Amateur-Film-Praxis: Stativ-Systeme
Zubehör für die „ruhige" Kamera
Freihand mit der Kamera filmen, bedeutet oft verwackeltes oder zumindest unruhiges Videomaterial. Um das zu minimieren ist hohe Konzentration bei der Bewegung notwendig, damit die Kamera ruhig in der freien Hand liegt.
Das muss natürlich nicht für jede Sekunde gelten. Natürlich kann es wichtig sein, schnell auf ein Objekt zu schwenken – aber danach sollte die Hand einen Moment ruhen, um ein brauchbares Bild zu erhalten.
Um die Kamera ruhig zu halten, gibt es viele Tricks und Hilfsmittel. Schon das sich Anlehnen zahlt sich aus und/oder die Kamerahand abzustützen – schon ist das Bild ruhiger. Jedoch lassen sich auch noch in der Nachbearbeitung mit Hilfe verschiedener Entwacklungsprogramme der eine oder andere grobe Schnitzer entfernen.
Eine einfache Methoden, die mit Kamera-"Bordmitteln" zu bewerkstelligen ist, wäre die Folgende:
Ein an die Kamera angebrachtes, und um den Hals hängendes Umhängeband wird zusammen mit der Kamera vom Filmer nach Vorne weg- und somit stramm gezogen. Dies bringt ein gewisses Maß an Stabilisierung beim Filmen, ist aber auf die Dauer sehr anstrengend und auch nicht immer praktikabel. Muss man zum Beispiel die Kamera manuell nachjustierten, entfällt die Zugkraft einer Hand.


Der nächste Schritt zum ruhigen Bild ist das Einbeinstativ. Allerdings kann die Kamera auf diesem konstruktionsbedingt leichter um seine Achse kippen, als auf einem Dreibeinstativ. In Verbindung mit dem gerade schon beschriebenen Umhängeband-Trick wird jedoch eine merklich verbesserte Stabilität erreicht.
Das Schöne am Einbeinstativ ist das geringe Gewicht. Ebenfalls hilft dieses beim Über-Kopf-Filmen. In diesem Fall kann es einfach am unteren Ende angehoben werden und verschafft somit der montierten Kamera die nötig Höhe.
Am sichersten stabilisiert natürlich ein Dreibeinstativ oder auch Tripod genannt. Drei Beine haben einen Riesenvorteil: Es kann nicht wackeln - höchstens schief stehen.
Oft hört man auch die alte Videofilmerweisheit: Das billigste Stativ ist besser als keines. Allerdings haben sehr kleine, leichte Stative Probleme bei schnellen Schwenks. Ein leichtes Kippen zeigt dann die Belastungsgrenze des Stativs an.
Gut ist es, wenn nicht nur ein Stativ zur Verfügung steht. Ein weiteres, robustes und schweres Stativ erlaubt eine deutlich bessere Kameraführung, hat aber eben ein entsprechendes Gewicht.
Und es gibt nicht nur "Dreibeiner" - sondern auch Hilfsmittel die als Ersatz dienen können. Dies wären zum Beispiel Klemmstative für den Tisch oder auch Ministative um auf einer Mauer die Kamera ruhig zu stellen. Ebenfalls erhältlich sind Kirschkernkissen mit Stativgewinde oder sogenannte „Bohnensäcke", um eine flexible und stabile Position zu erreichen.
Zubehör für die „bewegte" Kamera
Filmen ist - im Gegensatz zur Fotografie mit dem eingefrorenen Moment – das eingefangene Bewegtbild. Die Bewegung spielt sich allerdings nicht nur vor der Kamera ab - auch die Kamera selbst kann in Bewegung sein.
Soll die Kamera selbst bewegt werden, gibt es dafür als erstes den sogenannten Schwenkkopf. Das ist die einfachste Kamerabewegung. Kleiner Tipp: Der Schwenk gelingt weicher, wenn der Schwenkhebel mit einem Gummiband gezogen wird.
Außer der vertikalen und horizontalen Schwenkbewegung vom festen Standpunkt aus kann die Kamera auch „fahren". Dies geschieht dann mit einem sogenannten Slider (weiter unten mehr dazu). Ebenfalls kann sie mit Hilfe eines Krans in der Vertikalen bewegt werden. In Filmstudios gibt es sehr große Kräne für die Kameras und dazu Schienensysteme um saubere Fahrten in alle Richtungen zu ermöglichen. Für den privaten Bereich gibt es kleinere und im Funktionsumfang reduzierte Varianten.
Für die Bewegung aus der Hand gibt es Kamerazusatzgriffe. Durch das geringe Gewicht kleiner Modelle ist es schwieriger, diese genauso stabil zu halten, wie größere Modelle, wie zum Beispiel Schulterkameras.


Mit dem Einbein ist ebenfalls Bewegung möglich: Eine Gürteltasche vor den Bauch geschnallt, das Einbein rein gestellt und dazu das Umhängeband – das macht beweglich und stabil.
Statt des Umhängebands kann man auch einen Gummizug eines Expanders oder einer Gepäckspinne vom Hals zur Kamera legen – dies erhöht bei der genannten Do-it-yourself-Methode die Flexibilität bei Schwenkbewegungen.
Ein Schulterstativ bietet zwei grundlegende Vorteile: Die Kameraposition ist einerseits auf Augenhöhe und andererseits wird das Gewicht nicht mehr allein von den Armen getragen. Aufnahmen im Stand gelingen dadurch fast so ruhig wie vom Dreibeinstativ gefilmt.
Für Fahrtaufnahmen über mehrere Meter werden sogenannte Dollys verwendet. Hierbei gibt es für den Amateurbereich einige recht interessante Eigenbau-Lösungen.
Bei Dollys ohne Schienensystem und mit Inlineskaterrollen muss der Untergrund eben sein, damit keine unerwünschten Wackler im Bild auftreten. Dafür sind Laminatteile ganz nützlich. Für Systeme mit Schienen bietet das Internet viele Lösungen, zum Kauf aber auch als Bastler-Variante. Eine einfache Lösung ist z.B. die Verwendung einer Leiter als Laufschiene.
Interessant ist auch der Einsatz eines Slider. Im Unterschied zum Dolly-System wird beim Slider lediglich die Kamera samt Stativkopf aufgesetzt und es werden nur Strecken von circa einem halben bis zwei Meter zurückgelegt. Da die Slidersysteme auf Stative montiert werden können, ist ein sehr flexibler und schneller Einsatz möglich.
Den Slider kann man als Mittelweg aus Dolly und Kran ansehen, da mit ihm diagonal verlaufende Fahrten realisierbar sind. Hierfür werden jedoch meistens zwei Stative benötigt.
Für den privaten Bereich gibt es kleine Kransysteme. Bei der Anschaffung ist allerdings sehr auf die Größe zu achten, denn der Raumbedarf ist beträchtlich. Da kommen auch leicht noch zusätzliche Ideen (und Kosten) dazu: Ein Kontrollmonitor und vielleicht noch ein motorisch beweglicher Stativkopf.
Ein „Pseudokran" kann auch mit einem Dreibeinstativ realisiert werden. Zwei Beine stehen rechts und links am Kameramann, das vordere, dritte Bein ist lose oder eingefahren. Über die zwei Beine wird die Kamera nach vorne gekippt, sich auf das gewählte Objekt hinzu bewegend.
Für längere, freie Vorwärtsbewegungen werden Schwebestativ verwendet - aber der Umgang damit muss geübt werden! Bei einem Schwebestativ werden Bewegungen erheblich weicher, glatter. Entweder in der einfacheren Variante nur mit einem in der vertikalen befindlichen Gegengewicht.


Oder aufwändiger mit einem Federarmsystem. Mit einer solchen Aufhängung werden dann die Schwenkbewegungen des Kameramannes am effektivsten eliminiert.
Fazit:
Der angehende Filmer tut gut daran, sich als Grundausrüstung entweder ein Dreibein- oder zumindest ein Einbeinstativ zuzulegen. Zitterfreie Aufnahmen gelingen dadurch weitaus einfacher und entspannter. "Spezial-Stative" wie Kameraslider oder sogar Kransysteme sind nur wirklich nötig, wenn man auch Verwendung dafür findet und man entsprechende Aufnahmen realisieren möchte. Ein "Must-have" sind diese jedoch nicht.
Dies war der dritte Teil unseres Weihnachts-Spezials zum Thema "Tipps aus der Amateurfilmer-Praxis". Die folgenen Tage präsentieren wir weitere Kapitel zu diesem Thema. Teil 1: Planung Teil 2: die richtige Kamera Teil 3: Stative aller Art Teil 4: Ton und Licht Teil 5: Bildaufteilung Teil 6: Perspektiven und Bildausschnitte Teil 7: Automatik- gegen manueller Modus Teil 8: Schnittgrundlagen Teil 9: Schnittpraxis Teil 10: Filmdesign- und Präsentation (Walter Buddelmann/mad)