Test: Panasonic Lumix GH7 – der variable Camcorder-Ersatz
IM TEST:Panasonic Lumix DC-GH7 mit H-ES12060, 2779 EuroPanasonic Lumix DMW-XLR2, 550 Euro
Rückblickend muss man sagen, dass die Lumix GH6 kein echter Nachfolger von GH5 und GH5s war, die 2016 Filmen mit geringerer Tiefenschärfe einer breiten Masse zugänglich machten. Das lag vor allem am unzuverlässigen Kontrast-Autofokus, welcher oft daneben lag und mit ständigem Nachkorrigieren störte. Seit der G9 Mark II hält der Phasenautofokus, erstmals im Vollformater S5 Mark II gebracht, auch in Panasonics MFT-Serie Einzug. Auch die GH7 möchte mit Phasenautofokus überzeugen, parallel dazu gibt Panasonic mit dem DMW-XLR2-Adapter professionelle Audiofunktionen an die Hand. Dieser möchte dank 32-Bit-Technologie Pegeln überflüssig machen, sprich genug Reserven bieten, um sowohl leise Signale rauschfrei als auch laute Signal ohne Übersteuern aufzeichnen zu können. Die teurere der beiden Kitoptiken, die Leica H-ES12060, deckt mit 12-60 Millimetern (äquivalent zu 24-120 Millimetern im Vollformat) einen großen Brennweitenbereich ab, bleibt dabei mit einer Blende von F2.8-F4 vergleichsweise lichtstark und verfügt über eine optische Stabilisierung. Variable Optik, Bildstabilisator, guter Autofokus und professionelle Audiofunktionen – das klingt alles verdächtig nach Camcorder. Genau diesen möchte Panasonic mit der GH7 ersetzen und die Kamera zur flexiblen Allzweckwaffe für Profis und Amateure gleichermaßen machen. Gelingt das? Das konnten wir jetzt im ausführlichen Test klären, wobei wir auf unserem ersten Hands-On zu dieser Kamera aufbauen. Wer sich über die grundlegenden Neuerungen und Verbesserungen interessiert, dem sei der entsprechende Artikel nahegelegt. Hier gibt‘s wichtige Details und Erkenntnisse aus der Praxis und natürlich unsere Testbewertung.
Joachim Sauer war mit der GH7 einen Monat lang auf vielen verschiedenen Drehs im Einsatz und präsentiert die Testergebnisse hier im Video.
XLR-ADAPTERFangen wir mit dem XLR-Adapter an. Es bleibt dabei, dass für Profis kein Weg an diesem vorbeiführt. Uns gefällt vor allem, dass zu den beiden XLR-Anschlüssen ein dritter Kanal mit eigenen Reglern und 3,5mm-Miniklinkenbuchse hinzugekommen ist. Kanal 1 und 2 sind über den Limiter-Regler von Kanal 2 zusammenschaltbar, was allerdings bei unserem Testgerät nicht funktionierte – wir gehen davon aus, dass dies kein Problem des Produkts, sondern unseres spezifischen Vorserien-Testmodells ist. Das ist entsprechend derzeit noch in der Abklärung.

Der neue XLR2-Audioadapter ist leider nur mit der GH7 kompatibel. Bei drei regelbaren Eingängen, XLR- und Minklinken-Anschluss sollten keine Wünsche offen bleiben.
AUTOFOKUS Eine der wichtigsten Neuerungen der GH7 ist der Phasenautofokus. Da Sensor und Technik aus der G9 Mark II übernommen wurden, arbeitet auch der Autofokus ebenso zuverlässig wie in der Fotokamera. Zwar wird nicht ganz das Niveau von Sony und Canon erreicht, in Kombination mit dem berührungsempfindlichen Bildschirm kann man jedoch schnell und zuverlässig arbeiten. Erkennt die Kamera mehrere Personen, ist die scharfgestellte mit einem orange-gelben Rahmen markiert, alle anderen erkannten Personen haben einen grauen Rand. Per Joystick oder Touchscreen kann man nun zwischen den Personen durchschalten, wobei letzteres deutlich schneller ist. Positiv ist, dass die Kamera auf der ausgewählten Person bleibt. Sollte diese verdeckt sein, sucht sich die Kamera das nächstliegende erkannte Objekt, doch der Fokus bewegt sich sofort zurück, wenn die zuvor markierte wieder zu sehen ist. Das hat seine Grenzen, denn tatsächlich erkennt die Kamera Personen nicht als festen Fixpunkt, doch sie erkennt, dass es sich lediglich um eine kurze Abdeckung gehandelt hat.

Die Personenerkennung funktioniert grundsätzlich gut. Sind die Personen jedoch in Bewegung und dazu noch tiefengestaffelt, hilft es, die gewünschte Person per Touchscreen zu fixieren. Das Tracking funktioniert auch, wenn die ausgewählte Person kurz verdeckt ist.
BILDSTABILISATORMit jedem neuen Modell der MFT-Serie hat Panasonic den ohnehin schon guten Bildstabilisator der GH5 weiter verbessert. In der GH7 ist dieser mehrstufig aufgebaut. Zum einen der optische Bildstabilisator, mit dem sich in Kombination mit der Kitoptik schon gut drehen lässt. Wer kein Gimbal hat, aber mehr Stabilisierung braucht, kann zuerst im Menü die Stabilisierung verstärken und zusätzlich den zweistufigen elektronischen Bildstabilisator zuschalten. Zwangsläufig liegt dann ein Crop auf der Aufnahme, dafür sind die Aufnahmen absolut ruhig. Nicht zu Unrecht hat einer unser Zuschauer beim Hands-on auf YouTube kommentiert, dass die verstärkte Variante nicht eher für die Stabilisierung von statischen Aufnahmen gedacht ist. Schaut man sich die in unserem Video mehrheitlich mit verstärkter Stabilisierung erstellten statischen Aufnahmen an, erkennt man wie gut dieser arbeitet. Doch jedes Mal die Stabilisierung umschalten, wenn man die Kamera bewegen möchte – das entspricht nicht gerade der Realität. Entsprechend sind viele Aufnahmen entstanden, bei der sich Motiv und Kamera bewegen und dennoch der verstärkte Modus der Bildstabilisierung arbeitet. Weiß man es nicht besser, könnte man meinen, dass die Aufnahmen mit einem Gimbal erstellt wurden – so gut arbeitet die elektronische Stabilisierung auch bei Bewegungen. Ein Nachziehen, wie wir es sonst von elektronischen Stabilisierungen kennen? Ja, man kann es erkennen – aber man muss schon sehr genau hinschauen.

Bei Veranstaltungen und schnellen EB-Drehs, sprich den klassischen Camcorder-Einsatzgebieten, konnte sich die GH7 im Test auch dank des hervorragenden Bildstabilisators bewähren. Die elektronische Stabilisierung funktioniert auch bei Kamerabewegungen überraschend gut.
FILMEN MIT LOG Unverändert übernehmen können wir eigentlich unsere Passage über die Lichtempfindlichkeit aus dem Hands-on, weshalb wir hier lediglich ergänzen, dass leicht höhere Werte noch „erträglich“ sind – es kommt eben immer auf den Anspruch an. Apropos Anspruch: Panasonic lizenziert für 200 Euro den ARRI LogC3. Die Erweiterung hört auf den Namen DMW-SFU3A und eine Farbabstimmung mit den digitalen Kinokameras von ARRI. Wer noch keine Übung mit den verschiedenen ARRI Look-Dateien hat, kann mit dem ARRI Look Library Simulator online simulieren, welcher Stil am ehesten zum eigenen Anspruch passt. Erfreulicherweise kann man das LUT-Paket für die 709-Konvertierung (ARRI Look Library LogC3 zu Rec709 3D-LUTs) in der LUT-Bibliothek der LUMIX GH7 speichern und es mit der Realtime LUT-Funktion ausgeben. Dadurch sind direkt in der Kamera Videoaufnahmen mit ARRI LUTs möglich – ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt. Doch greift Panasonic zu hoch in die Cine-Sterne? Nicht wirklich, denn die Aufnahmen können, solange man mit geöffneter Blende, eher mehr Abstand und längeren Brennweiten arbeitet, sehr Cine-mäßig aussehen.

Bei unserem ISO-Test im Hands-On empfehlen wir eine maximale ISO-Empfindlichkeit von ISO 3200. Da Panasonic auch Zwischenstufen zulässt, kann man auch leicht darüber gehen, ISO 6400 ist jedoch das Limit.
FORMATE UND SPEICHERMEDIENDass Panasonic mit der GH7 auch Profis im Blick hat, wird beim Blick auf die Formate deutlich. Neben H.264 und H.265 nimmt die Kamera auch in ProRes und ProRes RAW auf. Zusammen mit Nikons Z6 III ist die GH7 die einzige Kamera ihrer Preisklasse mit interner RAW-Aufnahme. Mit Datenraten von bis zu 3,5 Gbit/s ist aber auch klar, dass SD-Karten als internes Speichermedium nicht mehr ausreichen. Leider hat die GH7 mit dem Gehäuse der GH6 auch deren Speicherkarten-Layout übernommen. Die Anordnung von jeweils einem Slot für CFexpress-Typ-B und SDXC-Karten verhindert die gleichzeitige Aufnahme auf beiden Speicherkarten bei Datenraten jenseits der 300 Mbit/s. Auch wenn so Amateure mit den wesentlich günstigeren SD-Karten für weniger Geld mit der Kamera filmen können, hätten wir uns lieber zwei CFexpress-Typ-B-Slots wie in der Nikon Z9 und damit die zusätzliche Sicherheit der gleichzeitigen Aufnahmen auf beide Karten gewünscht. Wer kostengünstig und trotzdem mit hohen Datenraten aufnehmen will, schließt ohnehin eine externe SSD über USB-C an.

Die GH7 nimmt sowohl SDXC- als auch CFexpress-Typ-B-Karten auf. Gleichzeitige Aufnahme auf beiden Speichermedien sind dadurch nur bei geringen Datenraten möglich.
DATEN UND TESTERGEBNISSE
Hersteller Panasonic Modell Lumix DC-GH7 Preis 2779 Euro Objektiv (Preis) H-ES12060 LEICA DG Vario-Elmarit 12-60 mm / F2.8-4.0(999 Euro) Internet panasonic.com DATEN Aufzeichnungsformate 6K (60/50/30/25/24p), C4K (120/100/60/50/30/25/24p), UHD (120/100/60/50/30/25/24p), Full-HD (240/200/120/100/60/50/30/25/24p) Codecs (Dateiformate) ProRes RAW, H.265, H.264, MOV Max. Abtastung intern 4:2:0, 4:2:2, 4:4:4 (8 Bit, 10 Bit, 12 Bit) Max. Abstatung 4:2:0, 4:2:2, 4:4:4 (8 Bit, 10 Bit, 12 Bit) Aufnahmemedien 1x CFespress (B), 1x SDXC Bildwandler/Auflösung MFT/25,2 Megapixel (eff.) Objektiv-Bajonett MFT-Mount Zoomfaktor/Brennweite(KB-äquivalent) 5 fach/24 bis 120 mm (F2,8 - F4) Gewicht mit Objektiv 1120 Gramm BILDQUALITÄT 30 Punkte 17,9/befriedigend Schärfe gut Dynamikumfang sehr gut Bewegungsauflösung sehr gut Rauschen/Bildfehler gut Lichtempfindlichkeit gut Farbwiedergabe hervorragend Tiefenschärfe-Qualität befriedigend Bildstabilisierung hevorragend Autofokus sehr gut TON 10 Punkte 6,3/gut Tonformate PCMPCM 2ch, PCM 4ch, AAC 2ch 2ch ManuelleTonaussteuerung • Mikrofon-/Kopfhörer-/XLR-Buchsen •/•/– Tonqualität internesMikrofon befriedigend AUSSTATTUNG 30 Punkte 20,2/gut BildstabilisatorBody/Optik •/• Sucher 1 226 666 RGB-Pixell Display/Diagonale •/– Display kippen/drehen/Touchscreen •/•/• Blende/Shutter/ISOmanuell •/•/• Weißabgl. manuell/Presets/Kelvin •/•/• Fokus manuell per/Hilfen Fokusring, Touchscreen/Ausschnittsvergrößerung, Kantenbetonung Farbe/Kontrast/Schärfeeinstellbar •/•/• Zeitraffer/Zeitlupe ●/● (Full-HD max. 240p ) Log/Log-Vorschau/RAW/HDR V-Log/Log-Vorschau/intern+extern/HLG LAN/WLAN/Bluetooth –/•/• Datei-Upload/Livestreaming –/– Zubehörschuh standard/intelligent •/• Digitalausgang USB-C, HDMI BEDIENUNG 30 Punkte 21,3/gut Bedienungsanleitung PDF, online, auf dem Gerät Ergonomie befriedigend Bedienelemente hervorragend Menü(Benutzerführung) hervorragend Fernsteuermöglichkeit sehr gut Smartphone-App Lumix Sync, Lumix Lab
FAZIT
Am Anfang dieses Tests stellten wir die Frage, ob die GH7 ein echter Camcorder-Ersatz ist. Das dazu eine weitere Aufrüstung notwendig ist, ist keine Besonderheit der GH7, sondern bei allen Kameras gleich. Entscheidend ist: Panasonic liefert alle für engagierte und professionelle Nutzung wichtigen Komponenten.Das ist zum einen die Kombination mit Leica-Optik und der neue XLR2-Adapter, mit dem die GH7 dann bei 3349 Euro liegt und damit noch etwa 1000 Euro günstiger ist als Camcorder wie Canons XF605. Doch es fehlen eben noch wichtige Elemente wie beispielsweise ND-Filter. Ein entsprechendes Set mit drei Filtern und Montage-Adaptern schlägt nochmal mit circa 200 Euro zu Buche. Dazu noch ein Mikrofon für gut 100 Euro und zu guter Letzt noch ein zweites Objektiv, um auch den Supertelebereich abdecken zu können, was je nach Modell mit mindestens 500 Euro zu Buche schlägt. Mit dann 4149 Euro ist das Setup dann auch preislich auf Camcorder-Niveau, bietet dafür jedoch mehr Tiefenunschärfe und mehr Formate für Film und Kino.Der Vergleich der GH7 mit einem Camcorder hinkt also keinesfalls, zumal der Bildstabilisator zum Testzeitpunkt alles in den Schatten stellt und in vielen Fällen für Aufnahmen wie vom Gimbal sorgt. In unserem Test haben wir die GH7 in vielen unterschiedlichen Reportageeinsätzen gehabt, bei denen es darauf ankommt, schnell am Objekt zu sein. Genau hier hat sich die Kamera bewährt. Wären da nicht das lästige Hantieren mit den ND-Filtern könnte man meinen, man hätte einen für Reportagen optimierten Camcorder in der Hand.+ zuverlässiger Autofokus+ hervorragender Bildstabilisator+ flexibel einsetzbar+ professioneller XLR2-Adapter (optional)- keine Dual-Slot-Aufnahme bei hohen Datenraten- hohe ISO-Empfindlichkeit im V-Log-Modus
Autoren: Joachim Sauer, Jonas Schupp / Bilder: Panasonic, Joachim Sauer, Jonas Schupp MEDIENBUREAU
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