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Ratgeber: 4K-Camcorder oder Fotokamera

Panasonic macht es dem Filmer, der dem Camcorder treu bleiben will, wirklich nicht leicht: Der günstigste 4K-Camcorder überhaupt kostet trotzdem mehr, als derselbe Hersteller für die günstigste Fotokamera mit 4K-Video will. Kann die Fotokamera wirklich die bessere Wahl sein – oder zeigt sie beim Filmen doch erhebliche Schwächen? Der neue VIDEOAKTIV-Ratgeber klärt die wichtigen Fragen.


 

Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht – schließlich stehen viele Filmer genau vor dieser Frage, gerade im sich etablierenden 4K-Zeitalter: Was soll ich kaufen – Camcorder oder Fotokamera? Filmen können schließlich beide. Und oft scheinen 4K-Fotokameras sogar günstiger zu sein.

Für den Systemvergleich haben wir die jeweils billigsten Vertreter jeder Bauart genommen – und die kommen beide von Panasonic. Will man den Camcorder HC-VX 878 von Panasonic kaufen, fallen dafür laut unverbindlicher Preisempfehlung knapp 800 Euro an – wenn man nach den besonders günstigen Angeboten sucht, sind es immer noch etwa 650 Euro. Dafür bekommt man ein Gerät, das mit einem effizienten Bildstabilisator, manuellen Einstellmöglichkeiten, einem Anschluss für ein externes Mikrofon und der 4K-Videofunktion ausgestattet ist.

Die Fotokamera Panasonic Lumix DMC-FZ 300, ebenfalls mit 4K-Video, gibt es dagegen schon für etwa 550 Euro – die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers liegt bei 599 Euro.

Ihre Ausstattung ist recht ähnlich, so dass sich die Frage aufdrängt: Mit welchem der beiden Geräte ist der Filmer in der Praxis tatsächlich besser bedient? Ich habe mir beide Geräte angeschaut und bin zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen.

ZOOM

Beim Filmen kommt man nicht immer so dicht an das Motiv heran, wie man es gerne möchte. Oder man kann sich nicht weit davon entfernen, wie bei Aufnahmen in engen Innenräumen; dann ist eine großzügige Weitwinkeleinstellung hilfreich.

Ein Zoomobjektiv, mit dem sich aus unterschiedlichen Distanzen der gewünschte Bildausschnitt einfangen lässt, macht dem Filmer das Leben leichter. Dabei geht es also vorrangig gar nicht um die Zoomfahrt als solche, sondern um die Möglichkeit, schnell unterschiedliche Ausschnitte zu wählen und eine möglichst große Auswahl an Bildwinkeln zu haben. Die beiden Vergleichsaufnahmen auf der nächsten Seite belegen den Unterschied zwischen den beiden Geräten: Der Camcorder bietet minimal mehr Tele, zeigt dafür in der maximalen Weitwinkeleinstellung etwas weniger vom Motiv. Während die Differenz im Telebereich (der ohnehin nur mit einem robusten Stativ sinnvoll zu nutzen ist) eher marginal ist, kann sich der Unterschied im Weitwinkel spürbar auswirken.

Aufmacher Camcorder odr Fotokamera Bei der Videofunktion konnten Fotokameras lange nicht mit Camcordern konkurrieren. Das hat sich geändert. Aber wie unterscheidet sich das Filmen mit beiden Systemen?     Lumix FZ 300 Eine Filmkamera im typischen Foto-Design mit Querbauweise will mit beiden Händen gehalten werden. Anders als viele Consumer- Camcorder bietet die Lumix FZ 300 immerhin sogar einen Sucher – Vorteil 4K-Fotokamera, zumindest in der Einsteigerklasse. VX-878 Camcorder sind traditionell längs gebaut. Fehlt (wie hier beim VX 878) ein Sucher, fehlt auch die Stütze durch die Stirn des Filmers. Oft wird der Camcorder dann verwacklungsgefährdet mit einer Hand geführt oder am Display gehalten – und das bewegt sich nun mal.  

HANDHABUNG

Zum Thema Stativ: Filmkameras werden weit mehr auf einem Stativ eingesetzt als Fotoapparate – Aufnahmen aus der Hand sind meistens viel zu wackelig. Soll dann einmal der Akku oder die Speicherkarte gewechselt werden, ist es gut, wenn beide zugänglich sind, ohne dass die Kamera erst von der Stativplatte genommen werden muss.

Hier hat der Camcorder einen leichten Vorteil: Der Akku lässt sich von der Geräterückseite leicht abnehmen. Ist die Stativ-Wechselplatte klein, hat man eventuell sogar Zugriff auf den Speicherkarteneinschub am hinteren Ende der Geräteunterseite. Bei der Fotokamera ist in unserem Panasonic-Vergleich beides unter einer Klappe untergebracht, die sich nur öffnen lässt, wenn keine Wechselplatte am Stativgewinde angeschraubt ist.

Zumindest Hobbyfilmer werden in den meisten Situationen auf die Kameraautomatik vertrauen. Und das können sie auch getrost bei beiden Geräten: Ist die intelligente Automatik aktiviert, wird die Bildhelligkeit korrekt eingestellt, ohne dass man sich darüber Gedanken machen müsste. Das funktioniert selbst bei Gegenlichtsituationen gut. Allerdings gibt es Situationen, in denen man beim Filmen darauf angewiesen ist, Einstellungen von Hand vorzunehmen. Bei einem Schwenk mit Helligkeitsveränderung im Motiv etwa sieht ein Nachregeln der Belichtungsautomatik meist nicht gerade elegant aus.

Für diese Situationen hat der Fotoapparat die AEL-Taste („Auto Exposure Lock"). Solange die gedrückt wird, bleiben die aktuell beim Start von der Automatik ermittelten Belichtungswerte erhalten – auch wenn sich vor der Linse die Helligkeit ändert.

Eine vergleichbare Funktion hat der Camcorder nicht. Auch bei den Bedienelementen hat die günstigere Fotokamera erstaunlicherweise deutlich mehr zu bieten: Blende und Belichtungszeit lassen sich mit einem Rändelrad auf der Kameraoberseite einstellen, zusätzlich gibt es ein kleines Rädchen am Objektiv zum Scharfstellen – und zwei Zoomhebel (einer am Auslöser, einer am Objektiv).

Nur ein einziges Einstellrädchen ist dagegen am Camcorder zu finden. Dort, wo es positioniert ist, muss man es sogar suchen: links unterhalb des Objektivs. Will man damit tatsächlich eine Kombination aus Blende und Belichtungszeit einstellen, ist das ziemlich fummelig (zudem werde ich wohl nie verstehen, warum man bei Panasonic-Camcordern die Blende nur nach der Belichtungszeit von Hand einstellen kann und nicht umgekehrt).

 

Einige frei belegbare Tasten sowie das deutlich besser strukturierte Menü runden den positiven Eindruck der Fotokamera gegenüber dem Camcorder desselben Herstellers ab.

Soll Zubehör wie ein Mikrofon oder eine Leuchte auf dem Gerät untergebracht werden, gibt's dafür oben auf der FZ 300 einen Zubehörschuh. Beim Camcorder VX 878 kann man zunächst keinen entdecken. Er findet sich aber in Form eines zusätzlichen Adapterschuhs im mitgelieferten Zubehör und muss erst oberhalb des Akkus in das Gehäuse gesteckt werden.

MOTIVBEURTEILUNG

Der Camcorder hat einen ausklappbaren Touchscreen, der stets auch Aufnahmeinformationen und bei Bedarf das Einstellmenü ins Motiv einblendet. Die Fotokamera erlaubt es, diese Einblendungen auszuschalten. Zudem hat sie einen elektronischen Sucher, der bei schlechten Sichtverhältnissen eine wesentlich verlässlichere Motivbeurteilung ermöglicht als die Nur-Display-Lösung des Camcorders – ein schwerer Nachteil für dessen Filmpraxis im Freien und ein Vorteil für die Fotokamera.

Die Fernsteuerung per Smartphone ist bei beiden Geräten möglich – auch Videoaufnahmen lassen sich so fernauslösen, wenn eine WLAN-Verbindung zwischen beiden Geräten besteht. Die App zur Kamerafernsteuerung ist für beide Geräte die selbe, wobei der Funktionsumfang für die Fotokamera etwas größer ist.

AUTOFOKUS

Wer in seiner Freizeit filmt, möchte sich wohl nur gelegentlich damit beschäftigen, dass die Aufnahmen richtig scharf werden – das soll möglichst automatisch klappen, und zwar in jeder Situation.

Hier ist der Camcorder tatsächlich einmal überlegen: Während sich der Autofokus der Fotokamera schwer tut, bewegte Motive stets im Schärfebereich zu behalten, klappt das mit dem Camcorder meist gut. Das hängt allerdings unter anderem damit zusammen, dass wegen des wesentlich kleineren Aufnahmesensors ohnehin ab einem Abstand von wenigen Metern praktisch alles scharf wiedergegeben wird. Soll von Hand scharfgestellt werden, bieten beide Modelle eine praktische Kantenbetonung, die sich individuell anpassen lässt.

SONDERFUNKTIONEN

Bei den weiteren Funktionen steht der Zeitlupe des Camcorders (nur für HD-Aufnahmen verfügbar) der recht frei programmierbare Zeitraffer der FZ 300 gegenüber. Zwei Funktionen, die tolle Effekte ermöglichen, die jeden Film aufwerten können. Welcher davon der wichtigere ist, muss wohl jeder für sich entscheiden. Da ich allerdings schon vom 4K-Virus befallen bin, hege ich auch hier gewisse Sympathien für die Foto-Kamera.

Panasonic VX 878 Weitwinkel Tele Panasonic VX 878 Weitwinkel/Tele: Vom identischen Standpunkt aus nimmt der Camcorder den etwas schmaleren Bildausschnitt auf – bei beengten Verhältnissen wird das zur Einschränkung. Panasonic FZ 300 Weitwinkel Tele

Panasonic FZ 300 Weitwinkel/Tele:Der Fotoapparat bringt weit entferntes nicht ganz so dicht heran wie der Camcorder. Der maximale Blickwinkel ist dafür wesentlich weiter.

 

Akku und Speicherkarte Bei der FZ300 sind Akku und Speicherkarte so unter einer Klappe untergebracht, dass sie sich auf einem Stativ kaum wechseln lassen. Beim Camcorder ist das einfacher möglich.    

BILD- UND TONQUALITÄT

Bei Bild- und Tonqualität liegen die beiden Geräte dicht beieinander – nur bei sehr genauer Betrachtung ist festzustellen, dass der Camcorder etwas geringeres Bildrauschen zeigt, und dass er auch Bewegungen minimal flüssiger wiedergibt. Beim Ton ist der Camcorder dank 5.1-Mikro überlegen – wobei auch bei ihm leider die Bediengeräusche deutlich auf der Tonspur zu hören sind. Eine Mikrofonbuchse haben beide Geräte, der Camcorder hat zur Kontrolle aber auch einen Kopfhöreranschluss. Auch wenn keines der Geräte bei der Qualität der 4K-Aufnahmen einen Spitzenplatz erzielt: Die Videos können sich sehen lassen!

FAZIT

Ich habe hier gar nicht alle Aspekte erwähnt – einer der wesentlichsten Punkte ist wohl der, wie wohl man sich fühlt, wenn man das jeweilige Gerät in der Hand hält. Ich muss sagen: Die Fotokamera mit ihren Bedienelementen und dem stabileren Gehäuse ist mir auch hier sympathischer.

Auch von der Größe her kommt sie meinen Vorstellungen näher. Die klassische Haltung, in der sich der Camcorder dank der Handschlaufe bringen lässt, funktioniert meiner Meinung nach nur dann besser, wenn man das Motiv durch einen Sucher betrachtet – so etwas hat der VX 878 aber nicht. Am Ende bleibt nur der beim Filmen etwas effizientere Bildstabilisator, der für den Camcorder spricht. Ein schwaches Argument. Vor die Wahl gestellt, welches dieser beiden Geräte ich zum Filmen mit in den Urlaub oder zur Familienfeier nehmen möchte, entscheide ich mich klar für die Fotokamera Lumix DMC-FZ 300.

R. Claaßen

 

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