Amateur-Film-Praxis: die richtige Bildgestaltung
Zu Anfang steht die Bildkomposition im Sinne der formalen Bildaufteilung, der Flächenverteilung und der Farbkomposition im Vordergrund.
Als erstes schauen wir uns die mittige Bildauffassung an. In bestimmten Fällen sehr passend, wenn zum Beispiel der Hintergrund nicht ablenken soll, dieser nicht genug interessante Inhalte vermitteln kann oder aber das Hauptmotiv der Aufnahme ist. Soll der Hintergrund jedoch im Zusammenspiel mit dem Objekt im Vordergrund in die Bildkomposion integriert werden, dann bieten sich dafür bessere Bildaufteilungen an.


Für die formale Bildaufteilung ist einer der bekanntesten Regeln der „goldene Schnitt". Im Film in abgewandelter Form auch als Drittelung des Bildes bekannt. Der goldene Schnitt hat eine mathematische Regel:
Die Summe zweier Strecken verhält sich zur längeren Strecke wie die lange Strecke zur kürzeren Strecke. Also (a+b)/a = a/b , klingt simpel – ist es aber nicht immer sofort. Deshalb bedient man sich, gerade im 16:9-Format, der „einfachen" Bild-Drittelung zur Annäherung an den goldenen Schnitt.
Diese Linien dienen auch in vielen Camcorder-Displays zur Orientierung bei der Bildgestaltung, wie schön im nebenstehenden Bild zu sehen ist.
Streng genommen ergeben sich natürlich bei der Bildaufteilung nach dem "goldenen Schnitt" und der Kadrierung (Bild-Drittelung) unterschiedliche Ergebnisse.
Gerade deshalb sollten die beiden Arten der Bildkomposition weniger mit einander verglichen und eher als zwei eigenständige, in der Praxis gleichermaßen hilfereiche Stilmittel angesehen werden.

Der formale Bildaufbau hat noch weitere Aspekte.
Die Bilddiagonalen führen im oberen Beispiel in Augenhöhe zur Mitte, zum Zentrum. Sie vermitteln weder eine direkt positive oder negative Bildstimmung.
Im unteren Beispiel ist die Diagonale im linken Bild nach oben führend, rechts dagegen führt sie nach unten – so können unterschiedliche Emotion ins Bild gebracht werden (nach oben führend - positiv; nach unten führend - negativ).


Runde Formen geben dem Auge Halt und einen sicheren Bezugspunkt im Bild. Die geometrische Form des Kreises wirkt im Vergleich zu einem Viereck nicht statisch.
Sie gibt auch unterbewusst keine Blickrichtung vor, wie es bei einem entsprechend positionierten Dreieck der Fall ist.
Bei der Farbkompositon ist das Prinzip "Ton in Ton" mit zwei oder mehr Farben genauso reizvoll wie Aufnhamen mit recht gegesätzlichen (komplementären) Farben. Im Falle der ähnlichen Farbtöne kann das Bild den Eindruck von Ruhe, Einigkeit, Gleichstellung vermitteln. Während die Farbgegensätze auch entsprechend für Machtverhältnisse oder Spannungen sprechen können.

Falls Personen und Tiere das Hauptobjekt im Bild darstellen, sollte man auf deren Blickrichtung und die entsprechende Positionierung im Bild achten.
In den Ausschnitten Oben wird "aus" dem Bild gegangen (das Hauptmotiv befindet sich mit der Körper-Front nah am Bildrand), während in den unteren "in" das Bild hineingegangen wird (es befindet sich mehr sogenanntes "Fleisch" vor dem Hauptmotiv).


Damit sich der Vordergrund abhebt, sollte der Hintergrund zum Beispiel eine andere Farbe oder eine andere Struktur haben. Oder er ist im Gesamten heller beziehungsweise dunkler als der Vordergrund.
Eine Unschärfe, hervorgerufen durch eine geringe Tiefenschärfe bei einem hohen Zoomfaktor oder einem Makro-Objektiv, kann ebenfalls hilfreich sein und Bildbestandteile von einander klar abgrenzen.
Nicht zu vergessen sogenannte Low-Key- und High-Key Aufnahmen, bei welchen jeweils das ganze Bild oder nur bestimmte Bildteile überstrahlen (sprich überbelichten) oder abgedunkelt werden.
Fazit:
Der Kameramann kann allein durch die Bildgestaltung und die Position der einzelnen Bildelemente Emotionen vermitteln oder verstärken beziehungsweise abschwächen. In Kombination mit dem Filmschnitt, den wir in Teil acht & neun dieses Ratgebers behandeln, beeinflusst der Bildaufbau maßgeblich, wie der Film vom Betrachter schlussendlich wahrgenommen wird.
Dies war der fünfte Teil unseres Weihnachts-Spezials zum Thema "Tipps aus der Amateurfilmer-Praxis". Die folgenen Tage präsentieren wir weitere Kapitel zu diesem Thema.
Teil 1: Planung Teil 2: die richtige Kamera Teil 3: Stative aller Art Teil 4: Ton und Licht Teil 5: Bildgestaltung Teil 6: Perspektiven und Bildausschnitte Teil 7: Automatik- gegen manueller Modus Teil 8: Schnittgrundlagen Teil 9: Schnittpraxis Teil 10: Filmdesign- und Präsentation(Walter Buddelmann/mad)
