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Filmwerkstatt: Compositing

Compositing kombiniert mehrere bewegte Bilder in einer Sequenz. Tolle Spezialeffekte verblüffen so den Zuschauer. Besonders im professionellen Bereich der Film- und Videotechnik arbeiten die Produzenten sehr oft mit Compositing. Die Postproduction fügt verschiedenste Bildsequenzen zusammen: So tobt ein computeranimiertes Monster durch die Realaufnahme von New York, die eigentlich leeren Wände hinter dem Nachrichtensprecher zeigen die aktuellsten Bilder und beim Interview verrät eine aufregend animierte Bauchbinde dem Zuschauer den Namen des Redners.


 

Die Bezeichnung Compositing entstand mit dem Übergang vom Analogschnitt zum digitalen Schnitt im Rechner: Mit einer Software werden verschiedene Filmszenen gleichzeitig in das Fernsehbild transferriert - eine „Komposition" aus bewegten Bildern entsteht. In der Werbung, im Fernsehen, im Kino, fast überall, wo bewegte Bilder erscheinen, sind diese „Kunstwerke" zu sehen – oder nicht zu sehen, denn die hohe Kunst des Compositings besteht gerade darin, die verschiedenen Bildelemente so zusammenzukopieren, dass der Zuchauer von den „retuschen" später nichts merkt.

Compostiting Compositing: Mit einer Software werden verschiedene Filmszenen gleichzeitig in das Fernsehbild transferriert. Compositing1 Nachrichten: Es erscheinen im Hintergrund meist Bilder zu den neuesten Meldungen, die mit Hilfe von Compositing eingefügt werden.

Ein ganz normalen Fernsehabend: Zuerst kommen die Nachrichten. Der Sprecher berichtet von den aktuellsten Ereignissen und hinter ihm werden die dazu passenden Fotos gezeigt. Im Studio hängen diese Bilder nicht an der Wand und eine Aushilfe wechselt sie bei jeder neuen Meldung aus, sondern hinter dem Sprecher befindet sich eine blaue, oder auch grüne Fläche, die später im Bild unsichtbar wird. An Stelle dieser Fläche werden die Bildmischer also das Bild einfügen, das im Hintergrund erscheint. Eine Liveschaltung ans andere Ende der Welt folgt, der Reporter berichtet von den brandaktuellen Neuigkeiten. Am oberen Rand des Bildes wird darauf hingewiesen, dass dies eine Live-Sendung ist, unten informiert eine Bauchbinde über den Namen und Aufenthaltsort des Reporters. Titelanimationen sind eine spezielle Form des Compositings.Der Wetterfrosch oder Kachelmann steht ebenfalls vor einer großen Bluebox. Hier wird die Bildmischung aber schon zum Compositing, denn das Hintergrundbild mit seinen Wirbeln, Satellitenüberlagerunen, und Grafikeinblendungen ist wieder aus zahlreichen Elementen zusammengebaut.


Die Sendung ist zu Ende, es folgt ein Programmhinweis, der eine reihe bewegter Bildchen wie ein Filmstreifen ablaufen läßt. Aus dieser Serie von PiPs (Picture im Picture) löst sich ein Bild, wird größer und zeigt dann Formatfüllend Ausschnitte aus einer später zu erwartenden Sendung. Dazu gibt es Grafik- und Schrifteinblendung. Insgesamt sind 12 Schichten von überlagerten Bildinformationen im Einsatz.Beim Compositing, der Technik des Vermischens von Bildinfornmationen zu einem neuen Gesamtergebnis, wird mit Layern gearbeitet. Layering, das bedeutet, dass Bildmaterial im Nachbearbeitungsprogramm in verschiedenen Spuren, auch Layern genannt, angeordnet wird. Aus den oberen Layern werden entweder Formen herausgestanzt, in denen die unteren Bilder dann zu sehen sind, oder kleinere Bilder werden über die formatfüllenden, großen Videos gelegt. Das ist jedenfalls der heute übliche Ablauf. Einige spezielle Effektprogramme arbeiten auch in umgekehrter polnischer Notation: Das bedeutet: Tieferliegende Schichten können „freiradiert" und bildrelevant bearbeitet werden.

Compositing2 Interview: In einem Interview verrät die Bauchbinde am unteren Rand, weitere Informationen über die Person. Compositing4 Spezial Effekte: Diese werden mit professionellen Tools wie Adobe After Effects erstellt.

Parallel laufende Videospuren sind gleichzeitig aktiv. Wenn zum Beispiel aus einem Video nur eine Person zu sehen sein soll und ein anderes Bild den Hintergrund ersetzen soll, muss aus jeder Information ein Teil des Bildes nach elektronischen Algorithmen verändert werden. Zum Beispiel stanzt der Chromakey einen bestimmten gesättigten Farbton aus dem Video heraus, es wird sozusagen eine Maske erstellt, die sich bei Bewegungen im Bild von Bild zu Bild ändert. Die Software entfernt alle Bildteile des Videos, die diese Farbe enthalten. Der bekannteste Anwendungsbereich des Chromakeys ist die Bluebox, Eine andere Keyfunktion ist der Luminanzkey, er arbeitet etwa auf die selbe Weise, wie der Chromakey, nur dass hier Grauwerte statt Farben eliminiert werden. Blenden (Wipes) ergeben sich, wenn diese Grauwerte nach vorgegebenen Funktionen ablaufen. Differenzial-Keys radieren die Veränderungen zwischen einem Original und einer Zweitaufnahme automatisch aus dem Bild. Masken enthalten nur wichtige Bildbestandteile, die ins Bild an wichtiger Stelle eingesetzt werden. Beispielsweise der animierte Wasserfall in der realen Urwaldlandschaft.

Es gibt eine Menge Spezialfunktionen – ähnlich wie bei Fotobearbeitungsprogrammen, mit denen Bildstrukturen der verschiedenen Bildelemente vermischt – oder getrennt werden können.Die zweite Stufe des Compositings ist das Herstellen von Containern oder Nesting. Dabei werden mehrere Spuren zusammengefasst und wie eine einzige Spur behandelt. Die timeline stellt genestete Sequenzen auch nur in einer Spur dar. Der Grund: Diese Zusammenbindung bildet einen guten Schutz gegen versehentliches Verschieben oder Löschen von Einzelelementen dieser fragilen Spurenkomplexe. Außerdem können Effekte wie Gradationsanpassung oder Farbkorektur mit einem Befehl identisch auf alle Spuren angewendet werden.


Compositingbeispiel: Profesionelle Titelanimation

 

Auch mit einfacher Schnittsoftware sind einige Compositing-Effekte realisierbar.

Compositing schafft entweder atemberaubende Effekte oder ist im Endergebnis nicht sichtbar. Professionelle Compositing-tools wie After effects, Inferno, Flame oder Combustion kreieren spektakuläre Videowelten, doch einfache Schnittsoftware ermöglicht sinnvolle Compositings.

Interview1 Für Einsteiger: Auch mit einfacher Schnittsoftware sind Compositing-Effekte realisirbar. Interview2 Bauchbinden: So fügt man sie in ein Video ein.

Für die Geburtstagsfeier ihres Bruders haben Sie Interviews seiner Freunde aufgenommen, um diese richtig in Szene zu setzen wären animierte Bauchbinden, wie sie im Fernsehen verwendet werden genau das Richtige. Bauchbinden - das sind die farbig animierten Namensbalken unter dem Kopf eines Sprechers. Mit ein paar Tricks erstellt auch ein Einsteiger-Schnitt-Programm wie Adobe Premiere Elements ähnliche Bauchbinden ohne großen Aufwand. Das Interview selbst wird als erstes auf die unterste Filmspur gezogen. Eine beliebige Videoaufnahme wird nun in die nächste Spur gezogen. Ihr Sinn: Sie wird so sehr verfremdet, dass sie einer Animation mit sich wandelnden Farben und Formen ähnelt, denn moderne Bauchbinden zeigen Bewegung und schicke Muster im Hintergrund der Schrift.


Um eine passende Bauchbinde für die Interviews basteln zu können sollte auf der Aufnahme Bewegung zu sehen sein, zuviel Action ist allerdings auch nicht gut. Ein Spaziergang hat etwa die richtige Geschwindigkeit, da sich die Personen gemessen durchs Bild bewegen. Auch die Farben sind wichtig, sie sollten zum Interviewbild passen und nicht zu bunt sein. Jetzt wird das Bild gestaucht und etwa auf die Größe einer Bauchbinde skaliert.

Bauchbinde1 Bewegung in der Aufnahme: Für die passende Bauchbinde ist etwas Bewegung im Bild von Vorteil. Bauchbinde2 Die Bauchbinde verschönern: Mit passenden Filtern wird das Aussehen den eigenen Wünschen angepasst.

Die Personen im Bild sind nun zwar verzerrt, aber immer noch erkennbar, deshalb helfen verschiedene Filter auch die letzte menschliche Silhouette unkenntlich zu machen. Zum Beispiel kann die Farbbalance die Farbe noch besser auf das Hintergrundbild optimieren, der Helligkeitsregler sorgt für Lesbarkeit der Schrift. Ein Verzerrungsfilter bringt die immernoch erkennbaren Formen durcheinander und der Gaußsche Weichzeichner sorgt für harmonische Farbübergänge und ein weiches Auslaufen der Bauchbinde an der Seite. Optimal platziert wurde der Schrifthintergrund auf einer Seite über den Rand des Filmfensters hinausgezogen und damit abgeschnitten, auf der anderen Seite läuft er dank des Weichzeichners langsam aus.Damit die Bauchbinde nicht abrupt im Film erscheint wird sie mit einer Überblendung animiert. In diesem Beispiel lässt eine weiche Blende das Bild langsam auftauchen und wieder verschwinden.Professioneller wird die Bauchbinde, wenn sich die Bewegung während der Schrifteinblendung wiederholt: Hierzu wird der Clip umgedreht (rückwärts abgespielt)und alternierend mehrfach kopiert. Jeder Clip muss nur wenige Sekunden lang sein. Das Endbild eines Clips entspricht jetzt stets der Ausgangsposition des anderen.


Nun fehlt noch der Text, er gehört auf die dritte Filmspur und sollte so formatiert sein, dass er ausreichend Platz auf der Bauchbinde findet und trotzdem groß genug und leserlich ist. Der Text wird ebenfalls mit Überblendeffekten animiert. Jedoch sollte darauf geachtet werden, dass nicht zu viel Action ins Bild gerät, denn dann werden die Zuschauer nicht mehr auf die sprechende Person achten, sondern sich nur noch auf die Bauchbinde konzentrieren. Hier ist bereits ein Nesting sinnvoll: Verzerrten Hintergrund und Schrift der Bauchbinde getrennt erstellen, als neue Sequenz zusammenfassen und erst dann gemeinsam positionieren. Sonst müssen die Längen und Bildpositionen stets getrennt korrigiert werden.

Bauchbinde3 Text: Alle Informationen in textlicher Form kommen auf die oberste Filmspur. Bauchbinde4 Platz schaffen: Hat man Bauchbinde mit Aufnahme und Schrift fertig, sollte man alles Gruppieren um wieder mehr Platz zu haben.

Eine zweite Bauchbinde für die andere Person erhöht die Zahl der Layer bereits auf fünf Filmebenen. Wenn das erste Interview nun fertig ist sollten die einzelnen Elemente gruppiert werden. Dazu werden alle zusammengehörigen Elemente auf der Timeline ausgewählt, ein Rechtsklick öffnent das Menü in dem die Option Gruppieren ausgewählt werden kann. Nun ist das Interview auf der Timeline verschiebbar, ohne dass die einzelnen Elemente durcheinander geraten.

(jos)

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