Vergleichs-Test: 5 Richtrohr-Mikrofone für Filmer
Der Boom bei filmenden Fotokameras hat für Filmer einen angenehmen Nebeneffekt: Immer mehr Zubehör für kompakte Cams erscheint, das nicht nur auf System- oder DSLR-Modelle passt, sondern natürlich auch auf herkömmliche Camcorder. Besonders profitiert davon die Tonqualität, seitdem Hersteller wie Røde oder Sennheiser hier Gas geben.
Doch der Kreis der Anbieter wächst ständig: So hat der Zubehörspezialist Hähnel zum bereits eingeführten Mini-Richtmikro Mk100 das zweite Modell Mk200 vorgestellt, während der japanische Mikrofonbauer Azden mit dem SGM-DSLR die Zielgruppe schon in der Typenbezeichnung adressiert.
Der chinesische Mikrofonhersteller MicW hat mit dem iShotgun die iPhone-Filmer genauso im Visier wie die DSLR-Freunde. Fünfte Neuerscheinung im Test ist das MKE 600 von Sennheiser, laut Hersteller speziell für den Einsatz durch Videojournalisten gedacht. Was dahinter steckt, klärt der Test dieser fünf ganz unterschiedlichen Richtmikros.


AZDEN SGM-DSLR
Für ein Richtmikro, das laut Typenbezeichnung speziell für DSLR-Filmer gedacht ist, kommt das Azden ziemlich ausladend daher: Ohne Windschutz oder Kabelstecker ist es immerhin 21,5 Zentimeter lang – da heißt es bei weitwinkligen Objektiven aufpassen, dass das Mikro nicht ins Blickfeld ragt. Die neue Version ähnelt – bis auf die Länge – dem Typ SMX-20 (Heft 4/2012) und ist ebenfalls mit der gummigefederten Schuhhalterung und dem Kippschalter im Heck ausgestattet, der die Stromversorgung aktiviert. Die dafür zuständige Knopfbatterie vom Typ LR 44 im Mikrofontubus zu platzieren – das ist schon die schwierigste Übung. Alles andere ist selbsterklärend. Für den Anschluss an DSLR-Kameras (oder natürlich auch an beliebige Consumer-Camcorder) liegt ein kurzes Spiralkabel bei, dessen Miniklinkenstecker so beschaltet ist, dass er das typische Mono-Signal eines Richtmikrofons auf beide Stereokanäle des Videos verteilt – was Irritationen beim Betrachter (der Ton kommt nur von einer Seite) vermeiden hilft.
Im Hörtest machte das Azden seine Sache gut: Sprache klingt verständlich, wenngleich etwas belegt, da es – verglichen mit der überbrillanten Klassen-Referenz MKE 400 von Sennheiser – an Höhen fehlt. Auch die Richtwirkung ist nicht ganz so gut, und in leisen Passagen ist leichtes Rauschen zu hören. Aber im Bassbereich bietet das Azden mehr als das MKE 400.
HÄHNEL MK100 und MK200
Die beiden Mk-Modelle unterscheiden sich auf den ersten Blick nur in der Farbgebung, doch es gibt wichtige Unterschiede in Details. So verfügt das Mk200 über eine besser vor Kamerageräuschen geschützte Aufhängung, da auch der Schuh selbst über ein (eigentlich unscheinbar wirkendes) Gummizwischenstück entkoppelt ist. Tatsächlich ließen sich in den Testaufnahmen weniger Rumpelgeräusche von der Kamera vernehmen als beim Mk100.
Der zweite wichtige Unterschied: Nur das 200er wird (zusätzlich zum obligatorischen Kunststoffwindschutz, den jeder Testkandidat mitbrachte) noch mit einem Fellüberzieher geliefert. Der zahlt sich auch aus, denn beide Hähnel-Mikros klingen relativ bassbetont und bekommen deshalb ohne Windschutz leicht Probleme bei Außenaufnahmen.
Ansonsten tönten die Sprachaufnahmen etwas dumpf, die Richtwirkung war mittelstark ausgeprägt – die den Sprecher umgebende Soundkulisse war fast genauso laut wie der Sprecher selbst. Bei leisen Stellen rauschten die Hähnel-Mikrofone lauter als die Konkurrenten im Test.
Punkten kann das Hähnel-Duo mit praktischen Bedienelementen: Die Empfindlichkeit lässt sich in drei Stufen einstellen – ist der ankommende Pegel zu hoch, signalisiert dies die Kontroll-LED mit rotem Licht.


MICW ISHOTGUN
Der chinesische Hersteller MicW machte bisher mit Messmikrofonen oder Mini-Mics für iPhone & Co. von sich reden (siehe Heft 3/2012). Mit dem iShotgun zielt er aber auch auf den DSLR-Markt. Das nicht mal 14 Zentimeter lange Richtmikro wiegt ohne Halterung nur 20 Gramm, da es keine eigene Stromversorgung und keine Batterie braucht: Es wird von der Plug-in-Power entsprechender Kameras oder Smartphones gespeist.
Der Hersteller empfiehlt das Mikro explizit für DSLR-Kameras von Canon (5D, 7D), Sony Alphas der 6er und 7er Serie sowie jede Menge Smartphones und Pads (iPhone, iPad, iTouch, iMac, Samsung Galaxy, Motorola XT, HTC Desire). Aber auch die Panasonic-Camcorder X 900 M, X 909, V 707 listet er auf, plus die Sony-Typen CX 250, CX 570, CX 730 und den Canon HF G 10. Wir haben das iShotgun außer an der Canon 7D auch an einem Panasonic-Camcorder HDC-HS 900 eingesetzt. Es sollte generell an allen Camcordern und Kameras laufen, die über die 3,5-Millimeter-Buchse Plug-in-Power anbieten. Da das Ende des Mikrofons als 3,5-Millimeter-Stecker ausgeführt ist, lässt es sich an Smartphones direkt ohne Kabel andocken. Für den Einsatz an Kameras liefert MicW ein kurzes Spiralkabel mit, aber auch ein Drei-Meter-Verlängerungskabel für den abgesetzten Betrieb.
Der besondere Gag im Mikro-Koffer ist eine ausziehbare Mini-Angel. Damit kann der Einhand-iPhone-Filmer mit der zweiten Hand seinen eigenen Live-Ton angeln.
Das iShotgun ist als Superniere besonders für die Aufnahme von Interviews geeignet. Zum Einsatz auf der Kamera wird eine einfache Halterung mitgeliefert, die das Mikro über Gummifäden aufnehmen und entkoppeln soll. Allerdings stimmte da die Balance noch nicht: Das Mikro ist zu kopflastig, beim Einsatz des Spiralkabels geriet es zudem leicht aus der Achse. Hier sollte der Hersteller noch nachbessern. Aber nicht nur iPhone- oder DSLR-Filmer sollten das iShotgun in Betracht ziehen: Die meisten Kompakt-Camcorder mit Mikrobuchse profitieren von der Richtwirkung des leichten Mikros, zumal es eine echte Alternative zu dem bewährten Sennheiser MKE 400 oder Røde Video Mic Pro darstellt: Es klingt nicht ganz so höhenbetont wie das Sennheiser und nicht so bassbetont wie das Røde. Auch rauscht es relativ wenig.
SENNHEISER MKE 600
Oberhalb des Kompakt-Richtmikros MKE 400 siedelt Sennheiser das MKE 600 an. Anders als das 400er zielt es auf den unteren Profibereich – und da vor allem auf die neue Anwendergattung der Videojournalisten, speziell auf diejenigen, die mit einem typischen „Henkelmann" samt Phantomspeisung arbeiten. Dafür ist das MKE 600 mit seinem XLR-Anschluss ausgelegt. Alternativ funktioniert es auch per Batterie und Miniklinke samt XLR-Adapter an einem Consumer-/Prosumer-Cam. In dieser Kombination erreichten wir aber nur deutlich geringere Pegel als mit den Consumer-Mikrofonen – dafür ist das MKE 600 offenbar nicht ausgelegt. Trotzdem verwies es die vier günstigeren Mikros bei der Tonqualität auf ihre Plätze, denn es klang deutlich natürlicher, zudem war die Richtempfindlichkeit sehr hoch. Den Umgebungsschall unterdrückte das 600er souverän, auch die für Sprachverständlichkeit wichtigen Frequenzen arbeitete es gut heraus, ohne flach zu wirken. Mit dem MKE 600 ist Sennheiser ein Top-Mikro gelungen.
FAZIT
Bei den Mikrofonen ist die Welt noch in Ordnung: Was viel kostet, klingt auch meist besser. Dennoch ist der Punktbeste, das Sennheiser MKE 600, nicht die optimale Wahl für alle Filmer, denn es fühlt sich pegelmäßig nur an XLR-Profikameras so richtig wohl – an Consumercams ist es zu leise. Für DSLR-Filmer packt MicW zum winzigen iShotgun das empfehlenswerteste Paket. Klanglich liegt das robust gebaute Azden etwas darunter. Wer seinen Camcorder billig mit einem kompakten Richtmikro aufrüsten will, bekommt bei Hähnel adäquate Leistung für den Preis. Einen Testsieger küren wir wegen der gewaltigen Preisunterschiede nicht.




MicW
iShotgun
Preis: 249 Euro
Azden
SGM-DSLR
Preis: 229 Euro
Hähnel
Mk200
Preis: 149 Euro
Hähnel
Mk100
Preis: 100 Euro
Unsere Empfehlung für ein hochwertiges, aber leichtes Richtmikro auf DSLR-Kameras wie Kompakt-Camcordern. Besticht mit hoher Empfindlichkeit und pfiffiger Ausstattung. Die Typenbezeichnung gibt zwar die Zielgruppe vor – aber wohler fühlt sich das Richtrohr auf einem Camcorder, der stattlichen Länge wegen. Gegenüber MicW weniger Richtwirkung, weniger Höhen und etwas mehr Rauschen. Das Mk200 weiß mit kompakten Maßen, einfacher Bedienung (großer Power-Schalter, Empfindlichkeitsregler) und gutem Zubehör zu gefallen. Bei Richtwirkung und Rauschen muss der Filmer allerdings preisbedingte Abstriche machen. Die Mikrofonentkopplung ist beim billigeren Hähnel nicht so gut wie beim verwandten Modell (links) im Test, außerdem fehlt der zusätzliche Fell- Windschutz. Wir raten deshalb eher zum Modell Mk200.
+ sehr kompakt nd äußert leicht
+ gute Richtwirkung
+ sehr umfangreiches Zubehör
– Gummiaufhängung stabilisiert Mikro nicht ausreichend
+ sehr stabile Konstruktion
+ gute Kamera-Mikrofonhalterung
– umständlicher Batteriewechsel
– relativ lang für DSLR-Einsatz
+ dreistufige Empfindlichkeitsregelung
+ zusätzlicher Fell-Windschutz
– rauscht in leiser Umgebung
+ dreistufige Empfindlichkeitsregelung
– rauscht in leiser Umgebung
– anfälliger für Bediengeräusche
Urteil: sehr gut
(77/100 Punkte)
Urteil: gut
(68/100 Punkte)
Urteil: gut
(65/100 Punkte)
Urteil: gut
(62/100 Punkte)
Preis/Leistung: sehr gut Preis/Leistung: gut Preis/Leistung: gut Preis/Leistung: gutAutor: |
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