Actioncam-Test: Insta360 AcePro – die Herausforderin
IM TEST:Insta360 AcePro, 430 Euro
Noch vor wenigen Jahren waren die Actioncams ein boomender Markt – wirklich eingebrochen ist der Markt in der Stückzahl, aber deutlich weniger im Volumen, denn was es kaum noch gibt sind die günstigen OEM-Produkte, die unter vermeintlichen Markennamen in großen Mengen zu günstigen Preisen in den Markt gedrückt wurden. Genaugenommen gibt es noch drei Hersteller, die wirklich bei Actioncams mitmischen. Neben GoPro ist das DJI und als dritter, deutlich weniger bekannter Hersteller Insta360. Wie der Name es schon offenbart, hat der Hersteller seinen Schwerpunkt bei 360 Grad-Panorama-Kameras. Die AcePro ist genaugenommen die Mittelklasse von Insta360 Actioncam-Sortiment, denn darüber gibt es noch das modulare One RS-System bei dem man zwei Kameramodule für Actioncam- oder 360-Grad-Aufnahmen aufsetzen kann. Unter der AcePro bietet Insta360 die Ace, die rein äußerlich weitgehend identisch ist, jedoch keine Leica-Optik bietet und deren Sensor mit 1/2 Zoll kleiner ausfällt als der 1/1,3 Zoll-Sensor der AcePro. Auch bei der Auflösung gibt es Unterschiede, denn die Ace bietet 6K-Video, während die AcePro bis zu 8K-Videoauflösung liefert.
Joachim Sauer war mit der Insta360 AcePro wieder mit dem Rennrad unterwegs und liefert in diesem Video passende Bilder für die Bildbeurteilung, sowie seine Erkenntnisse nach längerer Testzeit in der Praxis.
GEHÄUSE UND BEFESTIGUNG
Wieviel Übung Insta360 in der Konstruktion hat, ist offensichtlich, denn das Gehäuse wirkt alles andere als billig. Die gerade mal zwei Tasten bieten den nötigen Druckpunkt und hinten gibt es einen Monitor, der soweit klappbar ist, dass man ihn für Selfies verwenden kann – ein klares Alleinstellungsmerkmal, das derzeit keine andere Actioncam bietet. Das kleine Display an der Vorderseite degradiert Insta360 damit selbst zur reinen Modus-Anzeige. Darunter signalisiert eine LED ob die Kamera an oder sogar gerade im Aufnahmemodus ist. Die Klappen schließen sicher – und machen die Kamera bis 10 Meter wasserdicht. Hinter der großen Klappe bringt Insta360 einen Akku mit 1650 mAh unter. Dieser sorgt für reichlich Durchhaltekraft der Kamera, denn trotz sommerlich heißer Temperaturen war eine durchgehende Aufzeichnung von 65 Minuten mit einem Akku machbar. Eine Sicherheitsabschaltung haben wir somit nicht erlebt, was in dieser Klasse eigentlich keine andere Kamera hinbekommt. Dabei wird die Kamera durchaus warm, so dass Insta360 im Auslieferungszustand mit einem Aufkleber warnt, dass man besser nicht unten die Metallplatte berühren soll, da diese heiß wird.

Die Schnellhalterung ist eigentlich eine praktische Sache, denn sie klickt dank Magnet nahezu automatisch ein, sobald man die zwei seitlichen Knöpfe drückt. Doch auch wenn sie eingeratet ist lässt sie leider zuviel Spielraum, was auf unebener Fahrbahn zu störenden Klappergeräuschen führt.
Wie DJI setzt auch Insta360 auf eine eigene magnetisch-mechanische Schnellbefestigung. Die Halterung ist im Lieferumfang enthalten und hat die klassischen Laschen für Actioncam-Halterungen. Der Vorteil ist die deutlich schnellere und einfachere Abnehmbarkeit ohne schrauben zu müssen. Die AcePro wird einfach durch die Magneten nahezu automatisch in die passende Postion gebracht und dann auf die Halterung gedrückt. Sie rastet dort hörbar ein. Zwei kleine Drücker sorgen dann dafür, dass man sie wieder abnehmen kann. Der Haken am System: Die Kamera hat zu viel Spielraum in der Halterung, so dass schon leichte Unebenheiten für klappernde Geräusche sorgen.

Das hintere Display lässt sich nach vor klappen, so dass das kleine Display nur für die Modus-Anzeige benötigt wird. Ob die Aufnahme läuft signalisiert die LED unmissverständlich.
BEDIENUNG
Die AcePro sieht nicht nur rein äußerlich der GoPro Hero sehr ähnlich. Auch mit den lediglich zwei Tasten für das Ein-/Ausschalten sowie den Aufnahmestart sowie beim Menü orientiert sich Insta360 ganz offensichtlich am Branchenprimus. Mit einem wich von Links holt man sich das Menü für die Bildeinstellungen nach vorn, wobei man hier die Wahl zwischen automatischer und manueller Steuerung hat. Zudem kann man Farbprofile wählen, wobei aus unserer Sicht allerdings nur das Flat-Profil noch interessant ist, da man so etwas mehr Möglichkeiten der Bildgestaltung in der Nachbearbeitung hat. An die Grundeinstellungen der Kamera gelangt man mit einem Wisch von oben nach unten, wobei man so die Sprach- und Gestensteuerung aktivieren und die Helligkeit des Displays bestimmen kann. Das nach oben klappbare Display sammelt zwangsläufig mehr Licht ein, so dass man sich schnell für die hellste Stufe entscheidet. Dann ist es allerdings so gut beleuchtet, dass man auch bei direkter Sonneneinstrahlung noch das Bild beurteilen kann.

Gerade am Fahrrad, aber auch bei wenig Platz ist das Klappdisplay deutlich komfortabler als die üblichen fest verbauten.
Die wohl wichtigste Grundeinstellung dürfte das QuickCapture sein. Hat man dies aktiviert, genügt ein Druck auf die Aufnahmetaste und die Kamera schaltet sich ein und startet direkt in die Aufnahme. Seht gut: Drückt man die Taste ein weiteres Mal bleiben einem vier Sekunden in denen man mit einer Berührung des Monitors das direkte Ausschalten verhindern kann. Ebenfalls sehr geschickt: Man kann die Aufnahme unterbrechen, ohne einen neuen Clip zu erzeugen, indem man auf per Touchmonitor auf Aufnahmepause geht. Wischt man von unten nach oben über den Touchscreen kann man die Auflösung und Bildrate einstellen.

Bei der AcePro kann man die Aufnahme unterbrechen und wieder fortsetzen. Außerdem gibt es eine Pre-Recording-Funktion mit 15 Sekunden Puffer.
AUFLÖSUNGSEINSTELLUNGEN
Die Kamera bietet eine Fotoauflösung von 48 Megapixeln und bei der Auflösung von 8064 x 6048 wird klar: Der Sensor ist im 4:3-Format. Entsprechend wird bei 8K-Videoauflösung mit 7680 x 4320 Pixeln ein Teilbereich ausgelesen, was die Kamera aber nur mit 24 Bildern in der Sekunde hinbekommt. Das ist interessant für Cineastische anwendungen, aber wenig Actioncam-tauglich. Denn schließlich nimmt man öfter oder sogar meist schnelle Bewegungen auf. In sofern ist der 4K-Aufnahmemodus interessanter, denn hier kann man, im 16:9-Format, mit bis zu 120 Bildern aufzeichnen. Bei Full-HD klappt die Aufzeichnung dann sogar bis zu 240 Bildern. Gespeichert werden die Videodaten als MP4 mit H.264/H.265-Codec. Allerdings gibt es bei den hohen Bildraten Einschränkungen im Komfort: So gibt es die praktische Pre-Recording-Funktion mit 15 Sekunden Zeitpuffer nur bis 60 Bilder in der Sekunde. Selbes gilt für den KI-Highlight-Assistent, der Höhepunkte in den Clips selbst finden und markieren soll. Aber das hat bei uns im Test nur sehr unzuverlässig geklappt.

Bei den Videoeinstellungen orientiert sich Insta360 offensichtlich am Branchenprimus GoPro, denn das Menü ist ähnlich strukturiert und damit übersichtlich und logisch aufgebaut.
BILDQUALITÄT
Wir haben es bereits angedeutet: Die Farbabstimmung der AcePro ist eher sehr bunt. Das ist zwar im Actioncam-Segment beliebt, deshalb aber immer noch nicht wirklich schön und gerade wer in die Nachbearbeitung geht, sollte eher auf das Flat-Profil setzen, das genau genommen immer noch nicht wirklich flach ausfällt aber immerhin nicht so bunt wie alles andere, was die Kamera anbietet. Egal ob im HDR-Modus oder nicht, das Bild zeigt keine besonders gute Dynamik, so dass dunkle Bildbereiche schnell im Schwarz versinken. Hier lässt sich leider auch mit dem Flat-Profil kaum gegensteuern. Die einzige Chance ist es das Bild heller belichten, was dann aber zwangsläufig zum identischen Problem in den hellen Bildbereichen führt. Interessant ist, das die AcePro verschiedene Schärfeeinstellungen bietet, die aus unserer Sicht nur wenig Einfluss auf das Bild hat. Denn das Bild schwächelt insgesamt in der Detaildarstellung. Da wird die Wiese zu einem einheitlichen Grün und die Blätter von Bäumen zeigen kaum noch Struktur.

Genaugenommen sind uns alle Profile zu bunt, auch das Standard-Profil. Entsprechend lautet unsere Empfehlung auf Flat zu gehen und lieber in der Nachbearbeitung wieder etwas Farbe reinzubringen.
BLICKWINKEL
Insta360 erlaubt, je nach eingestellter Auflösung und Bildrate, unterschiedliche Blickwinkel, wobei aus unserer Sicht das maximale Weitwinkel, hier „Action“ genannt, eine solch starke Verzeichnung hat, dass man es besser nicht nutzt – es sei denn als Stilmittel. Auch die Einstellung „Ultra“ hat noch eine starke Verzeichnung, doch das fällt in der Natur schon weniger auf. Der interessanteste Modus ist „Dewarp“, der tatsächlich kaum noch stürzende Linien zeigt. Etwas verwirrend finden wir, dass hier auch die Horizontbegradigung untergebracht ist – die gehört eher in den Bereich der Bildstabilisierung. Die Horizontbegradigung gibt es, genauso wie den „Action“-Modus, nur bis zu einer Bildrate von 60.

Nicht in jedem Videomodus gibt es die volle Auswahl an Blickwinkeln, sondern nur bis 4K mit bis zu 60 Bildern. Etwas unlogisch ist hier die Horizontbegradigung untergebracht.
BILDSTABILISIERUNG
Egal ob man die Horizontbegradigung nun zur Bildstabilisierung zählt oder nicht – sie arbeiten durchweg harmonisch und hält den Horizont nicht stoisch in der Waage, sondern schwenkt ganz leicht mit. Wir finden das sehr ausgewogen, doch leider gilt hier wie bei der gesamten Bildberuhigung: Sie hat sichtbare Aussetzer in relativ kurzen Abständen. Schon kurze Erschütterungen auf der Fahrbahn sorgen dafür, dass die Aufnahme immer wieder springt. Das sieht auch bei geringerer Bildberuhigung nicht wesentlich besser aus. Lediglich bei sehr langsamen Schwenkbewegungen wird deutlich, dass es eine sehr stake Verzögerung gibt, bis die AcePro den Bildausschnitt nachzieht. Genau das dürfte dazu führen, dass der Bildausschnitt bei schnelleren Bewegungen springt, da die Kamera dann plötzlich nachkorrigiert um überhaupt noch dem Bild hinterher zu kommen und das macht die Stabilisierung aus unserer Sicht nahezu unbrauchbar.

Insta360 bietet drei unterschiedliche zupackende Stabilisierungsmodi, doch letztlich verursachen alle drei Aussetzer.
APP-STEUERUNG & ZUBEHÖR
Insta 360 liefert eine ordentliche App mit, auch wenn man für deren Nutzung um eine Registrierung nicht umhin kommt. Die Verbindung zur Actioncam ist schnell hergestellt und die Fernsteuerung klappt sehr zuverlässig. Die AcePro kostet original 480 Euro, ist aber wohl dauerhaft auf der Herstellerseite für 430 Euro zu haben. Dazu bietet Insta360 noch acht auf verschiedene Sportszenarien mit unterschiedlichen Halterungen bestückte Bundle-Pakete an, die jeweils rund 90 bis 130 Euro teurer sind. Richtig happig wird es nur beim GPS-Bundle, das auch reduziert noch 633 Euro kostet und dann eine Fernsteuerung fürs Handgelenk mitliefert, die ihrerseits einen GPS-Empfänger hat, so dass man fürs GPS-Tracking nichtmehr auf das Smartphone angewiesen ist.

Die Insta360 App ist schnell mit der AcePro verbunden und macht die Actioncam leicht bedienbar. Sie dreht aber leider nicht ins Querformat und verschenkt damit eine gute Vorschauoption.
DATEN UND TESTERGEBNISSE
Hersteller Insta360 Modell AcePro Preis 430 Euro Internet insta360.com/de DATEN Größe (L x B x H) 7,2 x 3,9 x 5,2 cm Gewicht 180 g Aufzeichnungsformate(Bildraten) 8K (24p), UHD (120/100/60/50/30/25p), Full-HD (240/200/120/100/60/50/30/25/24p) max. Datenrate 170 Mbit/s Codecs (Dateiformate) H.265, H.264 Max. Abtastung intern 4:2:0 (8 Bit) Aufnahmemedien Micro-SDXC Bildwandler/Auflösung 1/1,3 Zoll/48 Megapixel BILDQUALITÄT 44 Punkte 20,5/ausreichend Outdoor ausreichend Indoor befriedigend Lowlight befriedigend Bildberuhigung mangehaft Aufnahmewinkel (min - max.) 70 - 117 Grad TON 7 Punkte 5/gut Tonaufnahme Stereo Mikrofonanschluss – Tonqualität internesMikrofon gut AUSSTATTUNG 23 Punkte 16/gut GPS-Empfänger/Bluetooth/WLAN ○/•/• Akkufach/Zusatz-Akku •/– Anschlüsse USB-C Speicher (intern/Karte) –/Micro-SD Spritzwasserschutz • wasserdicht/Tiefenangabe •/10 Meter Unterwassergehäuse ○ Objektiv drehbar – Überkopfkorrektur automatisch LED-Leuchte – Intervall-Fotofunktion • Aufnahmeloop – Pre-Recording 15 Sek. Lieferumfang Halterungen Klebehalterung, Schnellkupplung BEDIENUNG 26 Punkte 19,5/sehr gut Bedienungsanleitung nur digital, online, vollständig Akkulaufzeit 65 Minuten Akku-Ladezustand in Prozent Fernbedienung optional und via App Smartphone-App Insta360 Touch-Display • Status/Kontroll-Display (Diagonale) •/• (6 cm) Ein-Tasten-Aufnahme • gut erkennbare Record-Funkion • Menüstruktur übersichtlich und logisch Fernsteuermöglichkeit sehr gut Tasten/Handhabung gut bedienbar (auch mittels Gesten-/Sprachsteuerung)
FAZIT
Der erste Eindruck ist hervorragend, denn die Kamera ist gut gefertigt und offensichtlich sehr robust. Auch bei der Bedienung, egal ob direkt an der Actioncam oder via App, gibt
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