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Amateur-Film-Praxis: Videoschnitt - die Grundlagen

Ein fertiger Film entsteht nicht allein durch das Drehen der Aufnahmen. Die Geschichte eines Films lässt sich erst durch den Schnitt des Materials in der Nachbearbeitung vermitteln. Um die Grundlagen des Videoschnitts geht
 

Bei der schreibenden Zunft formen sich aus Buchstaben Worte und aus Worten entstehen dann die Sätze, die eine Geschichte erzählen.

Beim Filmen ist es die Aufnahmetechnik, die gute Bildeinstellungen erfasst und damit die Szenen ermöglicht, um eine Geschichte, den Film zu "erzählen".

Ein ungeschnittenes Video erzählt noch keine Geschichte. Bestenfalls ist es eine Dokumentation. Erst im Schnitt entsteht der eigentliche Film.

Es geht beim Videoschnitt nicht darum, eine bestimmte Software bis ins Detail zu beherrschen, sondern darum, Sehen zu lernen und zu erkennen, wie die Wirkung auf die Zuschauer ist. Also die Geschichte damit „richtig" zu erzählen.

Das Schneiden macht aus den Bildern eine Story. Die Abfolge muss stimmen und den Zuschauer auf eine Reise mitnehmen. Der Schnittrhythmus soll den Zuschauer wachhalten, neugierig machen und kann und soll auch Stimmungen erzeugen.

Eine besinnliche Stimmung wird zum Beispiel nicht durch ein Staccato von Schnitten erzeugt. Ebensowenig wie zu lange Einstellungen bei Sportaufnahmen deren Dynamik unterstützen.

Organisation

Die Medien müssen nach getaner Dreharbeit auf den Rechner gebracht werden: Videoclips, Fotos und bei Bedarf naürlich die Musik.

Erster wichtiger Schritt zur späteren Zeitersparnis: Die Ordnerstruktur mit aussagekräftigen Namen versehen.

Adobe pre 12 web Einige Profi-Schnittprogramm sind als "abgespeckte" und somit auch kostengünstigere Versionen erhältlich. Wie sich mit einer solchen Software arbeiten lässt, erfahren Sie in diesem Testvideo. Pinnacle-Studio-17-Organize-DE Schnitt-(oder auch Editing-)Programme bieten oft eine Art Übersichtsfenster. Mit diesem fällt die Verwaltung der einzelnen Video-Elemente wesentlich einfacher.

Es gibt bei vielen gängigen Schnittprogrammen einen Projektassistenen, mit welchem gleich zu Anfang ein Projektordner angelegt werden kann.

Das ist eine sehr hilfreiche Sache, da alle Medien die im Schnittprojekt Verwendung finden, in diesen Ordner kopiert werden.

Einerseits benötigt dieser „Workflow" zwar mehr Platz auf der Festplatte, zum anderen kann der Ordner am Ende archiviert werden – dies ist von Vorteil, wenn auch an einem anderen Rechner weitergearbeitet wird oder die Daten ohne Verlust von einzelnen Dateien archiviert werden sollen.

Was auch Sinn macht: Schon beim Kopieren der Dateien alle Takes und weitere Medien weglassen, die nicht im Schnitt benötigt werden bzw. diese Medien nach dem Kopieren gleich aus dem Ordner löschen.

Zur besseren Übersicht können im Projektordner auch Unterordner erstellt werden. Es geht an dieser Stelle darum, in der weiteren Arbeit nicht nach einzelnen Dateien lange suchen zu müssen.

Der Schnitt im Programm

In vielen Schnittprogrammen kann auch auf die Möglichkeit zurückgegriffen werden, in einem Projekt mehrere Filme anzulegen. Diese Funktion kann auch zweckentfremdet für den Schnitt genutzt werden, um bis zum Feinschnitt die Abschnitte/Kapitel auf einzelne Filme im Projekt aufzuteilen.

So wirken sich Änderungen nicht immer auf die gesamte Filmstrecke, sondern nur auf den jeweiligen Abschnitt aus.


Ein „Schnittbuch" als Excel Tabelle kann nützliche Dienste erweisen. Hier kann eine Vorplanung erfolgen, der Zustand (Roh; Fein; Ton) der einzelnen Filme markiert, sowie die aktuellen Längen (hilft unter anderem bei der Musikauswahl) der Filmsequenzen erfasst werden.

Gerade im Amateurbereich, in dem in der Regel weniger Zeit- und Arbeitsdruck herrscht, kann die Arbeitsweise auch helfen, „die größten Baustellen" je nach gegenwärtiger Lust und Laune anzupacken. Man sieht sofot, in welchem Film noch der grobe Schnitt zu machen ist oder in welchem schon „feingeschnitten" werden kann.

Im ersten Schnitt-Durchgang geht es meist um die Reihenfolge der Szenen.

Erleichtert wird dies stellvertretend für viele andere Programme, die diese Funktion auch bieten, bei Magix Video deluxe durch den Storyboard-Modus. In dieser Ansicht wird jeder Take mit einem Vorschaubild angezeigt.

Erst in der richtigen Schnittansicht, auch Timeline genannt, wird die reale Szenenlänge sichtbar. Nach dieser Vorarbeit folgt nun der Rohschnitt. Es wird alles Unbrauchbare und der Story undienliche gekürzt und verworfen.

Da im Schnittprogramm immer automatisch mit einer Kopie der Originalvideodatei gearbeitet wird, kann alles Gelöschte problemlos wieder hergestellt werden.

03 casablanca karat Neber den gängigen Schnitt-Programmen für PC- oder MAC-Rechner gibt es ebenfalls noch sogenannte Stand-Alone-Schnittcomputer. Diese sind nicht als universeller PC- oder MAC-Computer einsetzbar, sondern nur für den Videoschnitt konzipiert und beinhalten neben DVD-Laufwerken und Schnittstellen das Schnittprogramm auf dem Festplattenlaufwerk. 04 schnittratgeber2 Weitere Tipps und Tricks zu den verschiedenen Schnittarten finden sie hier in einem unserer Workshops.

Zwischen dem Rohschnitt- und Feinschnitt sollte nochmals eine weitere Kontrolle erfolgen. In dieser sollten alle doppelt genannten, filmerischen Informationen entfernt werden.

Das ist für viele Amateufilmer leichter geschrieben als gemacht – sind einem doch die eigenen Bilder mitunter sehr ans Herz gewachsen. Trotzdem: Ein Gebäude von rechts, von links und genau in frontal gefilmt – in einem solchen Wettbewerb bleibt oft nur Platz für eine Einstellung.

Handlungsschnitt

Anders ist es bei Reisefilmen oder Events von der Hochzeit bis zum Kindergeburtstag. Bei diesen wird ein Handlungsschnitt durchgeführt, der Schnittrythmus wird also durch die Handlung bestimmt. Ein kleines Beispiel zur Verdeutlichung:

Eine Geschichte fängt langsam an - die Ereignisse überschlagen sich und zum Finale wird es wieder ruhig. Der Spannungsbogen ist sinngemäß eine lange Steigung auf den Höhepunkt zu - um dann zum Ende abzufallen.

Der Zuschauer kann sinnbildlich emotional mitgenommen werden. Schnelle Schnitte schaffen eine Unruhe, ein Hasten. Zum Beispiel den (hektischen) Einkaufsbummel.

Jedoch trifft diese „Regel" nicht auf alle Schnittsituationen zu, sondern kann und muss auch dem Umfang des Bildinhaltes angepasst werden.


Hier ein weiteres Beispiel: Bei einer Kameraeinstellung mit einem Detail kann die Szenendauer kurz gewählt werden, da der Zuschauer die Inhalte sofort erfasst.

Eine detailreiche Szenerie braucht hingegen mehr Zeit um vom Publikum erfasst zu werden. Emotionale Momente brauchen den ruhigen mitfühlenden Schnitt. Gut vorzustellen in einer Szene mit romantischem Sonnenuntergang.

Insertschnitt

Der Insertschnitt ist ein wichtiges Werkzeug der Schnitttechnik um dem Zuschauer mit mehr Informationen zu versorgen oder einzelnen längere Szenen zusätzliche Akzente zu verleihen. Hierzu wieder ein anschauliches Beispiel. Während der Feier zu einem 70. Geburtstag wird eine Rede gehalten.

Um den Zuschauer nicht mit einem solchen langwierigen und vielleicht monotonen Inhalt abzuschrecken, werden immer wieder Aufnahmen der Geburtstagsgesellschaft gezeigt. Die Zuhörer müssen im Übrigen nichteinmal genau die betreffende Stelle der Rede gehört haben.

Ohne Zwischenschnitt ist es schwierig, wenn die Rede gekürzt werden muss. Dadurch treten natürlich harte Schnitte und Sprünge im Ablauf auf – hervorgerufen durch den Schnitt.

Wird dieser Schnitt überlagert von einem anderen Bild ist jedoch in den meisten Fällen die Kürzung der Rede nicht wahrzunehmen.

L-, T- und J-Schnitt

Der Schnitt des Geräuschteppichs und des Filmes ist meist identisch. Aber der L-, T- bzw. J-Schnitt hebt diese „Verbundenheit" auf.

Der L-Schnitt ist eine Bearbeitungstechnik bei der die Videospur schon vor der dazugehörtigen Audiospur endet. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Clip zu Beginn und zum Ende hin noch „Fleisch" hat, also noch kürzbar ist.

03 ipad filmer Wie der Videoschnitt mit einem Tablet aussehen kann, können Sie in unserem Artikel erfahren. 02 video deluxe 2013 Das Trimmen, also das Kürzen einzelner Videosequenzen, kann entweder direkt in der kompletten Timeline geschehen oder über ein extra Trimm-Fenster .

Zuerst müssen die Video- und Audiospuren der aufeinander folgenden Clips getrennt werden, falls diese nicht schon im Vorfeld einzeln vorlagen. Nun kürzt man die erste Videospur, je nach Bedarf, um einige Einzelbilder oder sogar Sekunden.

Die Audiospur bleibt unangetastet. Beim darauf folgenden Clip wir umgekehrt vorgegangen. Bei diesem kürzt man im gleichen Umfang die Videospur, wie man es zuvor in Clip Nr.1 tat.

Das Ergebnis im Schnitt: Die erste Bildsequenz ist zu Ende, die Geräuschkulisse dazu wird bis zum nächsten Clip fortgeführt.

T-Schnitt oder J-Schnitt sind das genaue Gegenteil zum gerade genannten Vorgehen. Werden zwei „Nachbarszenen" auf diese Art geschnitten, sieht der Zuschauer noch das Bild von Clip Nr.1 – jedoch nimmt er schon, fast als eine Art Vorschau, die Tonspur der nächsten Clips wahr.

Fazit:

In Zeiten der NLE(Non-Linear-Editing)-Programme ist es nicht mehr nötig, das Bildmaterial erzählstruktur-richtig mit der Kamera abzudrehen, damit dieses in der richtigen Reihenfolge auf Band (oder Speicherkarte) vorliegt. Für den Amateur-Filmer ist es aber auch wichtig zu wissen, dass der Schnitt nicht nur zum Trimmen der Aufnahmen verwendet wird, sondern sich diese auch so anordnen lassen, dass eine komplett neue Geschichte entstehen kann. Wie dies funtioniert, erklärt Walter Buddelmann im nächsten Teil des Weihnachts-Spezials.

Dies war der achte Teil unseres Weihnachts-Spezials zum Thema "Tipps aus der Amateurfilmer-Praxis". Die folgenen Tage präsentieren wir weitere Kapitel zu diesem Thema. Teil 1: Planung Teil 2: die richtige Kamera Teil 3: Stative aller Art Teil 4: Ton und Licht Teil 5: Bildgestaltung Teil 6: Perspektiven und Bildausschnitte Teil 7: Automatik- gegen manueller Modus Teil 8: Schnittgrundlagen Teil 9: Schnittpraxis Teil 10: Filmdesign- und Präsentation                                              (Walter Buddelmann/mad)

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