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Erfahrungsbericht: mit der DJI Avata 2 auf Vulkandreh in Indonesien

Bei VIDEOAKTIV testen wir Produkte immer in der Praxis. So musste sich die DJI Avata 2 nach unserem Praxisbericht bei unserem „Außenreporter“ Martin Gremmelspacher im Langzeit-Test in Indonesien bewähren. Seinen Erfahrungsbericht lest Ihr hier.


VA praxis logo 50px Erfahrungsbericht: Mit der DJI Avata 2 auf Vulkandreh in Indonesien

Indonesien ist wohl so etwas wie das Drohnenparadies schlechthin. Denn hier gibt es abgesehen von den weltweiten Regeln, wie beispielsweise Flugverbotszonen um Flughäfen und Militärgelände, kaum Einschränkungen. Also bin ich, ausgestattet mit Avata 2 samt Motion Stick und Goggles 3, für Dreharbeiten per Schiff und eigenem Auto auf die Inseln Flores und Komodo gereist – letztere dürfte manchen durch die Komodo-Warane bekannt sein, einer der größten Reptilien-Rassen der Welt. Praktisch, dass die Avata 2 dank der in der Fly More Combo enthaltenen Tragetasche noch vergleichsweise kompakt ist. Zusätzlich hatte ich als zweite Drohnenlösung die Mavic 3 Pro Cine dabei, von deren Qualität ich mich schon überzeugen konnte.

Martin Gremmelspacher liefert Aufnahmen und Praxiserfahrungen, Jonas Schupp die Moderation. Im Testvideo zeigen wir zahlreiche Testaufnahmen aus Indonesien.

ALLER ANFANG IST...

Da ich mit der Avata 2 und überhaupt mit FPV kaum Erfahrung hatte, bin ich zunächst an einen einsamen Strand gefahren. Das ist in diesem dünn besiedelten Teil Indonesiens nicht schwer und ein geeigneter Strand war schnell gefunden. Also schnell die Drohne ausgepackt und gestartet – so zumindest die Theorie. In der Praxis kommt man als unerfahrener FPV-Pilot nicht um Tante Google herum, um die Drohne in die Luft zu bekommen. War das dann jedoch geschafft, kam ich mit der Steuerung überraschend schnell zurecht. Auf den ganz langsamen Anfängermodus gestellt, traute ich mich fast schon sofort unter einem Schild durchzufliegen und in weniger als einer Akkuladung war ich schon infiziert vom FPV-Virus. Schneller als bewusst waren die drei Akkus der Fly More Combo aufgebraucht. Das heißt aber nicht, dass diese Batterien schnell leerlaufen. Im Gegenteil, pro Akku war eine Flugzeit von 20-23 Minuten möglich – verglichen mit der ersten Avata ist das ungefähr das Doppelte. Das Fliegen ist aber derart kurzweilig und so spaßig, dass die Zeit sozusagen mit der Drohne davonfliegt.

Avata 2 Gremmelspacher Strand

Um die Avata 2 richtig kennenzulernen, sucht man sich am besten eine große, freie Fläche. Im baumreichen Indonesien sind die zahlreichen Strände eine sichere Wahl.


ACTION AM VULKAN

Drei Tage dauert die Autofahrt von der Westküste Flores in die Stadt mit dem klingenden Namen Ende. Reist man nicht mit dem eigenen Wagen, sind die einzige Möglichkeit der Fortbewegung oftmals dürftige oder gar nicht erst vorhandene öffentliche Verkehrsmittel. Mietwagen sind mit 135 bis 180 Euro pro Tag sehr teuer und kommen immer mit Fahrer, der einen dann in einer Mischung aus Taxifahrer und Touristenführer herumkutschieren. Also nimmt man die kurvenreichen und engen Straßen sowie den abenteuerlichen Verkehr Indonesiens in Kauf und versucht, sich nicht an den Mopedfahrern mit Todeswunsch, essenden Menschen auf der Straße und Ziegen und Kühen hinter der nächsten Kurve zu stören. Die einzige Alternative zum eigenen Auto sind Scooter, die aber allein schon aufgrund des beschränkt mitnehmbaren Gepäcks für diesen Auftrag nicht in Betracht kamen.

Avata 2 Gremmelspacher Kelimutu

Erster Drehort war der Kelimutu mit seinen charakteristischen drei Kraterseen. Mit der Avata 2 sind Kamerafahrten direkt entlang der steilen Kraterwände möglich.

Ende ist ganz im Gegensatz zu seinen sehr freundlichen Bewohnern nicht gerade einladend, eignete sich aber als Zwischenstopp zum nächsten Drehort, dem Vulkan Kelimutu. Dieser ist bekannt für seine drei verschiedenfarbigen Kraterseen und liegt inmitten des gleichnamigen Naturschutzgebietes, in welchem man zwar Eintritt bezahlen muss, das Drohnenfliegen aber erlaubt ist. Nach 15 Minuten Fußmarsch vom Parkplatz unterhalb des Vulkans bis zu dessen Spitze habe ich erstmal die mir bekannte Mavic 3 Pro Cine steigen lassen. Diese ist seit dem VIDEOAKTIV-Test aus dem Februar mein neuer Liebling mit schönen, dynamischen Bildern und ProRes-Aufnahme. Auch am Kelimutu wurde ich nicht enttäuscht: Baumfarne im Morgenlicht, Aussichten bis hinunter zum Meer und über allem liegt ein wundersamer kühler Nebel. Man sieht man die gesamte Hintergrundwelt und einen Berg, der zwar aussieht wie ein Vulkan, aber keiner ist und auch keinen Namen hat. Dank D-Log und ProRes war ich schnell in der Lage, fernseh- und kinotaugliche Bilder zu produzieren.

DJI Mavic 3 Pro Cine Front

Da wir uns bei Dreharbeiten nicht allein auf die Testgeräte verlassen, haben wir immer vertrautes Equipment dabei. In diesem Fall die Mavic 3 Pro Cine, die sich schon im VIDEOAKTIV-Test bewähren konnte.

Nach der Cine war die Avata 2 an der Reihe, wobei ich bei meinem Standpunkt darauf geachtet habe, gut Abstand vom Kraterrand vom Kraterrand zu halten. Denn wer FPV geflogen ist, kennt das Phänomen, dass einem im „Tunnel“ durchaus mal das Gleichgewicht abhandenkommt. Es gibt bestimmt Angenehmeres als einen Sturz über 40 Meter mit anschließendem Bad im tödlichen Säuresee. Ist die eigene Sicherheit hergestellt, hält einen nichts mehr auf, die Avata 2 in vollen Zügen zu genießen. Das Flugerlebnis einzigartig und die Aufnahmen so dynamisch wie selten zuvor. Ganz besonders gut gefällt mir die Möglichkeit am Stick, die Kamera sehr sachte und präzise nach oben oder unten zu steuern. So kann man sachte den Drehwinkel einstellen, ohne dass es während des Fluges irgendwie auffällt. Das Bild in der Goggle 3 beinhaltet eine Art Zielring. Mit dem kann man sehr exakt sehen, wo die Drohne noch durch, drunter, knapp vorbei oder genauso knapp drüber fliegt. Dadurch fühlt man sich außerordentlich sicher, man will gleich mehr und mehr und noch mehr. Weil ich keine Ersatzdrohne dabeihatte, habe ich trotzdem einen Sicherheitsabstand eingehalten und bin maximal im Normal-Modus geflogen

Avata 2 Medienbureauc 1059889

Die Steuerung der Avata ist typisch für FPV-Drohnen und damit deutlich anders als bei klassischen Drohnen. Das ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, gibt Anwendenden aber mehr Rückmeldung bei Flügen mit wenig Abstand.


BILDEINDRUCK

Die nächste Location, der nächste Vulkan. Dazwischen lagen mehrere Tage Rückreise über den Norden der Insel mit sehr engen Straßen sowie ein kurzer Aufenthalt auf Komodo mit seinen Waranen – die man übrigens nicht mit der Drohne filmen darf. Also weiter nach Surabaya und zum Tengger-Vulkan-Massiv mit seiner riesigen Caldera im Osten Javas. Innerhalb dieser Caldera liegt der Vulkan Bromo, welcher als warnendes Zeichen seiner Aktivität stetig und ununterbrochen raucht. Ich habe mir ein Zimmer gleich am Calderarand gebucht, morgens um halb sechs liegt dann direkt vor einem ein unwirkliches Bild. Wie von einem anderen Planeten liegt die Landschaft da, unangetastet qualmt der Bromo vor sich hin. Jetzt musste die Avata 2 ihr Bestes geben, allerdings nicht direkt in den Krater des Bromo hinein. Denn die Einheimischen glauben, dass dort einer oder mehrere Geister leben, in deren Umgebung man nicht eindringen darf. Wie ich in meinem Ratgeber zum Drehen im Ausland dargelegt habe, ist oberste Regel Freundlichkeit und Respekt – deshalb habe ich den Vulkankrater gemieden und die Avata 2 stattdessen in der Umgebung fliegen lassen.

Avata 2 Gremmelspacher Bromo

Die Strukturen innerhalb der riesigen Caldera des Tengger-Vulkan-Massivs rund um den Bromo bieten sich ideal für rasante Flugaufnahmen zwischen ihnen an. Dabei bekommt man schnell das Gefühl, wie in einem Düsenjet unterewegs zu sein.

Gerade dieses sehr realistische Gefühl, ganz vorne auf der Drohne zu sitzen, macht das Filmen mit der Avata so einzigartig. Genau deshalb geht der ganze Körper auch mit, ob man will oder nicht. Das macht Zwischenpausen notwendig. Ich persönlich habe jedenfalls keine volle Akkuladung in einem Flug durchgehalten. In dieser Zeit schwebt die Drohne ruhig in der Luft, was dank Knopfdruck einfach von der Hand geht. Also kurz die Brille hochklappen, durchatmen und – weiter geht es. Die Brille selbst hat eine ganze Reihe von sinnvollen Funktionen. Wenn man die Avata 2 in der Luft anhält kann man viel einstellen, wie beispielsweise die manuelle Belichtung. Auch die artistische Ader mit Flips und Saltos kann man hier ausleben. Aber genau solche Funktionen benötigen einen bestimmten Abstand vom Boden oder anderen Hindernissen. Ich jedenfalls konnte mich für diese Gimmicks nicht sonderlich erfreuen, denn richtig Sinn ergeben diese Tricks eigentlich nur, wenn man durch ein schmales Hindernis fliegt und genau in dem Moment einen Salto oder einen Flip einbauen kann. Genau das geht aber wegen dem voreingestellten Sicherheitsabstand zum Boden nicht. Eine klare Verbesserung der Anzeige des Sicherheitsabstandes würde zudem guttun. Denn wenn es drauf ankommt und man vielleicht nur Zentimeter über dem Boden oder dem Wasser entlangpfeift, ist die Abstandsmeldung um unteren Bildrand schlicht und ergreifend zu klein.

Avata 2 Gremmelspacher Bromo 2

Innerhalb der Caldera des Tengger-Massivs liegen der Schlackenkegel Batok (links) und der Bromo-Krater (rechts, rauchend). Die Bildqualität der Avata 2 ist gut und liegt ungefähr auf dem Niveau der Mini 4 Pro oder der neuen Flip-Drohne.

So ist es dann auch gekommen, wie es kommen musste: ein kleiner Busch Steppengras, hinter dem sich eine Sandfalle verbarg, die man schlicht nicht sehen konnte. Denn eigentlich wollte ich durch den Busch hindurchpfeifen, was natürlich nur im Sportmodus überhaupt möglich ist. So flog ich direkt in den Sand hinein, was die Avata 2 dank des schützenden Gehäuses zwar nicht kaputt, aber eine intensive und zeitaufwändige Reinigung nötig machte. Nicht umsonst bietet DJI inzwischen eine Avata ohne jegliches Zubehör an. Im Sportmodus hielten die Akkus dann auch nicht mehr 20, sondern nur etwas mehr als zwölf Minuten durch.

Avata 2 Medienbureauc 1059903

Die Akkulaufzeit beträgt in der Hitze Indonesiens etwa 20 Minuten im Normal- oder Cinemodus und etwa zwölf Minuten im Sportmodus. Damit schafft sie etwa die doppelte Flugzeit der ersten Avata.

FAZIT

Die Avata 2 ist eine Drohne, die einen heftigen Spaß- und Suchtfaktor auslöst. Durch das einzigartige FPV-Erlebnis gelingen mit ihr Bilder, die so nur schwer mit anderen Drohnen machbar sind. Die Steuerung ist zu Anfang gewöhnungsbedürftig, geht dann aber sehr präzise von der Hand. Ich persönlich hätte mir noch eine Art Rückfahrkamera gewünscht, denn so sind Rückwärtsbewegungen ein reiner Blindflug und erfordern selbst in Ländern, in denen man alleine fliegen darf, eine zweite Person als „Aufpasser“.

Dank D-Log M kann man mit der Avata 2 professionell filmen, auch wenn man sich im Klaren sein sollte, dass man im Normalfall immer eine zweite, „klassische“ Drohne à la Mavic 3 Pro oder zumindest Mini 4 als Ergänzung zur Avata 2 braucht. Denn rasante Kamerafahrten aus der Vogelperspektive haben nur einen begrenzten Anwendungsbereich, in den meisten Fällen sind vor allem ruhige, sanfte Flüge gewünscht. Seitwärtsbewegungen sind mit der Avata 2 nur möglich, wenn man die optionale FPV-Fernsteuerung 3 dazu kauft. Für ist die Avata 2 deshalb eine Ergänzung zu meiner Hauptdrone, die Mavic 3 Pro Cine. Mit dieser Kombination bin ich für alle Kundenwünsche und Anwendungsbereiche gerüstet. Bleibt nur zu hoffen, dass die Avata 2 oft benötigt wird – denn jeder Flug mit ihr macht eine Menge Spaß.

 

Autor: Martin Gremmelspacher, Jonas Schupp / Bilder: DJI, Martin Gremmelspacher, Joachim Sauer, Jonas Schupp MEDIENBUREAU

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