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Effekte und Titel: Blicke auf Inhalte lenken

Schnell Interesse wecken, den Zuschauer mit dem Inhalt fesseln und lange bei Laune halten ... dieses Ziel hat jeder Filmemacher – egal, ob er fürs große Kino oder für sein privates Vergnügen dreht. Doch so einfach das klingt: Die Regeln sind es nicht, denn jedes Medium will anders bedient werden.


 

Soll der Film nur daheim auf dem Fernseher und vor kleinem Publikum laufen, dann werden sich die Zuschauer etwas mehr auf die Folter spannen lassen, als wenn sie den Film auf YouTube konsumieren und die nächste Ablenkung nur einen Mausklick entfernt ist.

Dem muss der Filmer seine Werke anpassen – das haben auch wir lernen müssen: Wer an den Anfang eines YouTube-Videos einen Titel setzt, verliert hier schon die ersten Zuschauer. Das YouTube-Publikum sind Massen-Konsumierer, die die persönliche Ansprache und den schnellen Einstieg mögen. Da kann es schon helfen, wenn der Titel des Films statt ganz am Anfang erst nach einem knackigen Intro kommt – so wie es Fernsehserien machen, die ja auch mit Konkurrenzprogrammen zu kämpfen haben. Diese Umstellung lässt sich in der Timeline mit wenig Aufwand erledigen.

Dabei sollte man gleich berücksichtigen, dass der Zeitgeschmack aufs Tempo drückt: Ausufernde Titel gehören ebenso der Vergangenheit an wie die auffälligen Effekte der späten 80er Jahre. Trotzdem gelten Effekte immer noch als Steckenpferd vieler Filmemacher – auch wenn man gerne dem Amateur nachsagt, dass nur er der Effekthascherei unterliege. Der Unterschied liegt darin, dass engagierte Filmemacher Effekte gezielter einsetzen und damit den Blick des Zuschauers nach Möglichkeit unbemerkt lenken. Was aber nicht bedeutet, dass das Ganze weniger aufwändig wäre.

Genauso wie bei der Bildkorrektur, die zwangsläufig gar nicht auffallen, sondern Aufnahmen einfach nur besser machen soll. Wie das geht, erklärt dieser Workshop. Alle Tipps lassen sich mit nahezu jedem Schnittprogramm umsetzen – von der Amateurliga bis in die Profiklasse hinein. Wir haben für diesen Workshop den Power- Director von CyberLink herangezogen, da er geschickt die Gratwanderung zwischen einfacher Bedienung und hoher Funktionalität schafft.

Uebersicht Bildverbesserungen

Bei der Gegenlichtaufnahme hilft eine Belichtungsanpassung, so dass der Vordergrund aufgehellt wird. Die Videoverbesserung sorgt für reduziertes Rauschen im Himmel sowie in den dunklen Partien und hebt die Schärfe an. Mit dem Weißabgleich schafft man einen blauen Himmel – doch darauf müssen dann auch die folgenden Einstellungen angepasst werden.

Weitere Schnitt-Workshops:

Handlungsschnitt, Szenenumschnitt, Zwischenschnitt und Farbgebung Ton, Filmabspann und Filmexport YouTube, Vimeo und Co. optimal nutzen Kreativer Videoschnitt für Einsteiger weißabgleich Der Weißabgleichfunktioniert über die manuelle Regelung oder die Pipette, mit der man im Bild den Bereich definiert, der später in reinem Weiß erstrahlen soll. Die Farbkorrektur erledigt das Programm dann automatisch.

Bild- und Farbkorrektur

Wenn Bildmaterial von unterschiedlichen Handlungssträngen oder von unterschiedlichen Kameras zusammengeschnitten werden sollen, wird die Bildkorrektur wichtig. Selbst wenn man an beiden Kameras einen korrekten Weißabgleich vorgenommen hat, ist das Weiß in der Regel nicht identisch. Mit dem Weißabgleich bestimmt man, wie die Kamera das Weiß definiert.

Am Morgen ist Sonnenlicht weitaus kühler als abends. Der Mensch nimmt das nur unbewusst als Stimmung wahr, denn das menschliche Gehirn definiert Weiß, egal welche Lichtstimmung herrscht, immer als Weiß. Der Kamera aber muss man erst beibringen, wie die Farben eigentlich zu definieren sind. Deutliche Unterschiede gibt esetwa, wenn Skifahrer filmen und anschließend zum Après-Ski in eine mit Kunstlicht erleuchtete Hütte gehen: Die krass im Schnee reflektierenden Sonnenstrahlen haben oft eine Lichttemperatur (Glossar) jenseits von 10 000 Kelvin und tendieren damit stark ins Bläuliche.

In der gemütlichen Hütte ist es nicht nur dunkler, sondern die Glühbirnen haben eine Lichttemperatur um 3 200 Kelvin. Überlässt man der Camcorder-Automatik die Arbeit, wird die erste Einstellung meist nicht zu benutzen sein, da der Weißabgleich einige Sekunden benötigt, bis er sich eingependelt hat. Hier sollte man also von Hand eingreifen und den Camcorder zu einem Weißabgleich veranlassen, indem man eine weiße Fläche, idealerweise ein Blatt Papier anvisiert.


Doch selbst wenn die Kamera den Weißabgleich richtig erledigt hat, ist die Lichtstimmung morgens und mittags immer noch so unterschiedlich, so dass der Zuschauer beim Wechsel zwischen zwei zu unterschiedlichen Tageszeiten gedrehten Handlungssträngen dies zumindest als merkwürdig empfindet. Deshalb ist es immer sinnvoll, die Einstellung anzugleichen, wobei dazu neben dem Weißabgleich auch eine Qualitätsverbesserung in Form von Helligkeit- und Kontrast-Einstellungen gehören kann.

Entscheidend ist: Wer A sagt, muss auch B sagen und sich nicht die Mühe für eine einzelne Einstellung machen, denn ein einheitliches Niveau ist besser als hervorstechende Clips – sei es durch besondere Brillanz oder besonders schlechte Qualität.

Die Bildkorrektur packen viele Schnittprogramme in das Kontextmenü der rechten Maustaste. Beim CyberLink PowerDirector finden Sie unter der Bibliothek eine Schaltfläche „Korrigieren/Verbessern". Hier bietet es sich an, als erstes die "Beleuchtung" zu überprüfen, wobei die Automatik schon gut funktioniert und dunkle Stellen aufhellt, ohne als Nebenwirkung Überbelichtungen zu produzieren.

Mit der Videoverbesserung reduziert man das Bildrauschen und sorgt für bessere Schärfe. Schließlich folgt im dritten Schritt der Weißabgleich, wobei man mit der Pipette im Videobild eine weiße Fläche aufnimmt, damit das Programm weiß, dass hier reines Weiß sein soll, und das restliche Bild daran anpasst. Diese Automatik funktioniert bei den meisten Schnittprogrammen zuverlässig und sorgt für ausgeglichenere Ergebnisse als die manuelle Justage – zumindest dann, wenn man nicht mit farbkalibrierten Monitoren arbeitet.

 

farbkorrektur

Die Farbsättigung findet man im Bereich der Farbanpassung unter „Verbessern/Korrigieren". Die sogenannte Lebendigkeit darf man beim Tiltshift-Effekt stark anheben. tilt-shift Der neue Tilt-Shift-Effekt des PowerDirector 12 erlaubt eine Anpassung der Schärfeebene über Keyframes. Die Keyframe Animation ist aber auch bei allen anderen Einstelloptionen eines Clips verfügbar.

Zwangsläufig gibt es auch beim einheitlichen Anpassen von Videos Ausnahmen, denn eventuell gehören einzelne Szenen mit anderer Stimmung zum Stil eines Films, so dass durch diese Veränderung in der Bildstimmung Handlungsstränge unterschieden werden können. Typisches Beispiel dafür sind die oft komplett entsättigten Schwarzweiß-Einstellungen von Rückblenden. Doch das ist dann keine Bildkorrektur, sondern eine bewusste Verfälschung als Filter.

Stimmung durch Filter

Filter mit Filmstimmungen liefern alle Schnittprogramme zuhauf – wir raten zum sparsamen Einsatz. Zumal Filter auch immer einer Mode unterworfen sind und meist wie aus dem Nichts hochkommen und genauso schnell wieder verschwinden, sobald man daran sattgesehen hat, weil fast jeder dieser Mode folgt. Zurzeit ist das der Tilt-Shift-Effekt, der aber nur bei bestimmtem Bildmaterial gut aussieht. Tilt-Shift-Effekte werden eigentlich mit Spezialoptik erzeugt, bei denen sich die Linsen verschieben lassen, so dass nur ein schmales Band im Bild scharf wird und der Rest noch vorn und hinten in der Unschärfe verschwindet. Diese Spezialobjektive kommen vor allem in der Architektur-Fotografie zum Einsatz. Personen und Autos, die stark von oben aufgenommen wurden, wirken so wie kleine Spielzeugfiguren – Häuser sehen aus wie bei einer Modelleisenbahn.


Damit der „Kunststoffeindruck" noch besser rüberkommt, werden dabei häufig auch die Farbregler deutlich nach oben gedreht. Damit ist aber schon klar: Einen solchen Stil kann man mal einsetzen – oder aber bewusst durch einen ganzen Film ziehen, was aber in beiden Fälle bedeutet, dass die Einstellungen schon darauf passend gedreht werden sollten.

Überlässt man dies dem Zufall, mag ein Filter für eine Einstellung reichen, doch für eine ganze Szene eher nicht (siehe dazu das Glossar auf der nächsten Seite). Doch genau das wäre die Bedingung, dass ein solcher Filter nicht als Effekthascherei, sondern als Stilmittel gelten kann. Bedingung für einen gewissen Filmstil ist also, dass Sie sich vorher mit der geplanten Wirkung auseinandersetzen.

Für Tilt-Shift- Szenen bedeutet dies, dass man zum Beispiel mehrere Aufnahmen von oben dreht. Wir haben dies bei einem Besuch der Stadt Rothenburg gemacht und vom Kirchturm eine Rundumansicht der mittelalterlichen Stadt gedreht, die sich für solche Effekt perfekt eignet und in einem Film als ruhige Passage zum Genießen einlädt.

Den Tilt-Shift-Effekt können Sie wahlweise direkt auf den Clip oder auf die Effektspur des PowerDirectors anwenden. Die Effekteinstellungen findet man, wenn man über der Timeline die Schaltfläche „Effekte" drückt. Am einfachsten lassen sich die Parameter einstellen, wenn man in diesem Fenster auf Keyframe (Glossar) klickt, zumal man so die Chance hat, die Optionen auf das Bildmaterial so anzupassen, dass diese sowohl am Anfang wie auch am Ende noch stimmen. Denn gerade bei Tilt-Shift- Aufnahmen sollte die Schärfeebene dort liegen, wo das Geschehen ist – sprich auf der Straße und nicht auf den Häusern.

Bei einem Schwenk ist deshalb eine Korrektur der Schärfeebene über Keyframes nötig. Zur Tilt-Shift-Sichtweise gehört noch eine Veränderung der Farbsättigung, die sie am besten manuell hinter der Schaltfläche "Korrigieren/Verbessern" unter dem Menüpunkt "Farbanpassung" manuell mit den Schiebern "Farbton" und "Sättigung vornehmen.

 

bauchbinde 1

Mit dem BiB- Designer kann man das in der Timeline verdoppelte Bild zu einer Bauchbinde verzerren, wenn man das Häkchen bei „ Seitenverhältnis" entfernt. Der leichte weiße Schatten unterstützt die Glühwirkung, die wir mit einem Effektfilter erzeugt haben. Denn so verschmiltzt der Bildinhalt zu einer Fläche. bauchbinde 2 Die (grün dargestellte) Kurve soll nur die Keyframe-Funktion verdeutlichen. Die Bewegung verläuft idealerweise nur in eine gerade Richtung. Mit der Raute setzt man, wie in fast jedem Schnittprogramm, ein neues Keyframe als Wendepunkt. Bei linearen Verläufen gibt es nur ein Keyframe am Anfang und Ende des Clips.

Es lässt sich aber auch bei Farbveränderungen spielen und so unmerkliche Übergänge zwischen verschiedenen Bildstimmungen schaffen. Dabei wird eine Einstellung am Anfang an die Bildstimmung des Clips davor und am Ende an den nachfolgenden Clip angepasst. Die Farbveränderung kann so je nach Differenz unmerklich oder aber relativ auffallend und somit als Spezialeffekt zu erkennen sein.

Titel

Beim klassischen Film stellt man den Titel meist an den Anfang. Bei der Internetveröffentlichung auf Portalen wie Vimeo und YouTube wirkt das kontraproduktiv. Während man früher mit ruhigen Bildern und überlagernden Titeln in den Film eingestiegen ist, gehört jetzt eine knackig kurze und direkte Ansprache an den Anfang. Das kann ein flott geschnittenes Intro sein oder eine direkt in die Kamera gesprochene persönliche Anmoderation. Damit reduziert man im Idealfall die Titel auf Bauchbinden, denen damit eine höhere Bedeutung zukommen.

Etwas Liebe zum Detail kann man durch selbst erstellte Bauchbinden zeigen, denn vorgefertigte passen nie exakt zum Bildmaterial. Verdoppeln Sie einfach die Einstellung, in der die Bauchbinde zu sehen sein soll, indem sie den Clip markieren und Strg+C rücken.


Anschließend markieren Sie die Spur unter dem Clip, fügen den Clip über Strg+V ein und kürzen diesen auf eine sinnvolle Titellänge – nach Möglichkeit nicht länger als zehn Sekunden. Ein Doppelklick öffnet den BiB-Designer, in dem Sie zuerst das Häkchen bei „Seitenverhältnis" entfernen und dann den Clip auf Bauchbindenhöhe zusammendrücken. Sinn der Aktion ist, den Hintergrund farblich identisch zum Bildinhalt zu bekommen, ohne dass man erkennt, dass es wirklich der gleiche Clip ist.

Deshalb haben wir dem Bauchbinden-Clip den Glühen-Effekt verpasst und dabei auch eine starke Unschärfe ins Bild gebracht, so dass er nun als homogene Fläche für den Titel dienen kann. Im BiB-Designer haben wir zudem noch einen Schatten angewendet – allerdings haben wir hier die Farbe von Schwarz auf Weiß gewechselt, was das Glühen verstärkt und für eine bessere Abgrenzung zum Bild sorgt. Im Karteireiter Bewegung kann man nun die Bauchbinde ins Bild hineinlaufen lassen.

Dazu setzt man die Zeitnadel auf den Clipanfang und wählt eine passende Animation, deren Keyframes man dann verändern kann. Am Ende kommt noch der Titel dazu, bei dem wir auf ein unauffälliges Ein- und Ausblenden setzen. Die Schriftfarbe orientiert sich wieder am Bildinhalt, wobei das Orange vom Dach im Hintergrund des Titels durch das Glühen kaum mehr vorhanden ist – das sorgt für bessere Lesbarkeit, die wir mit einem leichten schwarzen Schatten noch verstärken.

                                                                                                                                                             (jos)

 

bauchbinde 3

Mit der Titelfarbe greift man am besten wieder eine Farbe aus dem Bild auf. Der eigentlich als Bauchbinde angelegte Effekt kann durch den Tilt-Shift-Effekt nach oben in den unscharfen Bereich geschoben werden – so kombiniert man geschickt mehrere Effekte, ohne sie überzubetonen.

GLOSSAR

Hier finden Sie im Text vorkommende Fachgebriffe kurz erklärt.

Szene/Einstellung

Eine Szene besteht immer aus einem Handlungsstrang oder Impressionen eines Ortes und ist damit der Überbegriff von verschiedenen entweder örtlich und/oder zeitlich getrennten Inhalten. Eine Szene kann zwar theoretisch aus einer Aufnahme bestehen, doch geht man in der Regel von mehreren Einstellungen aus, die zu einer Szene zusammengefügt werden.

Lichttemperatur/Weißabgleich

Die Einheit der Farbtemperatur ist Kelvin (K) und definiert den Weißpunkt einer Beleuchtungsart. Je niedriger der Kelvinwert, desto mehr Rotanteile, und je höher, desto mehr Blauanteile enhält der Weißpunkt. Um einen natürlichen Farbeindruck zu bekommen, muss eine Kamera einen Weißabgleich auf diesen Weißpunkt vornehmen. Die internationale Norm für mittleres Sonnenlicht beträgt 5500-5800 Kelvin (K), Kunstlicht entspricht einer Farbtemperatur von 3100 bis 3400 K.

Keyframes/Schlüsselbilder

Mit den Keyframes kann man für bestimmte Bilder Parameter festlegen. Das klappt bei der Animation von Titeln und Bild-in-Bild- Effekten, aber auch bei der Verfrendung oder der Farbkorrektur. Die Veränderung der Parameter von einem Schlüsselbild zum nächsten errechnet die Software automatisch


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