Test: OM System OM-1 - Eine echte Olympus?
IM TEST:OM System OM-1, 2199 Euro (Body)
Während alle anderen Hersteller von spiegellosen Systemkameras auf eigene Systeme setzen, unterstützen Panasonic und Olympus das Micro-Four- Thirds-System – die Objektive lassen sich also an Kameras beider Hersteller nutzen. Olympus hatte in den vergangenen Jahren bei diesem System vor allem die Foto-Funktion im Fokus, Panasonic hingegen hatte bei Videoaufnahmen die Nase vorn. Insbesondere die GH-Modelle, bei deren Entwicklung das Thema Video im Vordergrund stand, sind bei Filmern sehr beliebt.

OM System setzt weiterhin auf das MFTFormat. Der Sensor ist vergleichsweise klein, nutzt aber aktuelle Technologie.
AUSSTATTUNG UND BEDIENUNGSchaut man sich die technischen Daten der OM-1 an, liegt die Vermutung nahe, dass sich hier starke Konkurrenz auftut. Denn das neue Flaggschiff von OM System (so der Markenname, der jetzt neu etabliert werden soll) kann einiges bieten, das Filmern Freude bereitet. So gehören etwa Anschlüsse für ein externes Mikrofon und einen Kopfhörer zur Kontrolle der Aufnahmen ebenso zur Ausstattung der OM-1 wie ein HDMI-Anschluss, über den sich Videos im Raw-Format auf externe Speicher schreiben lassen. Für den rauen Umgang bei Außendrehs ist die Kamera bestens gerüstet: Sie ist so gut abgedichtet, dass sie laut Hersteller sogar eine Minute unter Wasser schadlos übersteht (vorausgesetzt, ein entsprechendes Objektiv befindet sich auf der Kamera). Der Touchscreen ist dreh- und schwenkbar – und wer in heller Umgebung eine klare Vorstellung von seinen Aufnahmen bekommen möchte, kann dafür den Sucher nutzen, der ein extrem detailreiches Vorschaubild darstellt.

Hinter den Klappen verbergen sich die Anschlüsse für Mikro und Kopfhörer. Nur wenn die Abdeckungen gut geschlossen sind, darf man die OM-1 als wasserdicht betrachten.
Zwei Speicherkarteneinschübe sind ebenso an Bord wie jede Menge frei belegbarer Funktionstasten sowie zwei Rändelräder und ein Steuerkreuz. Man könnte jetzt sagen, dass man bei einem Preis von 2000 Euro – nur für das Gehäuse – auch eine Menge erwarten darf. Aber die OM-1 überzeugt nicht nur mit üppiger Ausstattung, sondern auch mit einem gut durchdachten Konzept. So haben die Entwickler etwa das Menü von Grund auf neu gestaltet. Es wirkt sehr aufgeräumt und gut strukturiert. Da es auch sehr umfangreich ist, könnte man kritisieren, dass die Navigation in manchen Fällen relativ zeitaufwendig ist. Aber wer die Kamera regelmäßig nutzt und bestimmte Funktionen oft aufrufen möchte, kann diese einer von sechs Tasten zuordnen, so dass sie schneller erreichbar sind. Außerdem erscheint nach einem Druck auf die OK-Taste in der Mitte des Steuerkreuzes eine Übersicht über die aktuell gewählten Einstellungen auf dem Monitor, die dann direkt auf dem Touchscreen angepasst werden können. Oft genug bemängeln wir ja, dass die Entwickler sich zu wenig Mühe geben, aus der Perspektive des Anwenders zu denken. Hier zeigt sich, dass es auch anders geht: Je nachdem, welche Voreinstellung gewählt wurde, erscheinen einzelne Menüpunkte ausgegraut. Wählt man einen davon trotzdem an, erscheint ein kurzer Text, in dem erläutert wird, wieso diese Option gerade nicht verfügbar ist. Das führt nicht in jedem Fall sofort zur Lösung, kann aber sicher oft dabei helfen, die Zusammenhänge der Bedienung schnell zu verinnerlichen.
BILDQUALITÄTNicht nur bei Hochzeitsfilmen gehören Zeitlupen und auch Zeitraffer inzwischen beinahe zum Standard. Da die OM-1 als eine der ersten Consumer-Kameras auch UHD und Cinema- 4K Aufnahmen mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde erlaubt, sind – wenn das Zielformat 25 fps ist – selbst in diesen Formaten leichte Zeitlupen möglich. Genügt hingegen HD-Qualität, kann die Kamera mit bis zu 240 Bildern pro Sekunde filmen. Und das mit weiterhin hervorragendem Detailreichtum und flüssiger Bewegungswiedergabe. Eine Funktion, die dieses Modell für viele Einsatzbereiche interessant macht – etwa bei Sport- oder Naturfilmen Haben wir vorher das Menü und die Einstellmöglichkeiten noch gelobt, müssen wir das an dieser Stelle etwas relativieren: Beim Einstellen der Videoqualität, des Codecs und der Bildrate bietet die Kamera eine sehr große Auswahl. Das geht aber zu Lasten der Übersichtlichkeit.

Die Bedienelemente sind gut angeordnet, fühlen sich robust an und lassen sich auch präzise einsetzen.
Je nachdem, welches Format ausgewählt wurde, sind andere Optionen möglicherweise nicht verfügbar. Dann muss man sich zuerst zwischen mehreren Menü bereichen hin und her hangeln, um die gewünschte Einstellung vornehmen zu können. So lässt sich etwa der H.264- und H.265-Codec einstellen, es gibt unterschiedliche Optionen für die Komprimierung und die Farbtiefe und die schon erwähnte große Auswahl bei den Bildraten. Wer diese Funktionen zielgerichtet einsetzen will, muss sich zunächst etwas ausgiebiger mit der Aufnahme- und Komprimierungstechnik beschäftigen. Wer keine Kompromisse eingehen und die bestmögliche Qualität einfangen will, kann per Micro-HDMI-Buchse ProRes-Raw mit 12 Bit und einem Farb-Subsampling von 4:4:4 auf einem externen Recorder aufnehmen. Bei interner Aufzeichnung lassen sich diverse Bildparameter individuell anpassen, und es gibt auch Optionen, mit flacher Gammakurve zu drehen und das Bild mit eigenen LUTs in der Nachbearbeitung exakt den eigenen Vorstellungen anzupassen. Außerdem gibt‘s einen HLG-Modus für Videos mit größerem Helligkeitsumfang. Fotografen bietet die Kamera die Option, mit technischer Unterstützung eine Art digitalen ND-Filter einzusetzen, der auch in heller Umgebung lange Belichtungszeiten ermöglicht. Leider steht diese Option bei Videoaufnahmen nicht zur Verfügung, so dass hier gegebenenfalls ein echter Filter vor die Linse gesetzt werden muss.

Bis zu 240 Bilder pro Sekunde lassen sich in Full-HD aufzeichnen. Wird in UHD oder CInema-4K gedreht, sind immerhin noch 60 Bilder pro Sekunde möglich.
Und auch die ausgefuchsten intelligenten Autofokusmodi, die neben Gesichtern noch diverse andere Motive automatisch erkennen können, bleiben Fotografen vorbehalten – im Videomodus lassen sie sich nicht nutzen. Insgesamt funktioniert der Autofokus aber ebenfalls gut. Der Stabilisator, der in die Kamera integriert ist, leistet auch beim Filmen ganze Arbeit. Natürlich kann er keinen Gimbal ersetzen – wer eine ruhige Hand hat, kann aber in vielen Situationen auf das Stativ verzichten. À propos Gimbal: Wie eingangs schon erwähnt, handelt es sich bei der OM-1 um eine MFT-Kamera. Das bedeutet, dass die Aufnahmefläche des Sensors kleiner ist, als bei Vollformatkameras – und ermöglicht, trotz der robusten Bauweise und der großen Funktionsvielfalt, eine recht kompakte und leichte Bauart. Das hat zur Folge, dass auch beim Zubehör eine kleinere Dimension ausreicht – ob Stativ, Gimbal oder Tasche für Kamera und Ausrüstung: Wer auf die OM-1 setzt, kommt mit vergleichsweise leichtem Zubehör aus.

Im Quick-Menü lassen sich alle relevanten Einstellungen anzeigen – und auch durch Eingabe auf dem Bildschirm schnell verändern.
Der Übergang von Olympus zu OM System verläuft etwas träge. Während auf dem relativ schlichten Karton schon der neue Name aufgedruckt ist, prangt vorne auf der Kamera noch immer der bisherige Name. Das soll allerdings laut Hersteller bei zukünftigen Produkten nicht mehr der Fall sein. Wie schnell sich der neue Name etablieren kann, muss sich erst zeigen. Wenn von diesem Hersteller aber weiterhin Modelle kommen, die so konsequent durchdacht sind und auf Qualität setzen wie die hier vorgestellte OM-1, hat er sich Erfolg zumindest verdient. Der scheint auch schon einzusetzen, denn aktuell ist die Kamera im Handel praktisch nicht zu haben. Erst im August rechnet der Hersteller wieder mit einer größeren Lieferung, mit der aber zunächst nur Vorbestellungen abgearbeitet werden können. Spätestens im Herbst soll dann aber jeder eine OM-1 bekommen können, der sich eine wünscht.
DATEN UND TESTERGEBNISSE

FAZIT
Der Preis ist zwar nicht günstig – aber bei der hier gebotenen Qualität und dem Funktionsumfang sicher nicht übertrieben. Im relativ kleinen Gehäuse bietet die OM System OM- 1 ausgezeichnete Aufnahmequalität mit allen wünschenswerten Funktionen. Die Kamera ist sehr robust und lässt sich recht unkompliziert bedienen – fordert allerdings von ihrem Besitzer, dass er sich intensiv mit der Videotechnik auseinandersetzt, zumindest, wenn er das Optimum aus der Kamera entlocken möchte.+ Cinema 4K bis zu 60 fps+ sehr robust + übersichtliches Menü+ alle wichtigen Anschlüsse vorhanden- vergleichsweise schwer
Autoren: Rainer Claßen / Bilder: OM-System, Rainer Claßen
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Link zum Hersteller: OM-System
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