Test: Sony FDR-X 1000 VR und HDR-AS 200 VR
Ständig hinterher, den Abstand verringern, gute Bilder einfangen: So entstehen ansprechende Action-Aufnahmen. Doch das Bild lässt sich auch auf den Markt selbst übertragen: Immer voraus GoPro mit seinen Action-Helden und Sony hinterher. Der japanische Hersteller möchte den Camcorder-Markt nicht verlieren, man verstand sich ja jahrzehntelang als Technikführer – bis man den anbrechenden Action- Cam-Trend verschlief. Doch Sony ist schon vor gut drei Jahren hellwach geworden, und hat inzwischen eine ganze Palette an Action-Cams im Programm. Mit den neuen Top-Modellen hat man zumindest technisch zum Marktführer aufgeschlossen – mit geringerer zeitlicher Verzögerung als bei der letzten Modellgeneration. Der Abstand wird also kleiner. Die Frage ist, ob Sony mit der X 1000 an der GoPro Hero 4 Black (Heft 1/2015) in unserer Bestenliste vorbeiziehen kann. Und die Chancen stehen gut, dass das auch mit der AS 200 klappt, die genau genommen eher als Jägerin der GoPro 4 Silver einzustufen ist.


Auch wenn wir letztere im zweiten Action-Cam-Artikel dieser Ausgabe testen (Seite 24) – im Testvideo des Webtipps läuft die Mittelklasse-Hero auch im Sony-Vergleich mit. Dieser Artikel soll klären, wer künftig wen verfolgt.
BAUARTBEDINGT
Sony bleibt auch bei der neuen Generation bei der bereits gewohnten länglichen Bauform und setzt damit einen Kontrapunkt zum Streichholzschachteldesign, das GoPro prägte. Vorteile gibt es für die viereckigen Action-Cams, wenn man sie vor der Brust trägt, während sich die länglichen Sonys leichter auf Augenhöhe am Helm befestigen lassen. Nachdem die HDR-AZ 1 (Ausgabe 1/2015) deutlich kompakter wurde, ist nun wieder Wachstum angesagt. Wobei das 4K-Modell X 1000 weniger gewachsen ist als das dazugehörige Schutzgehäuse – das ist aber nun immerhin statt bis fünf Meter (wie bei der AS 200) sogar bis zehn Meter wasserdicht.
Im Vergleich mit den GoPro-Modellen liegt man damit dennoch hinten: Die kann man immerhin auf 40 Meter unter Wasser mitnehmen. Allerdings haben beide Sony-Gehäuse eine wasserdichte Membran vor den Mikrofonöffnungen, das den Ton besser durchlässt. Das ist ein klar hörbarer Vorteil, zumal beide weiterhin Stereoton aufzeichnen. Auch Sonys Action-Cams bleiben im Schutzgehäuse komplett bedienbar. Bei normalen Aktivitäten brauchen sie das nicht mal, denn sie sind selbst spritzwassergeschützt. Die X 1000 hat ein 1/4-Zoll- Stativgewinde, die AS 200 benötigt den mitgelieferten Adapter, womit sie dann ebenso groß wird. Um hingegen die GoPros ohne Schutzgehäuse auf ein Stativ zu bekommen, muss man weiteres Zubehör in Form von speziellen Rahmen zukaufen. Getestet haben wir die beiden Actioncams in der Version VR – also ohne spezielle Halterungen, aber mit Fernbedienungsarmband.



Beide Modelle gibt es auch günstiger ohne die Fernbedienung für 449 beziehungsweise 299 Euro.
BEDIENUNG
Die AS 200 ersetzt die AS 100 – kommt aber mit der von der AZ 1 bereits bekannten Fernbedienung RM-LVR 2, die somit nicht nur eine Vorschau- und Start-Stopp-Funktion bietet, sondern auch die Menübedienung. Im Gegensatz zu Sonys Winzling gibt es aber weiterhin das seitliche Monochrom- Display an beiden neuen Top-Modellen, so dass sie ohne die Fernbedienung zu steuern sind. Die Menüdarstellung ist wegen der oft kryptischen Abkürzungen auf dem kleinen Display aber verbesserungswürdig. Die Hero-4-Cams lassen sich besser am Gerät bedienen. Gerade am Anfang ist lästig, dass Sony nach jeder Änderung im Menü wieder in den Kamera-Modus wechselt. Da spielt es keine Rolle, ob man an der Kamera, mit der Fernbedienung oder der App arbeitet. Doch komfortabler ist die Bedienung mit der Fernbedienung allemal – und dabei auch übersichtlicher als das Touch-Menü der GoPro Hero 4 Silver. Gegenüber der Black-Edition des Marktführers, für die es nur via optionalem Monitor eine Vorschau gibt, punktet Sony bei der X 1000 mit Vorschau auf der Fernbedienung – und entsprechend besserer Bedienbarkeit. Zumal Sony den ersten Kopplungsprozess von Fernbedienung und Kamera stark vereinfacht hat, so dass er weitgehend selbsterklärend ist.
Zudem stellt die Fernbedienung in nicht einmal sieben Sekunden die Verbindung zur eingeschalteten Action-Cam her. Gut gefällt uns die Möglichkeit, die Kamera dauerhaft via USB mit Strom versorgen zu können, so dass man etwa während einer Motorradfahrt die Kamera immer in Bereitschaft halten kann. Zusammen mit der langen Bereitschaftszeit der Fernbedienung ist das in der Praxis eine gute Option. Schade allerdings, dass man mittels Fernbedienung die Cams weder aus- noch einschalten kann – hier ist GoPro im Vorteil. Immerhin schalten sich die beiden weißen Sonys auf Wunsch nach einer gewissen Zeit automatisch aus. Zudem bieten sie die Bedienung mit nur einer Taste: „Record" drücken, und die Aufnahme beginnt – aber diesen Modus kann man auch bei GoPro schon länger im Menü aktivieren.


FUNKTIONEN
Was unterscheidet eigentlich eine AS 200 von der X 1000? Natürlich die 4K-Aufnahme. Richtiger müsste man sie mit ihren 3840 mal 2160 Pixeln als UHD-Auflösung bezeichnen. Aber sei's drum: Sony nennt auch UHD, wie der Rest der Welt, 4K. Doch auch eine Auflösungsstufe tiefer ist die X 1000 der kleinen Schwester überlegen: Sie zeichnet im XAVC S-Format mit 100 Megabit auf, während die AS 200 nur 50 Megabit beherrscht. Ob sich das sichtbar auswirkt, sollten unser Bildtest und die YouTube-Videos zeigen. Um auch hier mit dem Konkurrenten zu vergleichen: GoPro bietet mit dem Protunes-Modus ebenfalls einen erweiterten Codec, wenn auch mit geringerer Datenrate.
Letztlich im Vorteil ist GoPro mit dem 2,7K-Aufnahmemodus, der Bildausschnittsänderungen beziehungsweise die nachträgliche Bildberuhigung ermöglicht. Da hält Sony mit einer integrierten Bildberuhigung dagegen, die deutlich verbessert wurde. Schade allerdings, dass sie im 4K-Modus nicht funktioniert, was sich durch die Sensorauflösung erklärt: Beiden Action-Cams verpasste Sony einen neuen 1/2,3-Zoll-Sensor, der mit 8,8 Megapixeln nur knapp halb so hohe Auflösung bietet wie der in den Vorgängern und somit keinen Spielraum für die Bildberuhigung in 4K hat.
Neu dabei ist der Loop-Modus, in dem die Cams permanent aufzeichnen, das Aufgezeichnete dann aber erst nach Drücken des Auslösers dauerhaft sichern. Zwischen 5 und 120 Minuten darf man die Videoschleife einstellen.


Beim Thema Zeitlupe schließt die X 1000 zur Hero 4 Black auf: Sie beherrscht die Full-HD-Aufnahme mit 120 Vollbildern – also je nach Ausgabe mit bis zu vierfacher Verlangsamung. Apropos 4K: Auch hier gibt's einen Gleichstand mit dem Rivalen aus Amerika: Maximal 30 Vollbilder sind in diesem Modus machbar, wobei man der Fairness halber auch Panasonics HX-A 500 (Heft 5/2014) erwähnen muss, die tatsächlich die erste Kamera mit „echtem" 4K war. Dazu gibt's, wie allgemein üblich, den Foto- und Timelapse-Modus. Letzteren mit der Idee, dass man einfach mal die Kamera hinstellen und alle paar Sekunden eine Aufnahme machen lassen kann. So flirren später die Wolken im Zeitraffer über den Himmel.
Dabei machen die Kameras Einzelbildaufnahmen, die dann im Gerät noch zum Video zusammengefügt werden. Die Fotoauflösung liegt bei 8,8 Megapixel – da sollte man davon ausgehen, dass man auch gute 4K-Timelapse-Aufnahmen hinbekommt. Doch genau hier enttäuschte uns die X 1000: Sie schießt die Serienbilder leider nicht in voller Sensorauflösung, sondern nur mit 5,4 Megapixeln – was in 4K zwangsläufig die Bildqualität verringert. Arbeitet man mit der X 1000 in Full-HDAuflösung, fällt dies nicht so stark ins Gewicht, wenn auch die Bildqualität weniger knackig wirkt als im Filmmodus.
Das trifft dann auch auf die AS 200 zu. Somit geht dieser Punkt klar an die Hero-4-Modelle, die im Timelapse-Modus keine Einschränkungen haben. Besser stellt sich Sony dagegen mit der Anschlussvielfalt: Die Miniklinken-Buchsen erlauben bei beiden Action-Cams das Ankoppeln eines Mikrofons. Bei GoPro benötigt es dazu einen umständlichen und kostenpflichtigen USB-Klinken-Adapter. Kaum einen Unterschied gibt's hingegen bei der Akkulaufzeit – gut 90 Minuten im Full-HD-Modus halten Sony wie GoPro durch. Bei 4K sinkt bei der X 1000 die Laufzeit auf knapp 60 Minuten – aber GoPros Hero 4 Black macht's nicht besser.
KOMMUNIKATION
Ganz neu ist der Live-Modus, mit dem Sony an das anknüpft, was vor knapp zehn Jahren die MV-Camcorder schon mal konnten. Die Kamera nimmt dabei via WLAN Kontakt mit einem Rechner auf, der via Smartphone die Videodaten (nahezu) in Echtzeit auf die Streamingplattform Ustream überträgt. Wobei die Verzögerung, je nach Verbindungsqualität, durchaus bis knapp an die halbe Minute sein kann. Die Einrichtung ist relativ komplex, verlangt nach einer Registrierung bei Ustream und der Installation von Sonys kostenfreier Software Action Cam Movie Creator, über die man die Netzwerkeinstellungen der Action-Cam vornehmen muss. Ob man mit dieser bisher nur bei Sony integrierten Funktion GoPro Kunden abspenstig machen kann, wagen wir zu bezweifeln.
Den viel klareren Vorteil spielt Sony wieder mit dem in der Kamera integrierten GPS-Modul aus – zumal die kostenfreie Sony-Software diese Daten schön auswerten und grafisch ins Bild einbinden kann. Zudem beherrscht sie die grundlegenden Schnittfunktionen. Doch eben das soll auch die Smartphone-App Play Memories können (genauer gesagt, die eigenständige App namens Movie Maker, in die innerhalb von Play Memories gewechselt wird).
Um es kurz zu machen: Wir finden die Schnittfunktionen relativ uninteressant und nicht besonders intuitiv umgesetzt.






Gratis Artikel

Testvideos
Zu beiden Actioncams haben wir zudem ein Video mit Praxis- und Testaufnahmen online gestellt.
Zwangsläufig gehen nicht alle Beiträge aus VIDEOAKTIV auch online. Das kostenfreie online stellen des für VIDEOAKTIV 4/2015 erstellten Testberichts "Aufholjagd" wird nachträglich unterstützt von Sony, so dass wir diesen Test kostenfrei anbieten können.
BILDQUALITÄT
Der Trend zu lichtstärkeren Kameras kommt mit dem neuen 8,8-Megapixel- Sensor nun also auch bei den Action-Cams an. Da weniger Pixel auf den 1/2,3 Zoll Senorfläche untergebracht sind, können die Pixel größer und somit lichtempfindlicher werden. Das wirkt sich bei Nachtaufnahmen positiv aus: Die beiden machen die Nacht zwar nicht zum Tag, doch bei Dämmerung zeigen sie ein vergleichsweise helles Bild mit mehr Details. Allerdings rauscht die 4K-Aufnahme der X 1000 sichtbar mehr. Im Full-HD-Modus sind die beiden Action-Cams aber gleichauf und den Hero-Modellen weit überlegen. Wobei beide Sonys, nicht nur bei wenig Licht, auf Lichtwechsel bezüglich Empfindlichkeit und Weißabgleich gekonnt reagieren: Sie steuern zügig nach, ohne dabei ruckartig vorzugehen oder zu übersteuern. Das ist vorbildlich.
Wie bereits von den vorherigen Modellen bekannt, verpasst Sony den Aufnahmen ein sehr flaches Farbprofil, was beim direkten Anschauen eher nicht so gut wirkt und Ungeübte dazu veranlasst, es als schlecht zu empfinden.
Tatsächlich ist es ein Vorteil, da man in der Nachbearbeitung so wesentlich mehr Einfluss auf die einzelnen Parameter nehmen kann. Und wer doch einfach ein bunteres Bild sehen will, nimmt den Modus „Vivid" und bekommt dann deutlich sattere Farben zu sehen. Sony verbaut bei beiden Action- Cams die gleiche Optik mit dem Gütesiegel Zeiss Tessar. Warum auch immer: Im direkten Vergleich fällt die Randunschärfe bei beiden erheblich schlechter aus, als wir das bisher von Sony kannten. Die sonst problemlose Weitwinkelmessung war dieses Mal durch die Unschärfe eher problematisch, da die Skala zum Rand hin kaum noch auswertbar war. Detailzeichnung gibt's hier eigentlich keine mehr.
Wir kommen im Weitwinkel statt auf die angegebenen 170 Grad bei beiden Modellen auf 131 beziehungsweise 97 Grad bei eingeschaltetem Bildstabilisator – das entspricht dem, was wir bei der AS 100 auch ermittelt haben und liegt über dem Wert der GoPro-Cams.
Was Kompressionsartefakte angeht, können wir zwischen den beiden Modellen (trotz höherer Bitrate der X 1000) keine großen Unterschiede ausmachen. Allerdings nimmt die Schärfe im Modus mit 100 respektive 120 Bildern etwas zu, dazu muss man allerdings schon genau hinsehen. Sony ist besonders auf den neuen Bildstabilisator stolz – nicht zu unrecht, denn der arbeitet tatsächlich erheblich besser. Der Haken ist allerdings, dass die unschönen Sensorfehler weiterhin zu sehen sind und den ruhigen Bildeindruck trüben.
Fazit, Datentabelle und alle Testergebnisse
finden Sie im unten verlinkten, direkt herunterladbaren Gratis-Artikel im PDF-Format.
Weitere Informationen zu den Sony Action-Cams gibts unter http://www.sony.de/electronics/action-cam/t/action-cam
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