Musikvideo selbst gemacht: Fragen an die GEMA
Deshalb haben wir schon seit Ausgabe 1/2009 immer wieder unseren Recht-Ratgeber im Heft. Der Teufel liegt aber bekanntlich im Detail – und darum haben wir fünf typische Beispiele, die auf konkreten Leser-Fragen beruhen, der GEMA vorgelegt. Die Antworten liefern wir hier - doch gleichzeitig haben wir noch einmal bei der GEMA nachgehakt. Die Antworten dazu wurden uns versprochen, so dass dieser Artikel der Anfang einer Serie ist.
Fall A: Marschmusik auf DVD
Ein Amateurfilmer dokumentiert die Feiern eines Gemeindejubiläums und führt den Film bei einer Vereinssitzung vor. Der Bürgermeister sieht die Aufnahmen und erteilt dem Filmer daraufhin den Auftrag, von seinem Werk 100 DVD-Kopien zu erstellen, die im Rathaus zum Preis von je 10 Euro verkauft werden sollen. Der Filmer erhält die Vervielfältigungskosten erstattet und soll von jedem verkauften Film zusätzlich 5 Euro bekommen.
Problem: Der Film enthält eine zweiminütige Passage, in der eine Blaskapelle einen Marsch zum Besten gibt. Der Filmer hat keine Ahnung, wer dieses Musikstück komponiert hat, aber er hat Angst, mit GEMAForderungen konfrontiert zu werden. Was muss er machen, um sich GEMA-konform zu verhalten und dennoch den Auftrag des Bürgermeisters erfüllen zu können?
Antwort der GEMA: Wer die Beteiligten an einem musikalischen Werk sind, lässt sich entweder durch eigene Recherchen unter diesem Link herausfinden oder durch einen Anruf bei der dort veröffentlichten Kontaktadresse. Normalerweise ist vor einer audiovisuellen Produktion das Herstellungsrecht zu klären, also bevor ein Film mit Musik veröffentlicht wird. Für die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Musikwerken in einer audiovisuellen Produktion ist die Klärung von einigen Rechten notwendig.
Die Nutzung von geschützten Musikwerken zur Herstellung einer AV-Produktion (das Herstellungsrecht) bedarf grundsätzlich der vorherigen Einwilligung der Rechteinhaber: der Urheber (Komponisten, Textdichter) bei unverlegten Musikwerken, der Musikverlage bei verlegten Musikwerken. Den Kontakt zu diesen Rechteinhabern erhält man ebenfalls über unsere Werkrecherche unter dem oben angegebenen Link. Die Klärung des Herstellungsrechts kann entweder direkt mit den Rechteinhabern oder über die GEMA erfolgen.


Bitte beachten Sie: Die Tarife, die der Rechteinhaber für die Verwendung der Musik in einer bestimmten AV-Produktion erhebt, sind nicht normiert und der GEMA nicht bekannt. Die von der GEMA aufgestellten Tarife in diesem Bereich sind lediglich Auffangtarife für den Fall, dass ein Rechteinhaber das Herstellungsrecht nicht selbst vergeben will und die GEMA damit beauftragt. Wird eine AV-Produktion auf Video, DVD oder CD-ROM oder sonstigem Bildtonträger vervielfältigt und verbreitet, so sind die Rechte der mechanischen Vervielfältigung und Verbreitung von der GEMA zu erwerben, und zwar entweder von der „Direktion Vervielfältigungsrechte/Ausland" oder von der jeweils regional zuständigen Bezirksdirektion der GEMA.
Nachfrage
Mit welchen GEMA-Kosten muss der Filmer im konkreten Beispiel (ein Musikstück mit zwei Minuten Länge, 100 DVD, Verkaufspreis je 10 Euro) denn rechnen?
Anm. d. Red.: Die Beantwortung dieser Rückfrage hatte uns die GEMA schriftlich und telefonisch zugesichert – in genauer Kenntnis des Redaktionsschlusses. Allerdings erreichte uns die Angabe nicht mehr vor Drucklegung. Wir werden sie natürlich nachliefern – so wir sie bekommen.
Fall B: Bluesband-Klassiker
Freunde eines Filmers spielen in einer Bluesband. Der Filmer wird gebeten, einen Auftritt der Band zu dokumentieren. Die Aufnahme des Songs „Sweet Home Chicago" aus diesem Mitschnitt will die Band auf ihrer Homepage und zusätzlich auf YouTube einstellen.
„Sweet Home Chicago" wurde bekanntlich von dem 1938 verstorbenen Bluesmusiker Robert Johnson komponiert – also vor über 70 Jahren.
Die Band meint deshalb, dass die Urheberrechte für den Song erloschen sind und der Filmer beziehungsweise die Band keine GEMA-Gebühren zu entrichten haben. Ist das richtig?
GEMA: Sollte es sich tatsächlich um die gemeinfrei gewordene Orginalversion handeln, wäre die Videoproduktion frei von Vergütungsansprüchen der Urheber oder einer beauftragten Verwertungsgesellschaft.
Nachfrage
Nur zur Präzisierung: Der Mitschnitt ist nicht mit der Originalaufnahme von 1936/37 „unterlegt", sondern die Videoaufnahmen zeigen die Band live beim Spielen des Stücks „Sweet Home Chicago". Gilt die obige Aussage auch dafür?
GEMA: Ja, wenn die Band, wie gesagt, das unbearbeitete Orginal aufführt.
Zweite Frage dazu: Wenn der Komponist Robert Johnson 1938 gestorben ist, wieso finden sich dann noch 25 Fassungen von „Sweet Home Chicago" im GEMA-Repertoire, darunter offenbar auch Coverversionen durch andere Blueskünstler?
GEMA: Darum wies ich detailliert darauf hin, dass es sich um die unbearbeitete Orginalversion handeln muss, um keine Vergütungsansprüche mehr zu verletzen. Wenn eine der Bearbeitungen aufgeführt wird, ist die Nutzung nach wie vor über uns zu lizenzieren. Ab einem gewissen Grad der Veränderung wird eine Bearbeitung schutzfähig, das heißt sie wird wie ein eigenständiges Werk behandelt (unter anderem mit einer eigenständigen Schutzfrist).
Fall C: Selbstkomponiert
Ein Videofilmer dreht für eine befreundete Band ein Musikvideo zu einem Song, den die Band selbst komponiert hat. Keines der Bandmitglieder ist Mitglied der GEMA.
Somit kann der Filmer das Video ohne Probleme veröffentlichen, da die GEMA in keiner Weise tangiert ist. Richtig?
GEMA: Die GEMA vertritt nur die Interessen ihrer Mitglieder. Ist keines der Bandmitglieder GEMA-Mitglied, nimmt die GEMA auch keine Rechte wahr.


Was ist die GEMA:
Eigentlich ist die GEMA nur ein Verein, der die Rechte von 64 000 Komponisten und Textdichtern aus Deutschland und zwei Millionen ihrer Kollegen aus der ganzen Welt verwaltet. Doch als staatlicher Treuhänder übt er diese Funktion quasi fast wie eine staatliche Organisation aus. Wer also Musikstücke der angeschlossenen Künstler nachspielt, aufführt oder vervielfältigt, muss entsprechende Abgaben an die GEMA zahlen. Wie kommt es aber, dass die GEMA nach dem Finanzamt und der GEZ die bei vielen wohl am meisten „verhasste" staatliche Institution ist? Zum einen rührt das sicherlich daher, dass in Zeiten des kostenlosen Internets das Verständnis für Urheberrechte bei vielen generell schwindet , zum anderen aber wohl auch daher, dass die GEMA oft mit dem rigiden Anspruch auftritt, dass quasi die gesamte professionelle Musik unter ihr Monopol fällt – und der Nutzer die Beweispflicht hat, dass er gar kein GEMA Repertoire genutzt hat. Für negatives Image sorgen auch Vorgaben wie die, dass ein Künstler, der Kompositionen bei der GEMA anmeldet, dies für alle seine Werke tun muss – oder komplett GEMA-frei arbeitet. Oder Verteilungskämpfe innerhalb der Organisation zwischen U- und E-Musik, oder Fälle wie der von Barbara Clear, die gleichzeitig Komponistin und Konzertveranstalterin ist und deshalb für ihre eigenen Auftritte mehr an die GEMA zahlen muss, als sie von ihrem Rechteverwerter wieder zurückbekommt. Andererseits: Die GEMA sichert vielen Künstlern einen wichtigen Teil ihres Einkommens.
Fall D: Videoschnitt-Loops
Ein Filmer vertont das Produktvideo einer befreundeten Firma mit Musik, die er mit Hilfe der Soundsamples (Loops) seines Videoschnittprogramms erstellt hat. Das Video soll auf Messen vorgeführt werden und zusätzlich auf Web-Plattformen wie YouTube laufen. Der Filmer meint, dass er für den Soundtrack keine GEMA-Gebühren zahlen muss, da er nicht aus dem Repertoire der GEMA stammt. Richtig?
GEMA: Im Zweifelsfall ja, die endgültige juristische Bewertung einer solchen Situation dürfen wir allerdings nicht vornehmen, da es sich um eine Rechtsauskunft handeln würde. Es gilt zu klären, ob die Urheber der Soundsamples Vergütungsansprüche geltend machen könnten, ob es sich um eine schutzfähige Bearbeitung handelt etc.
Fall E: Hitparaden-Musik
Ein Amateurfilmer hat ein kleines Experimentalvideo gedreht und in der Nachvertonung mit einem Song aus der Hitparade unterlegt. Zunächst zeigte er das Video nur im privaten Kreis, seine Arbeit ist aber bald so gut angekommen, dass er den Film nun auf der nächsten Versammlung seines Videoclubs präsentieren will – und anschließend auf einem Wettbewerbsfestival von Videoclubs aus ganz Baden-Württemberg. Muss er jetzt auf die musikalische Untermalung des Videos verzichten – oder was kann er bezüglich GEMA und der Musik Rechte tun, damit der den gewählten Soundtrack behalten kann?
GEMA: Siehe die Antwort zum Fall A: Normalerweise müsste der Filmer das Herstellungsrecht im Vorfeld mit den beteiligten Rechteinhabern klären. Eine nachträgliche Lizenzierung ist jedoch grundsätzlich möglich. Diesbezüglich müsste man sich nur an die Ansprechpartner in den Bezirksdirektionen (der GEMA, Anm. d. Red.) wenden. Welche Bezirksdirektion im jeweiligen Fall zuständig ist, erfährt man durch die Eingabe seiner Postleitzahl auf dieser Seite.
Den zweiten Teil zu "Fragen an die GEMA" finden Sie ab sofort hier.
(he)Autor: |
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