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Test: DJI Mic 3 – kleiner und professioneller, aber mit Haken

Dem Namen nach klingt es nach dem Nachfolger des erfolgreichen Mic 2, doch Aussehen und Formfaktor erinnern klar an das Mic Mini. Welche Lücke besetzt die neue Funkstrecke im DJI-Portfolio? Der Praxistest zeigt Stärken und Schwächen.

IM TEST:
DJI Mic 3 (1 Sender + 1 Empfänger), 199 Euro

DJI hat den Sprung vom Drohnenspezialist zum Komplettanbieter für Filmschaffende längst geschafft und spätestens mit dem Anfang 2024 vorgestellten Mic 2, hat man sich im hart umkämpften Markt für Audio-Funkstrecken etabliert. Mit dem Mic 3 kommt nun der Nachfolger, wobei man das Mikrofon auch als Ergänzung im Portfolio verstehen kann. Denn immerhin beherrscht schon das DJI Mic 2 die Kommunikation mit zwei Sendern und die interne 32 Bit-Aufnahme. Doch DJI verspricht mit kleineren Sendern des Mic 3 noch mehr Konnektivität eine professionellere Leistung, zeichnet intern nicht nur 32-Bit Audio auf, sondern auch einen weiteren durch Algorithmen verbesserten Ton. Der Sender kommuniziert nicht nur mit zwei, sondern gleich mit vier Sendern und kann, mit optionalem Zubehör, diese vier Kanäle an die Kamera weiterreichen. An der Stelle hören wir vorerst mit Aufzählungen auf – und gehen in den Test, denn so viel sei vorab schon verraten: Es gibt auch einen Haken am Konzept...

Klein und leicht, aber voll mit Funktionen: was das DJI Mic 3 kann, zeigt Joachim Sauer im Test in den verschiedensten Szenarios und liefert so die wichtigen Hörproben, die zeigen, wo sich die Funkstrecke einsetzen lässt oder an ihre Grenzen kommt.

VARIANTEN

DJI bringt das Mic 3 in zwei Versionen heraus: Einmal „wie gewohnt“ mit zwei Sendern, einem Empfänger und der aufnehmenden Ladeschale für 309 Euro. Darunter platziert der Hersteller eine Variante ohne Ladeschale und lediglich einem Sender, die mit 199 Euro genau 110 Euro weniger kostet und uns für diesen Test zur Verfügung stand. Beide Varianten kommen mit einem TRS- sowie USB-C-Kabel, zwei Fell-Windschutzen pro Sender (schwarz und grau) und der alles aufnehmenden Transporttasche, die bei der teureren Version minimal größer ausfällt. Der günstigeren Version vorenthalten ist ein USB-C-Adapter für den Sender, über welchen dieser geladen und ausgelesen wird – aber dafür hat man ja dann die Ladeschale. Sender und Empfänger kosten separat 99 respektive 119 Euro, für die Ladeschale ruft DJI 69 Euro auf. Als Zubehör bietet man außerdem einen Adapter für Sonys Multifunktionsschuh, einen Handy-Adapter sowie im Set eine Palette verschiedenfarbiger Fell-Windschutze an.

Für die Sender mit Formaktor à la DJI Mic Mini sind zwei Fell-Windschutze enthalten. Zusätzliche Farben bietet der Hersteller optional im Set an.


BEDIENUNG

Viel Neues muss man über die Bedienung des Mic 3 nicht erzählen, denn wie inzwischen üblich lässt sich weitgehend alles über das Touchdisplay einstellen. Dass dieses eher klein ausfällt, ist offensichtlich und entsprechend klein sind eben dann auch die Felder für die Auswahl und Funktionsbestätigungen. Man kann sich daran gewöhnen, doch selten wird man ein Feld wirklich beim ersten Mal genau treffen. Immerhin bleibt die Bedienung sehr logisch und offeriert beispielsweise mit einer Bewegung von oben nach unten die Grundeinstellungen der Funklösung. Ist einmal ein Sender mit dem Empfänger gekoppelt, finden diese ihren Kommunikationskanal schnell automatisch, so dass man schnell einsatzbereit ist, wenn alle Grundeinstellungen gemacht sind.

Das kleine Touch-Display erlaubt keine wirkliche Übersicht über die Grundeinstellungen und ist aufgrund von kleinen Schaltflächen etwas hakelig bedienbar.

APP

Ja, man kann alle Grundeinstellungen über das Display einstellen und übrigens auch Einstellungen während der Aufnahme ändern. Dennoch liefert DJI die Option, wahlweise Sender oder Empfänger mit der bekannten Mimo-App zu verbinden. So findet man die Grundeinstellungen sogar noch übersichtlicher präsentiert. Sehr clever ist, dass sich die Sender die Voreinstellungen merken, so dass man beim nächsten Start sich darauf verlassen kann, dass beispielsweise die Rauschunterdrückung aktiv ist und die dynamische Aussteuerung arbeitet. Auch die Speicherung der 32-Bit-Float-Aufnahme lässt sich so steuern. Ob es tatsächlich sinnvoll parallel noch den 24-Bit-Ton aufzuzeichnen, hängt stark von den Bedingungen am Set ab – je schwieriger die Tonverhältnisse sind, desto eher muss man weitere Sicherheiten einziehen. So kann eben am Ende die Aufnahme mit Rauschunterdrückung doch mal besser sein als die verlustfreie 32-Bit-Float-Datei. Sehr gut gefällt uns, dass man dank des großen 32 GB-Speichers knappe 60 Stunden Audioaufzeichnung speichern kann. Das sollte für mehrere Drehtage reichen, so dass man dann längst kontrolliert hat, ob man auf die Audiosicherung zurückgreifen muss. Entsprechend kann man relativ bedenkenlos die Loop-Aufzeichnung aktivieren, die bei Speicherknappheit ältere Dateien überschreibt.

Die Verbindung zur App lässt sich leicht herstellen – doch zumindest derzeit muss man die Prozedur jedes Mal durchspielen. Die App an sich bietet dann eine gute Übersicht über die Einstellungen.

KONNEKTIVITÄT

KONNEKTIVITÄTDas modulare Konzept des DJI Mic 3 ist die klare Stärke, denn ob man nun nur ein Mikrofon benötigt, um dieses mit dem Smartphone oder einer Actioncam zu verbinden, oder ob man tatsächlich vier Sender einsetzt und gleich mehrere Kameras mit Empfängern ausstattet – es gibt nur wenige Szenarien, die man so im Drehalltag nicht abgedeckt bekommt. Mit dem USB-C-Kabel lässt sich das Mikrofon nicht nur laden, sondern auch per Rechner auf die Dateien zugreifen. Dazu lässt sich der kompakte Empfänger mit dem Smartphone verbinden – oder eben via optionalem Adapter mit vielen Sony-Kameras, die für 4-Kanal-Tonaufzeichnung gerüstet sind. Glücklicherweise hat DJI am Empfänger die TRS-Buchse nicht eingespart, damit die Lösung an jeder Kamera mit Mikroeingang funktioniert. Sehr kritisch sehen wir dagegen den Verzicht auf den TRS-Eingang an den Sendern – auch wenn uns klar ist, dass die meisten Anwender die Sender auch als Mikrofon einsetzen und nur wenige sich ein Lavalier-Mikrofon leisten. Unterschiedliche Mikrofon-Charakteristiken versucht DJI durch Elektronik überflüssig zu machen – aber das geht oft auf die Kosten der Tonqualität. Wir haben deshalb verschiedene praxisnahe Szenarien in unserem folgenden Soundcheck durchgespielt.

Mit zwei LEDs zeigt der Sender Verbindung und laufnahmende Aufnahme an. Bei Bluetooth-Verbindung leuchtet die linke, grüne LED blau.


PRAXIS - SOUNDCHECK

Logischerweise basieren unsere Erkenntnisse aus den Beispielen, die wir im Video zeigen. Unser Rückschluss daraus ist, dass man die Rauschminderung „Einfach“ (Basic) genau genommen immer aktiv lassen kann, denn sie verändert den Ton eher zum positiven und sorgt für etwas mehr Volumen. In Standardsituationen ist die Rauschunterdrückung zudem eine Hilfe – leichte Verkehrsgeräusche filtert sie schon gut weg und kommt noch halbwegs mit lauten Geräuschen eines vorbeifahrenden Traktors klar. Wobei hier die „starke“ Geräuschreduzierung klar im Vorteil ist. Sie sorgt dafür, dass die Moderation, auf dem Gehweg gesprochen, sauber rüberkommt, obwohl im Hintergrund der Verkehr der Hauptstraße läuft. Allerdings hört man hier dann durchaus, dass die Stimme dumpfer wird.

Wer es sich einfach machen will, lässt die Rausunterdrückung in der leichtesten Variante stets aktiv.

An die Grenzen kommt die starke Rauschreduzierung bei unserem Test mit typischen Messelärm, der sich zwangsläufig im gleichen Frequenzbereich befindet wie die eigene Stimme. Jetzt merkt man, wie die Rauschunterdrückung versucht der Stimme Vorrang zu geben, aber gleichzeitig die Hintergründe auszublenden. Bei kleinen Pausen hört sich die Stimme am Ende und am Anfang wie abgehackt an. Gleichzeitig dringt dennoch das Hintergrundgeräusch leicht durch und sorgt für weniger Verständlichkeit – obwohl der Ton jetzt deutlich dumpfer und wenig attraktiv klingt. In diesem Szenario kann man nur den Tipp geben, lieber die Basic-Einstellung zu wählen und die leichten Hintergrundgeräusche in Kauf zu nehmen. Wer es hinbekommt, etwas lauter zu reden und somit die Verstärkung zurückdrehen kann, bekommt in normaler Messeumgebung keinen überragend guten, aber zumindest noch einen brauchbaren Ton hin. Gleichzeitig bleibt die Erkenntnis, dass es durchaus Gründe für ein Lavalier-Mikrofon gibt.

DJI hat sich wahrscheinlich die häufigste Nutzung seiner Mikrofone angeschaut – und die ist ohne Frage meist ohne Lavalier-Mikrofon. Deshalb setzt man lieber auf eine kompakte Bauweise ohne TRS-Anschluss.

Als weitere Optionen bietet das Mic 3 eine adaptive oder dynamische Verstärkungsteuerung – auf gut Deutsch: Die Lautstärkeregelung übernimmt das Mikrofon – aus unserer Sicht ist das keine gute Option, denn besser ist es manuell auf ca -9 dB zu regeln und sich so den Puffer für Spitzen zu holen. Zudem bietet das Mikrofon die 32-Bit-Float Aufzeichnung, mit der man nachträglich den Pegel verlustfrei einstellen kann. Lediglich wer genau weiß, dass es beim anstehenden Dreh zu sehr extremen Lautstärkeausschlägen kommen kann, zum Beispiel vor den Boxen eines Rock-Konzerts, kann die die automatische Pegelung in Betracht ziehen – allerdings muss man davon ausgehen, dass in so extremen Situationen das Mikrofon an die Grenzen des Schalldruckpegels kommt und die Automatik auch nicht mehr viel retten kann. Ähnlich unnütz erscheint uns die Anpassung des „Stimmtons“: „Reichhaltig“ führt zu einer Überbetonung von Bässen und „Hell“ sorgt für ein zu dünnes Stimmchen.

Mit mehr Klangoptionen versucht DJI den Verzicht auf die TRS-Buchse zu kompensieren. Diese sind unserer Meinung nach aber nicht wirklich hilfreich und beeinflussen das Stimmbild eher negativ.


REICHWEITE

Satte 400 Meter Reichweite gibt DJI für die Funkstrecke an – das hat bei uns die Erwartungen so geschürt, dass wir beim ersten Versuch schnell gestartet und gerannt sind, damit die Aufnahme im Video nicht zu lang wird. Nach 50 Metern hat der Kollege aber schon abgewinkt – da war der Ton deutlich früher unterbrochen. Zugegeben: Bei direkter Verbindung geht es noch etwas weiter – aber wenn schon die Körperabdeckung zum Abbruch ausreicht, gibt es keine stabile Verbindung mehr. Im zweiten Versuch haben wir dann eine Reichweite von circa 35 Metern erreicht – da war dann die Verbindung ebenfalls durch Körperabdeckung unterbrochen. Jetzt werden viele sagen: Ist doch egal, denn es gibt ja die Backup-Aufnahme. Wir sagen: Klar, die Backup-Aufnahme funktioniert auch über mehrere Kilometer – dennoch sollte der Hersteller die Reichweite realistischer angeben. Diese Differenz zur Realität ist deutlich zu hoch.

Bei Körperblockade war nach etwa 35 Metern Schluss mit der Verbindung. Die von DJI angegebenen 400 Meter erscheinen uns daher utopisch und wenig praxisnah.

FAZIT

DJI kann gute Funkmikrofone herstellen – das haben sie schon bewiesen und das Mic 3 macht hier keine Ausnahme. Allerdings scheint DJI noch viel zielgerichteter das Segment Content Creation in den Fokus zu stellen. Und das durchaus konsequent: Mit mehr Optionen für Multicam-Setups und einer einfachen Handhabung erreicht man die, die ohne großen Aufwand zuverlässigen Ton benötigen. Dazu passt dann auch das Konzept mit den Backup-Aufzeichnungen. Nur bei der Reichweite muss sich der Hersteller Kritik gefallen lassen. 35 Meter ist nun wahrlich kein super Wert. Und der Verzicht auf die TRS-Buchse und somit die Möglichkeit angepasste Lavalier-Mikrofone nutzen zu können, kickt das DJI Mic 3 aus vielen Bereichen der Broadcast-Branche. Denn nur mit einer angepassten Mikrofon-Charakteristik bekommt man in kritischen Situationen, wie beispielsweise lauten Messeumgebungen, die Tonqualität nennenswert verbessert.+ einfache Bedienung+ 32-Bit Float und parallele 24-Bit-Aufzeichung+ Sender und Empfänger sehr kompaktkeine TRS-Buchse- geringe Reichweite

DATEN

DATEN UND TESTERGEBNISSE

DJI Mic 3 Tabellenbild

Hersteller DJI
Produkt Mic 3
Preis 199 Euro (1x Sender, 1x Empfänger)
309 Euro (2x Sender, 1x Empfänger, Ladeschale)
Internet dji.com
DATEN                                             
Bauart Stereo-Funkstrecke (1 Sender, 1 Empfänger)
Funktionsweise kabellos
Mikrofon 2x in Sender integriert
Mikrofonanschluss -
Stromversorgung interner Akku
Ausstattung 2x Fell-Windschutz (schwarz und grau), USB-C-Kabel, 1x Magnet
va logo kl 100  
Urteil
gut
Preis/Leistung gut
Autor:
Joachim Sauer
Bildquellen:
DJI, Joachim Sauer, Jonas Schupp MEDIENBUREAU
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