Hands-On Sony FX2: Vollformat-Kamera für Cine-Einsteiger
IM HANDS-ON:
Sony ILME-FX2, 3200 Euro (3700 Euro mit XLR-Griff)
Joachim Sauer konnte die FX2 exklusiv vorab bei einem Dreh einsetzen und hat so wertvolle Eindrücke aus der Drehpraxis, die er im Video teilt und entsprechende Aufnahmen zeigt.
GEHÄUSE
Schaut man sich die Kamera von außen an, könnte man sie glatt für eine FX3 halten, wäre da nicht der der charakteristische Sucher. Das robuste Metallgehäuse im Digitalkamera-Format ist von den Abmessungen weitgehend identisch, nur die Tiefe hat aufgrund des Suchers zugelegt. Die Ergonomie ist Digitalkamera-typisch und ist für normale Hände gerade noch gut. Wer kleine Hände hat, wird durch das Volumen des rechten Griffs die Kamera weniger ergonomisch finden. Der camcorderartige Griff inklusive seiner XLR-Eingänge und Pegelräder ist, wie schon bei der FX30, nicht stets dabei, sondern wird optional angeboten, wobei er, wie schon beim Test der FX3 festgehalten, ergonomisch auch nicht der Weisheit letzter Schluss und mit 500 Euro recht teuer ist.


Die große Errungenschaft der FX2 ist der gute Sucher, mit hoher Auflösung und der sehr guten Klappfunktion. Die Augenmuschel fehlt hier, gehört aber zum Lieferumfang.
Doch auch so sollte sich jeder, der mit Digitalkameras arbeitet, sofort zurechtfinden können. Offensichtlichste Neuerung ist der Sucher mit 1.266.000 RGB-Pixeln, der sich wie bei Camcordern um 90 Grad kippen lässt und eine ausgewachsene, wechselbare Augenmuschel besitzt – die bei unserem Vorserien-Testmodell jedoch so gut im Paket versteckt war, dass wir sie nur am Schluss gefunden haben, als wir die Kamera wieder zum Weiterversand gepackt habaen. Ebenso wie Camcorder besitzt die FX2 eine Zoomwippe an der Auslösetaste, welcher sowohl den Digital- als auch bei kompatiblen Objektiven den Motorzoom steuert. Anschlussseitig verfügt die FX2 über einen ausgewachsenen HDMI-Anschluss sowie jeweils eine USB-C- und Micro-USB-Buchse, letztere dient dem Anschluss des optionalen Ethernet-Adapters sowie des Timecode-Kabels. Dazu sind mit TRS-Buchsen für Mikrofon und Kopfhörer alle für eine Digitalkamera relevanten Anschlüsse an Bord.


An den Anschlüssen fällt die Micro-USB-Buchse auf, die dem Anschluss der Ethernet- und Timecode-Adapterkabel dient.
BEDIENUNG
Da der Sucher nun die Fläche des Anschalters und der Menü-Taste einnimmt, hat Sony das Tasten-Layout etwas angepasst. Zum guten Ton gehört inzwischen der dedizierte Umschalter zwischen Video- und Fotomodus, der für Sonys Cine-Serie eine Neuerung darstellt und die FX2 auch für die Filmer interessant macht, die auch mal fotografieren müssen. Mit Drück auf die Home-Taste stellt Sony eine Übersicht aller wichtigen Werte übersichtlich auf dem Display dar. Anders sieht es bei den anderen recht überladenen Menüs auf, womit man sich aber inzwischen bei jedem Hersteller herumschlagen muss. Mit der entsprechenden Eingewöhnung funktioniert die Navigation letztlich aber doch ganz gut.


Das Gehäuse ist weitgehend mit der FX3 und FX30 identisch. Der Joystick auf der Oberseite ist für uns allerdings nicht ergonomisch gut positioniert.
Den Joystick, mit welchem man beispielsweise den Autofokus-Punkt bestimmt, platziert Sony auf der Gehäuseoberseite und macht die Arbeit damit zu einer unhandlichen Angelegenheit. An die weit auseinanderliegenden Tasten auf der Oberseite kann man sich gewöhnen, nicht ideal ist die Tatsache, dass Sony die „klassische“ Auslösetaste im Videomodus standardmäßig deaktiviert und die Kamera die Aufnahme nur bei Bedienung des dedizierten Video-Auslösers startet. Immerhin gibt es dafür zwei Tasten: eine oben, die andere vorne am Gehäuse. Die Tasten am Gehäuse lassen sich ansonsten relativ frei über das Menü mit Funktionen belegen. Schon aus der FX3 und FX30 bekannt sind die zwei Hauptmenüs, die man dem bekannten Kameramenü vorgeschaltet hat und die Direktzugriff auf alle Filmparameter erlauben. Die kachelartige Anordnung ist nur am Anfang unübersichtlich, dann funktionieren schnelle Änderungen problemlos und ohne große Menünavigation.


Im Film-Modus liefert Sony zwei Hauptmenüs mit Kachelansicht, die einen besseren Überblick über die relevanten Parameter erlauben.
SENSOR UND FORMATE
In der Kamera arbeitet ein Vollformat-Sensor mit 33 Megapixeln, der an für sich auch für höhere Auflösungen reichen würde. Dennoch bleibt es bei einer maximalen Auflösung von 4K, wobei der 33 Megapixel Sensor mit 7K-Oversampling bedauerlicherweise nur mit bis zu 30 Bildern ausgelesen wird. Prinzipiell kann man auch mit 50 und 60 Bildern aufzeichnen, doch dann nutzt die FX2 ein S35-Crop und liest somit nichtmehr den kompletten Sensor aus, auch das Oversampling geschieht lediglich aus einer leicht größeren 4,6K-Auflösung. Entsprechend verkleinert sich der Blickwinkel relativ stark, denn der S35-Cropfaktor liegt bei circa 1,5. Sony integriert S-Log3 und bietet die Aufzeichnung mit Cine EI, Cine EI Quick und damit automatischer Umschaltung der Basis ISO zwischen ISO 800 und 4000, sowie Flexible ISO an. Mit 10-Bit 4:2:2 gibt Sony einen Dynamikumfang von 15+ Stops an, der uns durchaus realistisch erscheint, wir aber erst in einem ausführlichen Test genauere Aussagen liefern können.


Zwei Kombislots für SD- oder CF-Express-Typ A-Karten hat Sony der FX30 spendiert. Für die meisten Formate sollten schnelle SD-Karten ausreichen.
BILDSTABILISIERUNG
Wie inzwischen üblich ist der Vollformatsensor beweglich gelagert und kann mit dem passenden Objektiv mit optischem Bildstabilisator im Hybridmodus zusammenarbeiten. Wir haben die Kamera mit einem Weitwinkel und einer Normalbrennweite ohne optische Stabilisierung betrieben, so dass man nur den internen Bildstabilisator beurteilen kann. Festhalten kann man, dass die Standard-Stabilisierung im Weitwinkel ausreicht, wenn man stabil steht und sich idealerweise irgendwie abstützen kann. Wer auf unsicherem Untergrund läuft, erntet keine brauchbaren Bilder. Hier ist dann also die Unterstützung des optischen Bildstabilisators der teureren Objektive notwendig.


Neben der Standard-Stabilisierung gibt es einen Aktiv-Modus, der eine gute Wahl ist, wenn man die Kamera nicht bewegt. Im Modus Dynamisch aktiv cropt die Kamera das Bild, kommt aber besser mit Bewegungen klar.
Beim dritten Objektiv im Test, mit 90 Millimeter ein leichtes Tele, ist eine optische Bildstabilisierung integriert. Doch zwangsläufig fallen Bewegungen jetzt mehr auf, so dass auch hier die Standard-Bildstabilisierung mit Sensor und Lichtgang nicht ganz zufrieden stellt. Besser wird dies in den Aktiv- und Dynamisch Aktiv-Einstellungen, die statische Bilder gut beruhigen, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau einer Panasonic S1II, die unserer Meinung nach derzeit in dieser Disziplin die Spitze der Vollformatkameras markiert.


Mit der Home-Taste bekommt man noch schnelleren Überblick über die eingestellten Parameter, wobei hier auch eine Audiopegelanzeige und der eingestellte AF-Modus zu erkennen sind.
AUTOFOKUS
Den Vorsprung, den wir beim Bildstabilisator auf Seiten von Panasonic sehen, geht beim Autofokus sehr eindeutig an Sony. Dabei haben die Entwickler in die FX2 einen AI-Chip integriert, der den Autofokus offensichtlich noch weiter perfektioniert. Ist ein Auge im Bild, findet der Autofokus dieses ziemlich zuverlässig. Die Weiterentwicklung erkennt man nun auch im Menü, denn hier lässt sich für die automatische Motiverkennung Prioritäten festlegen. Wir haben hier die Mensch- und Tiererkennung aktiviert, aber alle Fahrzeuge nicht angewählt. Ein kurzer Test im Straßenverkehr zeigt: Der Autofokus lässt sich von Fahrzeugen nicht durcheinanderbringen. Via Touchscreen kann man den Fokus auf das Wunschobjekt legen, was selbst bei Dunkelheit noch schnell und ohne Pumpen funktioniert. Falls einem die AF-Geschwindigkeit zu schnell ist, kann man das Autofokus-Tempo im Menü den eigenen Vorlieben anpassen.


Beim Akku hat sich nichts geändert, wobei wir mit einer Akkuladung gut drei Stunden drehen konnten.
BILDQUALITÄT
Große Überraschungen hält die FX2 nicht bereit. Die Bilder sprechen dafür, dass der angegebene Dynamikbereich von 15 Blendenstufen realistisch ist. Durch die zwei nativen ISO-Empfindlichkeiten ist die Kamera lichtstark. Was eher fehlt ist eben der integrierte ND-Filter um die Hintergrundunschärfe auch bei Tageslicht herauskitzeln zu können. Man kann zwar beim Sprung von ISO 1600 auf 3200 durchaus ein leicht verändertes Rauschen wahrnehmen – aber dafür muss man die Szene schon mehrfach anschauen und analysieren. Beim Hochschalten auf ISO 4000, der zweiten nativen Empfindlichkeit, verändert sich weder das Bildrauschen, noch die Detailschärfe. Erst bei ISO 6400 lässt sich dann erstmals von Bildrauschen sprechen, das aber so zurückhaltend bleibt, das man die Aufnahmen verwenden kann – wenn auch nicht im cineastischen Bereich. Letztlich liegt dies auch daran, dass bei ISO 6.400 auch die Detailschärfe leicht abnimmt. Wir halten aber dennoch selbst ISO 12.800 in Dokumentationen und Reportagen in Einzelfällen für vertretbar, auch wenn dann die Detailschärfe nochmal deutlich abnimmt.


Bis ISO 6.400 kann man relativ bedenkenlos arbeiten, auch wenn bereits leichtes Bildrauschen sichtbar wird. Bei ISO 12.800 nimmt dies dann zu, wobei der höhere Verlust in der Detailschärfe liegt.
FAZIT

Sony scheint die Signale der Anwender verstanden zu haben: Filmschaffende wollen einen ordentlichen Sucher – und den gibt´s bei der FX2. Auch mit der Zoomwippe erfüllt man die Bedürfnisse von Kreativen, die einen Ersatz zum Camcorder suchen – zwangsläufig braucht es dazu eben dann das passende Objektiv. Der ganz große Wurf wäre die FX2 mit integriertem ND-Filter gewesen, aber auch so ist sie der bessere Einstieg in die FX-Serie.
Sie wird wahrscheinlich die FX30 etwas an den Rand drücken, auch wenn diese, sowie die entsprechenden Objektive, etwas günstiger ist. Doch die Unschärfe von Vollformat ist inzwischen ganz klar angesagt. Gegenüber der FX3 fehlen die höheren Bildraten – denn die gibt´s bei der FX2 nur mit einen S35-Crop, der somit die Vollformat-Vorteile wieder aufhebt. Insofern kann man festhalten: Wer meist mit 25 oder 30 Bildern produziert findet in der FX2 die günstigere und dank Sucher bessere Kamera.
DATEN
Hersteller
|
Sony |
Modell
|
ILME-FX2 |
Preis
|
3200 Euro (Gehäuse) 3700 Euro (Kit mit XLR-Handgriff) |
Objektiv (Preis)
|
Sony FE 28mm F2 (399 Euro) |
Internet
|
|
Aufzeichnungsformate
|
C4K (60/50/30/25/24p), |
Codecs (Dateiformate)
|
H.265, |
Max. Abtastung intern
|
4:2:0, 4:2:2 (8 Bit, 10 Bit) |
Max. Abstatung
|
4:2:0, 4:2:2, 4:4:4 (8 Bit, 10 Bit, 16 Bit) |
Aufnahmemedien
|
2x CFexpress Typ A, 2x SDXC (In Kombischächten) |
Bildwandler/Auflösung
|
Vollformat/33 Megapixel
|
Objektiv-Bajonett
|
L-Mount
|
Zoomfaktor/Brennweite (KB-äquivalent)
|
1 fach/28 mm (F2)
|
Gewicht mit Objektiv
|
715 Gramm
|
App
|
Imaging Edge
|
Autor: | Joachim Sauer |
Bildquellen: | Panasonic, Joachim Sauer MEDIENBUREAU |
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