Workshop: Ton verbessern und effektvoll mischen
Gab es eigentlich jemals einen reinen Stummfilm? Professionell betrachtet nicht, denn auch wenn die Filme anfangs ohne synchronisierten Ton vorgeführt wurden, so gab es dafür eine Partitur und eigene Kinoorgeln, die nicht nur für die musikalische Untermalung da waren, sondern auch für Toneffekte – vom Windrauschen über Türenquietschen bis hin zu Pferdegalopp. Der Grund für den Aufwand: Ein Film ohne Ton wirkt lasch, mitunter gar lächerlich. Ein großer Teil der Stimmung hängt von der Tonuntermalung ab. Weshalb man auch bei kleinen Projekten nicht einfach nur Musik unterlegen und denken sollte: Das reicht schon!
In diesem Workshop geben wir nicht nur Anregungen, wie man den vielleicht etwas verkorksten Originalton relativ leicht verbessern kann, sondern auch, wie man mit Effekten die Wirkung verstärkt. Denn neben dem Originalton und der Musik kommen Klangeffekte bei Filmemachern noch zu kurz. Als Basis für diesen Workshop dient uns CyberLinks PowerDirector – beziehungsweise die DirectorSuite, die neben dem genannten Videoschnittprogramm auch zwei Audiowerkzeuge beinhaltet.
Originalton verbessern
Der Originalton, der sogenannte O-Ton, ist die Basis für jeden Film. Viele Aufnahmen ergeben nur dann einen Sinn, wenn man die agierenden Personen versteht – aber eben das ist oft das Problem: Laute Umgebungsgeräusche oder Wind stören die Verständlichkeit. Deshalb ist klar: Wer in der freien Wildbahn Aufnahmen macht, sollte von vornherein mit einem Windschutz arbeiten. Bei Veranstaltungen mit hohem Geräuschpegel hilft nur ein Richtmikrofon, um gezielt Stimmen einzufangen. Störungen wie ein Windgeräusch bekommt man nie ganz weg, denn sie verteilen sich in der Regel über das gesamte Frequenzspektrum, so dass bei einer Korrektur auch der Ton beeinflusst wird, den man eigentlich hören will. Man kann dennoch an der Verständlichkeit des verbliebenen Tons arbeiten.

Die Option, die Tonspur aus dem Schnitt- in ein eigenes Audiobearbeitungsprogramm zu laden, bieten inzwischen viele. Nach der abgeschlossenen Audiokorrektur wird die Tonspur wieder passend ins Schnittprojekt eingeklinkt.
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In der Regel bieten die Schnittprogramme bereits Werkzeuge für die Rauschreduzierung an. Das ist meist eine sehr breitbandige Dämpfung, die bei Sprache wenig hilfreich ist. Etwas besser klappt die Korrektur mit Filtern, die eine Analyse des Störgeräuschs anbieten und so gezielt prüfen, in welchen Frequenzbereichen sich die Störungen befinden. Eine solche Option bietet der mit dem PowerDirector verknüpfte AudioDirector. Mit einem Rechtsklick auf die betroffene Datei öffnet sich das Kontextmenü und bietet die „Tonbearbeitung/Audio Director" an. Jetzt wird der Ton ins Audio-Programm geladen. Im Menü „Verbessern" findet man die Option für die Störgeräusche.
Nun markiert man eine kurze Passage, in der ausschließlich die Störgeräusche zu hören sind. Mit deren Analyse entwickelt das Programm ein Frequenzband, das mittels Dämpfung die Störungen reduziert. Trotz aller Automatiken: Bei Sprache ist der gute alte Equalizer meist hilfreicher. Die Sprachfrequenzen liegen zwischen 125 Hertz und maximal 8 Kilohertz, die wirklich störenden Geräusche aber meist im für (zumindest Sprecherinnen) unwichtigen unteren Bassbereich und lassen sich meist verlustfrei herunterregeln. Auch der Frequenzbereich über 16 Kilohertz darf bedenkenlos gedämpft werden.
Dazwischen hilft es, die für Sprache wichtigen Frequenzbänder nur leicht herunterzuregeln: 3 Dezibel entspricht dabei bereits einer Halbierung der Lautstärke in dem jeweiligen Frequenzbereich. Besonders um 4 Kilohertz ist deshalb Vorsicht geboten, denn sonst klingt der O-Ton sehr dumpf.
Musik anpassen
Musik klingt immer dann authentisch, wenn sie zum Filmthema passt – was liegt also näher, als direkt die Straßenmusikanten oder den Auftritt auf der Party aufzunehmen. Beides hat einen Haken: Es wird nie eine saubere Tonaufnahme, denn es unterhalten sich im Hintergrund meist noch Leute oder man hört gar Geschirr und Besteck klappern. Genau solche hell klingenden Geräusche sind bei der Untermalung lästig, vor allem dann, wenn der Zusammenhang mit dem Auftritt gar nicht mehr vorhanden ist, sondern schon die nächsten Szenen laufen. Auch hier hilft eine Reparatur über ein Audioprogramm. Das bietet in der Regel alle nicht nur die klassische Waveform-Darstellung, sondern auch eine Frequenzbandansicht.
Beim AudioDirector kann man sie mittels der Schaltflächen oben rechts über der Arbeitsansicht (1) umschalten: Spielen Sie Ihre Datei ab und suchen Sie das störende Geräusch. Sie erkennen an der starken Gelbfärbung (2), in welchem Frequenzbereich sie liegt. Jetzt wechseln Sie in das Menü Wiederherstellen (3) und wählen dort die visuelle Reparatur. Die komfortabelste Korrektur-Version für unser Tellergeklapper ist der Zauberstab (4), mit dem man einen Frequenzbereich markiert, das Programm aber gleich automatisch die darüber liegenden Oberwellen erkennt.
Alternativ können Sie aber auch einen ganzen Bereich markieren und dessen Lautstärke dämpfen oder mittels Lautstärkeregler herunterziehen. Selbst wenn man nur die sehr störenden Geräusche in kleinen Gesangspausen bearbeitet, klingt das Ergebnis schon deutlich besser.
Man kann die Störgeräusche automatisch analysieren lassen und dazu einen Bereich (ganz am Anfang) markieren, in dem die Interview- Partnerin noch nicht spricht. Bei sehr breitbandigen Störgeräuschen wie Stimmengewirr helfen aber eine leichte Anhebung der für die Stimmlage wichtigen Frequenzen sowie eine Absenkung der Bässe und Höhen mehr.

Musikübergänge
Tonlöcher sind in Filmen genauso verpönt wie abrupte Musikwechsel – denn Stimmungen sollen sich wandeln und nicht sofort umschlagen. Der einfachste Weg eines Musikwechsels ist eine Überblendung – doch gerade bei Tempiwechseln ist das nicht die eleganteste Lösung. Audio- Programme beherrschen inzwischen Überblendungen, bei denen die Geschwindigkeit angepasst wird oder man, wie beim DJ, mit Scratchgeräuschen zur nächsten Musik überleitet. Beides sind Optionen, die allerdings vorher in der Audiobearbeitung erfolgen müssen und nicht über die Timeline erreichbar sind.
Man sollte also schon wissen, wie lange die Passage für diesen Ton ist, damit sich die Audiodateien auf die richtige Länge einpassen lassen. Gehen Sie in den AudioDirector, laden Sie die beiden Tondateien und bringen Sie diese auf die gewünschte Länge. Wenn Sie die Audiodateien im Menü „Mischen" (5) übereinander schieben, erscheint ein Menü, in dem Sie die Mischmethode „Smarter Übergang" (6) wählen. Im folgenden Menü ermittelt das Programm die Schlagzahl des ersten und zweiten Musikstücks und berechnet daraus die Anpassung. Spannend ist das vor allem dann, wenn die Schlagzahlen weit auseinander liegen und zum Beispiel mit einer Zeitlupe im Bild korrespondieren.
Toneffekte
Wenn Sie heute im Fernsehen eine Dokumentation genau anschauen und vor allem aufmerksam zuhören, dann merken Sie schnell: Selbst Dokumentarfilmer greifen auf Audioeffekte zurück. Besonders beliebt ist das zurzeit bei Titeln, die durch ein Geräusch unterstützt werden, seien das Tastaturklappern oder sphärische Klänge. Selbst Ortswechsel mit entsprechend auffallenden Animationen sind gerade wieder beliebt und werden vom Ton entsprechend unterstützt. Bei Geräuschen kann man vor allem an die Kreativität des Filmers appellieren: Wer schon bei der Aufnahme mitdenkt und gut zuhört, findet interessante und passende Geräusche. Optimal sind die aber immer nur dann, wenn sie authentisch sind – entsprechend schwer hat man es mit Geräuschen aus der Konserve.
Ein spannendes Werkzeug ist CyberLinks Audio Clipper, eine App fürs iPhone mit der man Audiosignale aufnehmen kann. Logischerweise klappt die Aufnahme auch mit der Standard-App für Sprachmemos, doch mit dem Audio Clipper lässt sich der Ton dann direkt auf die Director Zone laden. Diese Plattform ist frei zugänglich und bietet inzwischen sehr viele Audio-Clips (aber auch Effekte und Titelvorlagen), die für den Privatgebrauch kostenlos sind. So hat man später am Rechner direkten Zugriff auf diese Tonaufnahmen, die sich mit einem Klick herunterladen lassen und direkt in die Bibliothek des AudioDirector eingebunden sind.
Auf diese Weise kann man das Tonarchiv gewaltig anreichern – auch mit Geräuschen, die es auf der Director Zone schon gibt. Ein Tipp für die Positionierung auf der Timeline: Bei allem Mut zum Experimentieren sollte man immer genau überprüfen, ob der Ton nicht zu dominant ist. Toneffekte sollen unterstützen – nicht auffallen.
(jos)
Es muss bei Musik nicht immer die klassische Überblendung sein – in der Audiobearbeitung kann man die Tempi der Stücke abgleichen und bekommt fließendere Übergänge hin.
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