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DJI Ronin RS 4: flexibler und für gewichtigeres Kamera-Equipment

Mit dem Ronin RS 4 bietet DJI ein neues Profi-Gimbal für Vollformat-Systemkameras und verspricht, dass die Stabilisierung mit höheren Kameragewichten klappen soll.


VA praxis logo 50px IM TEST:DJI Ronin RS 4 in der RS 4 Combo, 719 Euro

DJI stellt mit dem Ronin RS 4 den Nachfolger des DJI RS 3 vor, der erstmals mit der automatischen Verriegelung ausgestattet war. Was nach einem kleinen Schritt klingt, hat sich in der Praxis als durchaus großer Wurf entpuppt und ist entsprechend auch im Nachfolger, dem RS4 wieder mit dabei. Das neue Gimbal verkraftet immer noch 3 Kilogramm Kameragewicht, allerdings ist die Neigeachse nun um 8,5 Millimeter verlängert und erlaubt damit auch etwas größere Aufbauten. Dabei ist er RS 4 nicht der Ersatz des RS 3 Pro, der aus Carbon gefertigt wird, sondern für den ebenfalls auch Aluminium gefertigten RS 3 und damit der neue Einstieg in die Profi-Gimbal-Klasse. Mit einer Teflon-Beschichtung sollen die Achsen bei der Justage leichter einstellbar sein. Das größte Zugeständnis an die Realität ist eine Option, die Kamera nun schneller und ohne weiteres Equipment hochkant montieren zu können.

Wir erklären nicht nur die neuen Funktionen, sondern haben das RS 4 wieder bei mehreren Dreharbeiten getestet und liefern damit Belegaufnahmen für die Leistung.

JUSTAGEDer Haken ist immer noch die Baugröße der Kameras und nicht so sehr das Gewicht des Equipments, denn bis man mit einer DSLR auf drei Kilogramm kommt, muss man schon gewichtige Objektive einsetzen. Viele werden auf Gimbals dagegen mit vergleichsweise kompakten Festbrennweiten arbeiten, dafür aber eher noch eine Tonlösung oben draufbauen. Schon ein vergleichsweise kompaktes Mikrofon auf dem Zubehörschuh der Kamera führt dazu, dass man kaum ein Absinken bis in die bodennahe Aufnahme hinbekommt. Die mitgelieferte Stativplatte ist jedoch ausreichend lang, als dass man auch mit Zoomoptiken jonglieren kann, was dank der komfortablen Feineinstellschraube sehr leicht und vor allem schnell auch mal zwischendrin nach der Veränderung der Brennweite erfolgen kann. Im Gegensatz zum RS 3 Pro mit seiner Carbon-Bauweise ist das Ausrichten beim teflonbeschichteten Aluminiumkörper des RS 4 etwas weniger sanft, jedoch deutlich besser als beim unbeschichteten RS 3 Mini. Gerade mit der doch schweren Panasonic Lumix S Pro S-E2470E sind die Gimbal-Motoren überfordert, wenn man von Weitwinkel in den Telebereich wechselt, ohne dass man neu justiert. Dies ist dank des kleinen Drehreglers am Gimbal unter der Kamera-Montageplatte aber nicht nur schnell, sondern auch präzise möglich.

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Für die Position der Stativplatte und damit auch des gesamten Kamerasystems ist das bewährte Einstellrad zuständig. Dieses ist mit der Montageplatte verzahnt unt ermöglicht so präzise Justage.

HOCHKANTDJI hat schon lange erkannt, dass man um das Hochformat nicht mehr herumkommt. Deshalb ist es nichts neues, dass sie für die Ronin-Gimbals auch eine Lösung für die Montage im Hochformat anbieten. Neu ist, dass man den Seitenarm mit einer Schraube lösen und dann mit einer weiteren Taste entriegeln kann. Man muss zwar mit etwas Feingefühl den Arm schrägstellen um ihn dann letztendlich abnehmen zu können, doch anschließend findet man an der Unterseite noch einmal eine Aussparung und eine Verriegelung, so dass man die Platte einfach im Hochformat wieder an den Arm montieren kann. Das ist klever und zudem schnell verändert. Allerdings sollte man die Justage und idealerweise auch die Kalibrierung neu machen. Wer schnell ist, bekommt den Umbau mitsamt Einrichten dennoch innerhalb von weniger als fünf Minuten hin.

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Der untere Arm lässt sich auf unterschiedliche Weise montieren, so dass die Kamera wahlweise im Hoch- oder Querformat aufzeichnen kann.

 


HANDHABUNGFür schnelle Drehwechsel wird man das System verriegeln. Dazu hat man die Option, es mit einem kurzen Druck auf den Ausschalter mit ausgerichteter Kamera zu fixieren oder das Gimbal mit einem längerem Druck aus dem Ausschalter runter zu fahren. Dann legen sich die Arme ausgerichtet aneinander, was deutlich kompakter ist. Die Kamera ist dank der Stativplatte schnell abgenommen und dank der Skala wieder schnell in die passende Position gebracht. Schade, dass DJI auch weiterhin keine passende Tasche für seine Gimbals liefert, in die man es ohne weiteren Montageaufwand stecken kann. Das untere kleine Dreibein ist leicht und kann eigentlich ständig am System bleiben. Im Gegensatz zu den kleineren Gimbals ist es aber für die Kameraarbeit ohne Bedeutung, denn die linke Hand nimmt das Gimbal am unteren Griff, für die andere Hand gibt es den zweiten Führungsarm, so dass man beide Arme gleichmäßig belasten kann. Damit ist die Ergonomie auch für längere Drehtage deutlich besser.

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Auch während eines Drehs ist der Betriebsmodus dank des Schiebeschalters schnell gewechselt.

DJI weiß inzwischen, wie die Bedienlogik eines Gimbals auszusehen hat und verändert die Bedienlogik nun unwesentlich. Es gibt weiterhin ein ausreichend großes Display. Das Menü lässt sich über den Touchscreen bedienen, wobei dessen Empfindlichkeit inzwischen gut ist und somit eine treffsichere Bedienung erlaubt. Allenfalls bei Kälte muss man mehrfach auf die virtuellen Displaytasten drücken, bis man dort angelangt ist, wo man hin möchte. Das gleiche Menü bedeutet natürlich, dass es die von uns schon viel kritisierte Zwangsregistrierung weiterhin gibt. Fünf Mal darf man mit dem Gimbal ohne DJI-Account arbeiten, dann wird es penetrant und stellt schließlich die Zusammenarbeit ein. Auch wenn die DJI-App prinzipiell gut ist und neben verschiedenen Bewegungsmusstern und Timelaps-Modi eben auch eine Feineinstellung bietet, finden wir diese Art der Kundengängelung für falsch.

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Das Display ist ausreichend hell und bietet die wichtigsten Funktionen im Überblick, so dass man auch während des Drehs sich relativ schnell in die Tiefen des Menüs begeben und Änderungen machen kann.

Das Gimbal bietet die wichtigen Funktionen als Direkt-Tasten an: Der Schiebeschalter an der Seite erlaubt die direkte Wahl, ob alle drei oder nur zwei Ebenen nur sanft nachgeführt oder das System die Horizontale stets ausgerichtet halten soll. Der Joystick ermöglicht die Nachsteuerung der Achsen, dürfte aber durchaus etwas feinfühliger reagieren. Man muss sich schon sehr konzentrieren, wenn man eine Achse langsam anlaufen lassen möchte. Gleichzeitig zwei Achsen bedienen geht, ist aber noch mehr Gefühls- und Konzentrationssache. Dafür kann der Joystick nun auf Wunsch auch auf die motorische Zoom-Regelung umgestellt werden, wenn diese montiert ist. Den roten Record-Knopf kann man via Bluetooth mit der Kamera verknüpfen – wenn man eines der passenden Modelle aufgesetzt hat.

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Der Joystick erlaub die Steuerung der Gimbal-Ebenen, dürfte aber noch etwas Feinfühliger reagieren damit sich die Achsen treffsicherer sanft anlaufen lassen.


STABILISIERUNGWir könnten es hier kurz machen und auf die Stabilisierungsleistung des bereits getesteten DJI Ronin RS 3 Pro verweisen. Denn auch wenn die Maße etwas anders sind, bügelt das RS 4 auch dann Bewegungen glatt, wenn man über den holprigen Acker läuft oder eben mal nicht ganz so sanft im Watschelgang läuft. Eher holpriges Rennen führt dann allerdings zu einer wenig ausgeglichenen Bildberuhigung. Besonders gut gefällt uns die Option, im Menü die Bewegungsgeschwindigkeit einstellen zu können, denn so kann man von eher sanften und gleitenden Bildern zur gewollt etwas ruckartigeren, subjektiven Kamera umschalten. Alles andere als neu: Drückt man die fordere Taste, lockert das Gimbal die Achsen und erlaubt so eine plötzlich dynamischer werdende Bildgestaltung.

DJI RS4 Arbeit

Das Gimbal folgt den bereits bekannten Bedienmustern. Wer sich etwas Mühe mit den Grundeinstellungen macht, bekommt die Feinabstimmung gut hin und bekommt auch auf unebenem Untergrund eine gute Beruhigung.

Auch wenn die Stabilisierungsleistung wirklich sehr gut ist, gibt es Einschränkungen: Die Achsen bieten keine echte 360-Grad-Freiheit, sondern sind deutlich eingeschränkt. Das fällt auf, wenn man die Perspektive besonders deutlich wechseln will oder auf eher „wildere“ Bildgestaltung steht. Oder aber wenn man etwas größere Aufbauten mit dem System stabilisieren will. Schon der kleine Empfänger des Rode Wireless Go passt gerade mal so noch auf unsere Lumix S5 Mark II X. Da bleibt für den Wechsel in die bodennahe Position gerade mal drei bis vier Millimeter Spielraum.  Dafür punktet das RS 4 mit deutlich längerer Akkulaufzeit. DJI spricht von knappen 30 Stunden – um es kurz zu machen: Wir haben das Gimbal in unseren Dreheinsätzen nie leer gemacht, sondern maximal auf 60 Prozent reduziert bekommen. Zwei, respektive drei Drehtage sollten mit dem Gimbal also machbar sein, auch dank der Abschalt- beziehungsweise Ruhemodus-Funktion. Das neue Modell unterstützt zudem den DJI Radio Videosender.

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Der Akku im Griff ist sehr kräftig und hält deutlich länger als einen Drehtag durch.

 

DATEN UND TESTERGEBNISSE

DJI RS4 Tabellenbild

Hersteller DJI Produkt Ronin RS 4 Preis 549 Euro (RS 4)719 Euro (RS 4 Combo) Internet dji.com Transportmaße 32,3 x 19,5 x 9,8 cm Gewicht 1800 Gramm KONNEKTIVITÄT Anschlüsse USB-C Bluetooth ● WLAN — GIMBAL 30 Punkte 24,5/sehr gut geeignet für bis 3 Kilogramm Transport-Eigenschaften verriegelbare Achsen, kleine Transporttasche Neigeachse -110 bis 210 Grad Rotations-/Drehachse -105 bis 240 Grad Panorama-Achse 360 Grad Überkopf-/Hochkantmodus ●/● MANUELLE BEDIENUNG 10 Punkte 7,5/sehr gut manuelle Gimbalsteuerung Joystick und Drehrad Record-Funktion für Kamera ● Zoom-Steuerung ○ Umschaltung der Betriebsmodi ● Gewindeschrauben für Zubehör 2x 1/4-Zoll STEUERUNG 15 Punkte 7/ausreichend manuelle ISO/Blende/Fokus ○/○/○ Weißabgleich — Bildwiederholfrequenz NTSC/PAL —/— autom. Verfolungsmodus ● autom. Panoramaschwenk ● AKKU 10 Punkte 9/hervorragend Akku-Kapazität/tauschbar mehr als 2970 mAh/— Gimbal-Akkulaufzeit ca. 25 Stunden Powerbank-Funktion ● BILDBERUHIGUNG 35 Punkte 28,5/sehr gut Treppenlaufen sehr gut Sanftes Laufen sehr gut Schnelles Laufen gut Objektverfolgung sehr gut Objektumrundung sehr gut va logo kl 100   Urteilmax.100 Punkte sehr gut76,5 Preis/Leistung gut

FAZIT

Joachim Sauer VIDEOAKTIV AutorDJI hat mit dem RS 4 sein Einstieg in die Profi-Klasse etwas perfektioniert. Die gr0ße Revolution bei den bekommt der Hersteller bei seinen Ronin-Gimbals nicht mehr hin, denn diese sind inzwischen einfach ausgereift und leicht bedienbar. Wirklich gut ist die Option das Gimbal innerhalt weniger Minuten und ohne weiteres Montagematerial auf Hochkant umrüsten zu können. Das ist aus unserer Sicht der größte Sprung vom Ronin RS 3 auf RS 4. Ob man das braucht, ist allerdings abhängig davon, für wen beziehungsweise welche Anwendungsart man tatsächlich dreht. Gerade durch die steigende Bedeutung von Social Media und Content für Apps, ist diese Option nicht unerheblich. Etwas mehr Bauhöhe erlaubt das RS 4, die Bedienung ist noch etwas besser als beim Vorgänger – die Motoren aber offensichtlich nicht kräftiger. Gerade im Zusammenspiel mit Zoom-Optiken wäre dies durchaus wünschenswert. Genug Akkuleistung hat das Gimbal auch für kräftigere Motoren. Genaugenommen könnte man darüber diskutieren, ob der Akku nicht kleiner und damit leichter sein dürfte. Denn am Drehabend nachladen ist ja nun wahrlich kein Problem.+ sehr gute Bildberuhigung+ lange Akkulaufzeit+ schnelle Justage+ schneller Umbau- kein kompakter Transport möglich- Zwangsregistrierung

 

Autoren: Joachim Sauer / Bilder: Joachim Sauer MEDIENBUREAU

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