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Praxis-Report: So filmt das Rote Kreuz

Wer engagiert filmt, wird gerne mal von seinem Arbeitgeber für die Dokumentation von Firmenereignissen eingespannt. Der Rettungsassistent Philipp Köhler arbeitet bei der DRK Rheinhessen-Nahe GmbH mit gut 700 Mitarbeitern. Er erstellt neben seinen Noteinsätzen Videos für die Leitstellen und vereint damit Hobby und Beruf. Warum setzt eine Pressestelle im Rettungsdienst konsequent auf bewegte Bilder?


 

Wenn Lebensretter Videos drehen, dann hat man erst mal die sogenannten „Blaulichtvideos" vor Augen, mit sensationsgierigen Reportern und zur Schau gestellten Opfern, wie man sie in Boulevardmedien oder den bekannten Online-Videoportalen findet. Doch damit hat das, was die Pressestelle des größten Rettungsdiensts in Rheinland- Pfalz macht, nichts zu tun. Hier werden Videos konsequent als Mittel der internen und externen Kommunikation genutzt. Beim Rettungsdienst Rheinhessen-Nahe des Deutschen Roten Kreuzes arbeiten rund 700 Menschen auf 18 Rettungswachen, zehn Notarztstandorten und zwei Leitstellen.

Natürlich gibt es in solch einem großen Unternehmen auch eine Pressestelle. Sie ist jedoch nicht umfangreich mit Personal und Technik ausgestattet, sondern lebt auch von Engagement und Improvisationstalent. Denn finanziert wird der Rettungsdienst durch die Krankenkassen, und die tragen verständlicherweise nur die Kosten, die durch den eigentlichen Auftrag entstehen. Videotechnik gehört eben nicht dazu. Mit welcher Technik arbeitet die Pressestelle, wenn es keine finanziellen Mittel gibt? Hier kommt Philipp Köhler ins Spiel.

Er ist nicht nur hauptberuflich dem DRK tätig, sondern ehrenamtlich (auch als Filmer und Pressesprecher) im Kreissverband Bad Kreuznach. Er hat es geschafft, wovon viele träumen: das Hobby zum Beruf zu machen – oder besser gesagt, sein Hobby in seinen Beruf zu integrieren.

So setzt er sein Equipment nicht nur privat, sondern auch in seiner Aufgabe als Kommunikations-verantwortlicher ein und stellt es dem Rettungsdienst gratis zur Verfügung. Fragt man Köhler nach seiner Motivation, antwortet er begeistert: „Es macht mir einfach Spaß, in dem Metier filmen zu können, das mich interessiert. Außerdem kann ich so am besten zeigen, was es bedeutet, als Rettungsassistent zu arbeiten – ein Bild sagt eben mehr als tausend Worte.

Und das gilt für bewegte Bilder noch viel mehr." Man merkt: Köhler hat hier sein Thema gefunden und weiß, worauf es ankommt. Er möchte Zuschauer für den Rettungsdienst und dessen Menschen interessieren, legt aber auch Wert darauf, dass alles so realistisch wie möglich dargestellt wird. „Unsere Videos sollen fesseln und begeistern. Gerade junge Menschen sprechen wir gezielt über dieses Medium an und möchten für den Beruf des Rettungsassistenten und Notfallsanitäter werben."

Für diesen Zweck hat der DRK-Rettungsdienst Rheinhessen-Nahe vor einiger Zeit einen professionellen Film produziert.

Rollentausch

Neben der Produktion von eigenen Videos und der Rolle als Kameramann und Regisseur kennt Köhler aber auch die andere Seite, denn an realen Einsatzstellen arbeitet er nicht als Kameramann. „Hier gibt es eine ganz klare Abgrenzung und Aufgabenteilung: Die Berufsjournalisten produzieren ihr Material selbst. Wir stehen gerne für Statements und Interviews zur Verfügung. So kommt es auch nicht zum Vorwurf, wir würden den Journalisten den Beruf streitig machen", erklärt Köhler.

Aufmacher Der Rettungsassistent und Videodokumentarfilmer Philipp Köhler vereint Beruf und Berufung: Er dreht für den DRK-Rettungsdienst in Rheinhessen-Nahe Videos für die Pressearbeit. Presse Philipp Köhler ist Pressesprecher des DRK Rheinhessen-Nahe und deshalb vor Ort nicht als Kameramann unterwegs, sondern selbst der Ansprechpartner für die Presse. Leitstelle Dreharbeiten auf der integrierten Leitstelle des DRK Rheinhessen- Nahe mit dem Panasonic AG-AC 90. Ohne Kontrollmonitor möchte Philipp Köhler nicht mehr drehen. Praxistage Mit den Eindrücken von den Praxistagen im Rettungsdienst will das DRK für den Beruf und die Ausbildung werben und die Lobby des Rettungsdienstes stärken.

Bei größeren Einsätzen mit vielen Rettungskräften betreut er also die Journalisten und betreibt bei Bedarf eine Pressestelle vor Ort – manchmal mitten im Feld. Dann gilt es, mit den Reportern und Kameraleuten von TV-Sendern zusammenzuarbeiten. Als PR-Profi achtet er darauf, dass alle zu ihren Bildern kommen und die Persönlichkeitsrechte von Betroffenen und Einsatzkräften gewahrt bleiben: „Es kommt hier nur ganz selten zu Konflikten zwischen uns als Pressestelle und den Journalisten, was vor allem daran liegt, dass jeder seinen Job mit der nötigen Professionalität macht.

Dass man sich auch persönlich kennt, erleichtert die Arbeit natürlich zusätzlich." Allerdings kommt es an den Einsatzstellen in der letzten Zeit häufiger zu Problemen mit Hobbyfilmern oder Fotografen ohne redaktionellen Auftrag oder Presseausweis. Hauptanlässe, bei denen Köhler selbst hinter der Kamera steht, sind beispielsweise Praxistage der Auszubildenden, Pressekonferenzen oder Events wie das traditionelle Sommerfest. Beim DRK-Rettungs-dienst versteht man Videojournalismus einerseits als Teil der Social-Media-Strategie, andererseits als perfekte Möglichkeit, die Lobby der Rettungs-assistenten durch „emotionalisierende" und ansprechende Videos zu stärken.

Die sollen aber auch die vielen Mitarbeiter im dezentral organisierten Unternehmen an den Ereignissen teilhaben lassen. Die Event-Reportagen sind nur schwer von einer One-Man-Show umzusetzen. Zum Glück gibt es immer wieder Mitarbeiter, die ebenfalls Spaß am Fotografieren und Filmen haben und Köhler beim Dreh zur Seite springen. Er muss nie lange warten, wenn er „Hältst du mal die Kamera?", „Bringst du mir mal die Tasche?" oder „Trägst du mal das Kabel hinter mir her?" fragt.

Ein Drehtag bei Praxistagen dauert im Rettungsdienst schon mal gut und gerne acht Stunden – Köhler möchte eben nichts verpassen und weiß, dass man bei solchen Anlässen meist keine zweite Chance bekommt und die Einstellung nicht x-mal wiederholen kann. Daher heißt es häufig: draufhalten und mitnehmen, was geht. Das schlägt sich natürlich auch im Rohmaterial nieder: Rund 50 Gigabyte können es an so einem Tag schon mal werden.

Daraus entstehen dann Clips von bis zu sieben Minuten Länge. „Mehr ist für die Sozialen Netzwerke und YouTube nicht drin. Das schaut sonst keiner mehr an", weiß er aus Erfahrung. Manchmal kann er aber doch nicht auf bestimmte Szenen verzichten und schneidet eine Extended-Version zusammen, die dann auch mal 15 Minuten dauert. „So haben wir einen Teaser zum Anfüttern und die Extended-Version für fachlich Interessierte zu bieten."


Screenshot MAGIX Köhler schneidet seine Filme mit dem Schnitt-programm Magix Video Pro X6 und ist damit rundweg zufrieden.

Equipment

Damit die Videos in möglichst hoher Qualität aufgezeichnet werden, setzt der Filmer auf einen Panasonic AG-AC 90 in Kombination mit einem Røde NTG-2 als Richtmikro. Für die zweite Tonspur oder für die nötige Atmo greift er auf einen Zoom H6 zurück, an dem vor allem die Vielfalt der Spuren und Mikrofone von Vorteil ist. Bei den Einsatzübungen hat sich die Verwendung einer GoPro Hero 3 Black Edition bewährt. Die größte Herausforderung sind immer noch Szenen mit viel Bewegung und sich schnell verändernde Drehorte.

Dafür nutzt Köhler ein Lanparte-Rig-System mit dem Fieldmonitor Lilliput 663 O/P. Für die trotz Video unentbehrliche Fotografie kommt eine Nikon D7100 mit 17-55 mm/f2,8 und 70-200 mm/f2,8 zum Einsatz – und dann auch mal gerne wieder als Video-DSLR auf dem Lanparte-Rig in Kombination mit dem Zoom H6 als Recorder. Das Richtmikrofon NTG-2 kommt entweder auf dem Camcorder oder in einem Røde-Blimp-Korb zur Verwendung.

Mit seinem Equipment ist Köhler zufrieden: Der AG-AC 90 sei ein zuverlässiges Arbeitsgerät, das die meisten Situationen problemlos meistert. Insbesondere der Zoomring ermöglicht ein weiches Zoomen. Als „echtes Sahnestück" bezeichnet er den vielseitigen Zoom-H6-Recorder: Glasklare Aufnahmequalität bei maximaler Flexibilität ergäben beste Tonergebnisse. Lediglich einen „echten" Schultercamcorder vermisst er bei so manchem Dreh. Die Ergonomie ist da spürbar besser als bei einem aufgeriggten Henkelmann.

Zusätzlich wären eingebaute ND-Filter und ein richtiger Sucher ein Traum. Auf der Wunschliste stehen für die Zukunft noch ein richtiges Videostativ und ein Steadicam- System sowie eine Funkstrecke und ein weiteres Richtmikrofon. Die Postproduktion im Homeoffice wird mit Magix Video Pro X6 realisiert. Bei seinem letzten Projekt, einem Making-of zum neuen Image- und Ausbildungsfilm, saß Köhler acht Stunden vor seinen beiden 27-Zoll-Monitoren, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war.

„Die Zeiten in der Postproduktion sind sehr unterschiedlich. Bei actionreichen Filmen sind es schon mal die erwähnten drei bis vier Stunden, bei Veranstaltungen dauert es nicht ganz so lange." Die fertigen Filme veröffentlicht der DRKRettungsdienst Rheinhessen-Nahe auf seiner Facebook-Seite, auf dem YouTube-Kanal und gespiegelt auf seiner Internetseite. Meistens gibt es überaus positiven Kommentare – aber vereinzelt gab es auch schon mal Kritik. Die lautet dann: „Toller Film – aber leider zu lang" Deshalb gilt für Köhler immer wieder: „Kill your darlings – ohne Kompromisse!"


Weitere Pläne

Als nächstes Projekt plant der DRK-Rettungsdienst eine Ausbildungskampagne zum neuen Berufsbild des Notfallsanitäters. Hierzu wurde mit professioneller Unterstützung bereits ein Werbefilm gedreht, welcher durch kurze Clips von Auszubildenden und Videoreportagen vom rettungsdienstlichen Alltag und den Praxistagen ergänzt werden soll. Ferner plant Köhler eine Reihe von Erklärfilmen zu den Themen „Freiwilligendienst im Rettungsdienst", „Herz-Lungen-Wiederbelebung" für Laien und eine kleine Reportage unter dem Titel „Ein Tag im Rettungsdienst.

"Ein Projekt liegt Köhler besonders am Herzen: Seit einigen Monaten beschäftigt er sich mit Video-streaming. Nach dem Motto „Rettungsdienst live" sucht er nach einer kostengünstigen oder sogar Gratislösung fürs Video-Livestreaming von Veranstaltungen oder besonderen Ereignissen. Erste Schritte hat er dabei bereits mit dem Angebot von stre.am gemacht. Dies funktioniert bisher aber nur schleppend auf dem Smartphone.

Philipp Köhler und Joachim Sauer

Lehrfilm

Über die Ausbildung zum Notfallsanitäter

In Zusammenarbeit mit der Kölner Produktionsfirma Together Productions entstand ein Film über die Ausbildung zum Notfallsanitäter, der durch Sponsoren finanziert werden konnte. An fünf Drehtagen realisierten Mitarbeiter des Rettungsdienstes einen mitreißenden Imagefilm.

„Es ist eben ein Unterschied, ob ich als junger Mensch nur über die spannenden Seiten des Berufs des Notfallsanitäters lese und Bilder anschaue, oder ob ich einem Auszubildenden beim Praxistag in First- Person-View per GoPro-Kamera über die Schulter schaue und mich so als Teil des Szenarios fühle" fasst der Hobbyfilmer seine Intention zum Einsatz von Videotechnik bei Veranstaltungen zusammen. Natürlich dienen die Videos auch der qualitativen Auswertung von Übungen und bieten so eine gute Basis für Nachbesprechungen mit Auszubildenden.

Imagefilm1 Dreharbeiten zum Imagefilm des DRKRettungsdienstes Rheinhessen- Nahe mit dem Team von Together Productions aus Köln. Imagefilm2 Dieses Bild stammt aus einem Imagefilm und zeigt, was das DRK bei der Weiterbildung für seine Mitarbeiter tut. Philipp Koehler Philipp Köhler mit seinem AG-AC 90, Lanparte-Rig und Zoom H6 als Ersatz für ein damals defektes Røde NTG-2.

Rettungsfilmer-Equipment

Philipp Köhler und seine Ausrüstung

Kameras: Panasonic AG-AC 90 und Nikon D7100 (Nikkor 17-55 mm/f2,8; Nikkor 70-200 mm/f2,8; Nikkor AF 50 mm/f1,8; Tokina 12-24 mm/f4) und GoPro Hero 3 Black Edition Audioausstattung: Zoom H6, Røde NTG-2, Sennheiser-Kopfhörer Stative: Lanparte-Schulterrig; Manfrotto- Videokopf MVH 500 AH Videoschnitt: Magix Video Pro X6 Sonstiges: Lilliput-Monitor und jede Menge Kleinkram, den man immer wieder benötigt

 


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