Avid Studio 1.0: erster Test
Entwickelt wurde das Avid Studio in München, zum Teil von dem Team, das schon für das alte Fast 601/Purple/Silver beziehungsweise das bis exakt vor einem Jahr weitergeführte Liquid, verantwortlich zeichnete. Der Programmcode der eingestellten Software hat überlebt, denn er arbeitet bereits seit der Version 9 unter der weitgehend unveränderte Oberfläche des Pinnacle Studios. Mit dem neuen Schnittprogramm, setzt Avid dennoch ein anderes Zeichen: Das Schnittprogramm soll nicht nur bei der Oberfläche neue Wege gehen, sondern ist abermals komplett neu programmiert.
Dabei schneidet Avid einige alte Zöpfe ab: Band-Camcorder gehören inzwischen, zumindest bei Neugeräten, zu einer aussterbenden Art. Auch wenn man weiterhin Bänder einlesen (aber nicht auf sie ausgeben) kann: Die neue Oberfläche orientiert sich an den inzwischen viel häufiger vorhanden Speichervarianten und bietet eine auf den Clip-Import optimierten Einstieg: Die Bibliothek ist auf die Archivierung und Verschlagwortung ausgelegt und soll somit zum Mittelpunkt der digitalen Medien werden. Entsprechend zeigt sie nicht nur Videos, sondern überwacht auf Wunsch auch die Bild- und Tonordner.


Bei Adobe hat man sich zudem die Smart-Collection abgeschaut, mit denen man Bildmaterial aus verschiedenen Ordnern virtuell zusammenfassen kann. Das macht im Vorfeld zu großen Projekten absolut Sinn. Zudem kann man im Importdialog bereits Metadaten vergeben und entscheiden, ob man beispielsweise Originalmaterial gleich von der Karte löschen möchte. Gleichzeitig bietet Avid bereits hier einen Schnelleinstieg in den automatischen Videoschnitt. Auf die Fläche im unteren Bereich der Bibliotheks-Oberfläche kann man Bild und Tonmaterial ziehen und bekommt damit bereits einen fertig arrangierten Film. Diesen kann man in der deutlich umfangreicheren Timeline weiter bearbeiten oder direkt ausgeben.
Die Bibliothek schrumpft Avid in der über die oberen Reiter erreichbaren Bearbeiten-Oberfläche kleiner zusammen, erhält dabei aber die Navigation über selbst wählbare Karteireiter die beim Sortieren der Medien behilflich sind. So kann man sich schon gezielt verschiedene Quellen öffnen und dann sortiert auf die Timeline ziehen. Diese überzeugt mit schnell durchschaubaren Symbolen und übersichtlicher Darstellung, wobei die unter der klassischen Timeline befindliche Navigation die Skalierung und die Wahl des Zeitleistenausschnitts erheblich erleichtert. In den Spurstart integriert Avid nicht nur die Möglichkeit die Spur auszuschalten und selbst zu benennen, sondern auch einen Lautstärkepegel und sogar Regler.
Dass die Entwickler auch schon beim Pinnacle Studio ihre Finger im Spiel hatten, wird durch den Einsatz der schon länger eingeführten Montage-Arrangements deutlich: Wie im Pinnacle Studio lassen sich beim neuen Avid Studio die komplexen Gestaltungs-Vorlagen auf die Zeitleiste ziehen und mit eigenem Bildmaterial füllen. Dazu gesellen sich Titelvorlagen und automatisch via Scorefitter generierte Musik. Auch eine Funktion zum Aufsprechen des Kommentars auf die Timeline liefert Avid mit.
Damit liefert Avid trotz des mit Magix Video ProX und Edius Neo vergleichbaren Preises, deutlich mehr bei Einsteigern beziehungsweise Anwendern, die sich gerne an die Hand nehmen lassen. Auf Funktionen aus dem Profilager scheint Avid beim Studio dagegen weitgehend zu verzichten.
Während des Tests waren wir überrascht von der Stabilität des Programms: Ein einziger Absturz, bei dem Avid anschließend über eine Abfrage die Restauration angeboten und anschließend erfolgreich durchgeführt hat – das kann sich für eine Betaversion mehr als sehen lassen. Bei der Leistungsfähigkeit wird man zur Beurteilung dennoch auf die Endversion warten müssen – die nahezu fertige Betaversion schaffte es aber auf unserem Testsystem bereits auf fünf AVCHD-Spuren, bei bester Vorschauqualität und deaktiviertem Hintergrundrendering. Verringert man die Vorschauqualität sind nochmals zwei bis drei flüssige Spuren mehr drin.


Gewöhnungsbedürftig dürfte für einige sein, dass die Software wieder oft mit öffnenden Fenstern für die ausgefeilte Bearbeitung arbeitet. So bekommt man zum Beispiel mit einem Doppelklick auf einen Clip ein Fenster mit vergrößertem Vorschaufenster und der Effekt-Bearbeitung. Erst muss der Cutter die Effektwahl, dann die Einstellungen erledigen. Dabei beherrscht das Programm die Keyframe-Animation.
Zu guter Letzt bietet Avid die Ausgabe des Films und stellt dazu die Scheibenproduktion in den Mittelpunkt. Mit dem Anwählen des Disc-Menüreiters generiert Avid Studio ein Menü und liefert sehr viele Menüvorlagen, die sich mittels ebenfalls sehr vieler Effekte individualisieren lassen. So lässt sich nicht nur die Schrift sondern auch die Animation der Buchstaben anpassen. Beim Export übernehmen abermals Assistenten die Oberhand und leiten auf einfachem Weg zu einem Webupload zu Youtube, dem Brennen einer Scheibe oder dem Speichern auf dem eigenen Rechner. Dabei lässt Avid auch das inzwischen wichtige Full-HD 50p-Format nicht links liegen – man will ja Zukunftsfähigkeit unter Beweis stellen.
Fazit
Avid wagt in der Amateurklasse einen Neuanfang und gibt damit vielen Pinnacle Studio Anwendern ein positives Signal: Es geht weiter. Dabei ist der Weg nun erst einmal die Aufsteiger anzusprechen. Clever und gut, auch wenn man sich mit den deutlich auf Einsteiger gemünzten Funktionen nicht in der gleichen Liga wie die Konkurrenz bewegt. Gespannt darf man dann auf den ersten Leistungstest bei der endgültigen Version sein.
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