Zum Hauptinhalt springen

Vergleich: Fujifilm-Zoomobjektive - Foto- gegen Videooptik

Eine Video- von einer Fotooptik zu unterscheiden ist zuerstmal nicht ganz so einfach, aber auf den zweiten Blick schon wieder etwas verrückt, weil doch beide Optiken klar zuortenbar sind. Beide Objektive haben ganz eigene Vorteile, welche sie auch für den jeweils anderen Bereich interessant machen. Wir erarbeiten hier Grundlagen, mit denen man selbst Rückschlüsse auf andere Objektive und Kameras aller Hersteller zulassen.


VA kamera logo 50px IM TEST:Fujifilm Fujinon XF18-120mmF4 R LM PZ WR, 999 EuroFujifilm Fujinon XF16-55mmF2.8 R LM WR, 1299 Euro

Dass Fujifilm weiß, was gute Optiken sind, ist bekannt. Und dass das Fujinon XF18-120mm 4.0 LM PZ ein gutes Objektiv speziell für Filmende ist, ist unseren Lesern seit knapp zwei Jahren bestens bekannt. Wer vor diesem Produkt ein ein Standardzoom für seine Fuji-Kamera brauchte, musste zum Fujinon XF16-55mm F2.8 R LM WR greifen. Und auch wenn man auf den ersten Blick mit dem XF18-120mm mehr Variabilität erhält, bleibt die niedrige Offenblende der Fotooptik ein gewichtiges Argument. Denn ein oft vom Kunden gewünschter „Film-Look“ mit geringer Tiefenschärfe ist, gerade bei APS-C-Sensoren, mit F2.8 als Offenblende wesentlich einfacher zu kreieren als mit F4. Dieses Argument bot für uns den Anlass, die beiden Fujinons gegeneinander antreten zu lassen. Wo liegen die Objektive gleichauf, wo ist das eine, wo das andere vorne? Die Antworten gibt es hier.

Joachim Sauer erklärt im Video nicht nur die Unterschiede zwischen den beiden Fujinon-Zooms, sondern gibt auch gleich noch Tipps auf den weg, worauf man bei Objektiven achten sollte..

BAUWEISE

Beim XF16-55mm handelt es sich um ein „klassisches“ Zoomobjektiv für Kompaktkameras mit allen Annehmlichkeiten eines Fotoobjektives: robuste Metallbauweise mit drei Bedienringen für Blende, Brennweite und Fokus, 77mm-Filtergewinde an der Front sowie eine abschraubbare Halterung für Einschubfilter am Bajonett und nicht zuletzt eine optische Stabilisierung. Mit circa 655 Gramm wiegt es gut 200 Gramm mehr als das XF18-120, welches ebenso über eine optische Stabilisierung verfügt und dessen Konstruktion doch ganz anders ist. Als Videoobjektiv arbeitet es mit Innenzoom, sprich bei Veränderung der Brennweite bleibt die Objektivlänge gleich. Das ist zum Beispiel praktisch beim Einsatz auf dem Gimbal, welches man so nicht bei jeder Brennweitenänderung neu kalibrieren muss. Anstatt eines Blendenrings hat Fujifilm eine Zoomwippe eingebaut, mit dem Zoomfahrten so sanft und gleichmäßig gelingen wie man es sonst nur von Camcorden und Broadcast-Objektiven kennt. Videoobjektiv bedeutet dabei nicht, dass das XF18-120mm ein Cineobjektiv ist. Dafür sind die Regelwege nicht lang genug und das Frontgewinde mit 72 Millimetern eher klein. Cineobjektive verfügen zudem über keine Autofokus-Motoren und sind im Normalfall lichtsärker mit Offenblenden von T3.5 oder niedriger. Die Verarbeitungsqualität beider Objektive ist – typisch für Fujifilm – sehr gut, wobei das XF16-55mm einen etwas robusteren Eindruck macht.

Fujifilm Vergleich Motorzooml

Wichtigstes Merkmal des Video-Fujinons ist der Innenzoom, welcher über die Zoomwippe so sanft steuerbar ist wie sonst nur am Camcorder.

 

 


BOKEH UND LENSFLARE

Das XF15-60mm verfügt über neun Blendenlamellen, das XF18-120mm derer sieben. Beim Bokeh liegen beide Objektive jedoch gleichauf. Offerieren sie in ihrer Offenblende ein rundes Bokeh, sind eine Blendenstufe darüber - F4 beim XF16-55mm und F5.6 beim XF18-120mm – Ecken und Kanten nicht zu übersehen. Natürlich sind Form und Größe des Bokehs Geschmackssache, ebenso wie mehr oder weniger ausgeprägter Lens Flare. Hier hat das Motorzoom mit etwas mehr Reflektionen und einem milchigeren Bildeindruck um die Gegenlichtquelle das Nachsehen, wobei der Lens Flare immer noch sanft und wenig ausgeprägt ist. Linsenparaden wie beim Irix 30mm-Cineobjektiv muss man nicht befürchten.

Fujifilm Vergleich Bokeh

Während beide Optiken bei Offenblende ein rundes Bokeh liefern, sind eine Blendenstufe darüfer schon Ecken und Kanten auszumachen - auch bei der Fotooptik, die über zwei Blendenlamellen mehr als das XF18-120mm verfügt.

LICHTSTÄRKE UND UNSCHÄRFE

Offensichtlichster Vorteil einer kleinen, sprich offenen Anfangsblende, ist die Lichtstärke. Im Gegensatz zu früher bringen heutige Kameras dank doppelt nativen ISO-Werten schnell sprichwörtliches Licht ins Dunkel, ohne dabei großes Bildrauschen zu verursachen. Wenn es jedoch wirklich darauf ankommt, ist jede Blendenstufe mehr Lichtstärke gern gesehen. Um aus der Praxis zu berichten: Im Keller eines Kunden wurden Rüttelplatten verlegt. Um auf der Baustelle noch mobil bleiben zu können, waren wir im Minimalsetup, sprich Kamera, Mikrofon und Kopflicht unterwegs. Die einzigen vorhandenen Lichtquellen im Keller waren einige wenige Leuchtstoffröhren sowie ein schwaches, diffuses Tageslicht, welches durch einen offenen Aufzugsschacht hereindrang. Die Testkamera, eine Fujifilm X-H2s, war mit ISO 6400 schon vollständig ausgereizt. Mit F2.8 als Blende reichte das verfügbare Licht in Kombination mit dem Kopflicht gerade aus, um ansprechende Aufnahmen zu kreieren. Mit F4 wären wir nicht um zusätzliche Beleuchtung und entsprechend mehr Arbeitsaufwand herumgekommen. Die kleinere Blende der Fotooptik lässt zudem auch mehr Unschärfe zu, was auch bezogen auf die geringere Unschärfe des APS-C-Sensors der verwendeten X-H2s im Vergleich zu Vollformatkameras ein gestalterischer Vorteil gegenüber dem Motorzoom ist.

Fujifilm Vergleich Lensflare

Mehr Zoom bedeutet mehr verbaute Linsen und damit auch einen stärkeren Lens Flare. Das bedeutet stärkere Lichtreflexionen und einen milchigen Effekt um Gegenlichtquellen, wie hier die Frontscheinwerfer des Autos.

 

 


WELCHE OPTIK FÜR WELCHEN ZWECK?

Die optische Stabilisierung beider Objektive lässt Drehen aus der Hand zu, wobei Fujifilms Stabilisierung nicht auf dem Niveau von beispielsweise Canon oder Sony liegt und man aus der Hand nur im Weitwinkel drehen sollte. Der Unterschied von zwei Millimetern im Weitwinkel mag gering erscheinen, bezieht aber nicht den Fujifilm-Cropfactor von 1.53 ein. Das Äquivalent zum XF16-55mm wäre demnach im Vollformat eine 24-83mm-Optik, das Äquivalent zum XF18-120mm ein 27-200mm-Objektiv. Diese Umrechnung verdeutlicht den Sinn beider Fujinons: Während die Fotooptik ein klassisches Foto-Standardzoom mit entsprechender Blende ist und in jeder Brennweite eine ansprechende Unschärfe liefert, präsentiert sich das XF18-120mm als „All-In-One“-Lösung, bei der die Flexibilität vor dem Bildeindruck liegt. Ideal für Video, wobei sich beide Objektive auch für den jeweils anderen Zweck nutzen lassen. Für Fotoaufnahmen während eines Fußballspiels kommt man mit der Videooptik näher an das das Geschehen heran, während das Fotoopjektiv bei Videoaufnahmen mit wenig Licht in den Vordergrund rückt und zudem mit der schöneren Unschärfe punktet. Auch ist es ebenso parfokal, sprich bei einer Veränderung der Brennweite verändert sich nicht der Schärfepunkt.

Fujifilm Vergleich Unschaerfe

Mit richtiger Positionierung und Bildgestaltung ist auch mit dem Videoobjektiv eine Unschärfe möglich - trotz vergleichsweise hoher Offenblende.

 

FAZIT

Joachim Sauer VIDEOAKTIV AutorWenn man sich nun für eine Optik entscheiden müsste, welche wäre das? Das kommt nicht zuletzt auch auf den Preis an. Das XF18-120mm ist mit 999 Euro genau 300 Euro günstiger als das XF16-55mm. Vor allem, wenn man Zeit hat, Licht setzen und die Kamera bedacht platzieren kann, erhalten preisbewusste Filmschaffende damit ein sehr variables Objektiv an die Hand. Auch wenn das XF16-55mm das bessere Bild mit weniger Lens Flare und geringerer Schärfentiefe liefert – möchte man die Flexibilität des Motorzooms erreichen, braucht man mit dem Fujinon XF50-140mm F2.8 R LM OIS WR zum Preis von 1700 Euro das passende Telezoom dazu. In dieser Kombination liegt man dann schon 2000 Euro über dem XF18-120mm. Ob das den besseren Bildeindruck wert ist, muss jeder mit sich selbst ausmachen.

 

Autor: Joachim Sauer / Bilder: Jonas Schupp, Joachim Sauer MEDIENBUREAU

Viele weitere spannende Themen, Tests und Ratgeber gibt

Autor:
Bildquellen:
160x600

Weitere Kamera-Artikel

Test: DJI Osmo Nano mit Vergleich zur Insta360 Go Ultra

| Magazin Kamera
Noch kleinere Actioncams liegen offensichtlich im Trend, denn nach Insta360 mit ihrer Go Ultra bringt nun auch DJI die Osmo Nano heraus – eine gut 50 Gramm leichte Kamera mit abnehmbarem Bedienteil. Wir haben die Osmo Nano…

Hands-on Nikon ZR: Cine-Kamera mit RED-Genen

| Magazin Kamera
Mit der ZR präsentiert Nikon in Kooperation mit RED eine kompakte Cine-Kamera, die gezielt auf die Bedürfnisse professioneller Filmschaffender zugeschnitten ist. Auf der IBC hatten wir die Gelegenheit, gleich mehrfach mit der…

Drohnentest: DJI Mini 5 Pro – 1-Zoll-Sensor und LIDAR auf 249 Gramm

| Magazin Kamera
  Die Mini 5 Pro ist draußen und für uns stellt sich nicht nur die Frage, was sie besser macht als die Mini 4 Pro, sondern auch, inwieweit sie sich von der günstigeren DJI Flip absetzen kann. IM TEST: DJI Mini 5 Pro…
160x600