung China-Import: Warum eine Konformitätserklärung?
Vor allem das Preis-/Leistungsverhältinis, so der Tenor in den einschlägigen Foren, ist bei den ohne Frage sauber verarbeiteten YI Kameras unschlagbar. Hinter YI steckt die Shanghai Xiaoyi Technology Co., Ltd. Wir haben unser Testprodukt über eine Presseagentur bekommen, die allerdings inzwischen nicht mehr für den Hersteller tätig ist und uns deshalb die ebenfalls angeforderte YI 4K+ Action Camera nicht liefern konnte.Schaut man auf Amazon, dann findet man als Verkäufer YI Europe als „einziger autorisierte Verkäufer von authentischen YI-Produkten“. Kurz darunter ist dann aber keine europäische Niederlassung, sondern eine Geschäftsadresse in China zu finden, sodass man davon ausgehen muss, dass eine Bestellung direkt aus Asien geliefert wird.Immerhin ist nach unseren Recherche unter https://www.stiftung-ear.de/, dem offiziellen Registrierungssystem für die Verpackungsverordung, Elektronikgesetz oder Batteriegesetz, Xiaoyi gemeldet, auch wenn die übliche Kennzeichnung auf unserem Testprodukt fehlte.Aufgedruckt war dagegen das CE-Kennzeichen, wobei es sich hier um eine Erklärung handelt, mit der der Hersteller oder Inverkehrbringer das Produkt als konform zu den EU-Verordnungen erklärt. Bei der Konformitätserklärung handelt es sich um eine rechtsverbindliche Erklärung, die nur der Chef des Unternehmens oder ein dezidiert von ihm Beauftragter abgeben darf. Die Erklärung basiert auf harmonisierten Normen (siehe Zusatzinfo weiter unten), die in der Regel Tests und Prüfungen voraussetzen. Zu dieser "Konformitätsbewertung" kommt eine Dokumentation, die das Gerät identifizierbar macht.

Was garantiert die CE-Kennzeichnung auf einem elektronischen Produkt? Wir haben recherchiert und raten beim direkten Bezug von elektronischen Produkten aus China zur Vorsicht.

Allerdings muss der Inverkehrbringer diese Erklärung nur in seiner Schublade liegen haben und auf Verlangen zur Verfügung stellen. Grundbedingung für das führen des CE-Kennzeichens ist allerdings ein Unternehmenssitz innerhalb Europas beziehungsweise ein entsprechender Vertreter. Allerdings ergab unsere Recherche bei mehreren auf die CE-Kennzeichnung spezialisierten Unternehmen, dass diese aufgrund der damit verbundenen Produkthaftung nicht als Vertreter dienen. Es muss also schon ein Firmenvertreter oder Importeur sein, der hier als Ansprechpartner dient. Doch genau so eine Adresse gibt es zumindest derzeit von Xiaoyi nicht. Eine CE-Kennzeichnung dürfte die Kamera also, unabhängig davon ob die oben genannten Regeln der EU nun eingehalten werden oder nicht, genau genommen nicht führen.Denn letztlich geht es hier nicht um Lappalien, sondern um die Produktkennzeichnung und -sicherheit. Deshalb ist es grundsätzlich nicht zulässig Geräte ohne CE-Zeichen zu verkaufen. Der Haken ist: Für die CE-Kennzeichnung gibt es keine Registrierung, sodass der Verbraucher keine Chance hat sich zu informieren.
Die EU setzt auf die Selbsterklärung und eine sich selbst regulierende Marktüberwachung. Das ist deutlich unbürokratischer als deutsche Ideen wie beispielsweise FTZ oder TÜV, lässt aber allen Spielraum zur Auslegung. Die Behörden kontrollieren nur über Stichproben. Im Bereich Hamburg werden so im Jahr circa 1000 Produkte kontrolliert – ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der Produktflut.Damit können sich derzeit Unternehmen recht problemlos um nicht unerhebliche Kosten für die entsprechend konforme Produktentwicklung aber auch die dazugehörigen Untersuchungen der Produktsicherheit drücken. Nach unseren Recherchen liegen diese Kosten zwischen 30.000 und 60.000 Euro, wobei die Kosten zwangsläufig auch von der Komplexität des Produkts abhängig sind. Selbst wenn man nicht viel von den vielen Auflagen der EU-Bürokratie hält, entsteht durch den Direktverkauf aus Asien eine Wettbewerbsverzerrung. Hersteller drücken sich um Kosten und stehlen sich aus der Verantwortung.
Immerhin: Hier ist angesichts zweier aktueller BGH-Urteile Bewegung drin, denn nach diesen hat der Händler die Pflicht zu überprüfen, ob die landesspezifischen Regeln von den Produkten die er verkauft, eingehalten werden. Da können sich nach Einschätzungen von Fachleuten langfristig auch Plattformen wie Amazon und Ebay, die beide genau genommen nicht direkt Händler sondern eher Vermittler sind, nicht mehr drum herrum drücken. Amazon soll demnach bereits im Aufbau einer entsprechenden Abteilung sein. Doch derzeit heißt es noch: Vorsicht, wenn die Ware direkt aus China kommt.


Wie in Europa üblich handelt es sich gleich um ein ganzes Bündel an Regelungen, die man beim Import von Produkten beachten muss. Für elektronische Produkte wie eine Actioncam sind das im einzelnen:
WEEE: 2012/19 (Waste Electrical and Electronic Equipment Directive/Abfallverordnung), EMV: 2014/30 (Elektromagnetische Verträglichkeit), LVD: 2014/35 (Low Voltage Directive, Niederspannungsrichtlinie), RED: 2014/53 (Radio Equipment Directive) und ROHS 2011/65 (Gefahrstoffe in elektronischen Geräten).
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