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Praxistest: Magix Sound Forge Pro 18 Suite - der Dinosaurier lebt

Von Sonic Foundry über Sony zu Magix: Sound Forge ist seit den Neunzigern am Start und hat in dieser Zeit drei Besitzerwechsel und knapp drei Jahrzehnte Technologieentwicklung miterlebt. Wie reiht sich Sound Forge in das Magix-Portfolio ein? Und was kann Sound Forge besser als die Konkurrenz im eigenen Haus?

IM TEST:
Magix Sound Forge Pro 18 Suite, 599 Euro

Als einer der Computer-Pioniere gestartet, wurde Sound Forge 2003 von Sony und 2016 durch Magix übernommen und war zu diesem Zeitpunkt mindestens optisch in die Jahre gekommen. Doch gibt es bei Magix überhaupt noch Platz für ein weiteres Audioprogramm? Immerhin haben die Berliner auch nach Insolvenz und Übernahme durch RM Equity Establishment mit Music Maker, Samplitude Pro X und Sequoia drei Audioprogramme im Portfolio, die von Amateur bis Profi alle Budgets und Komplexitätslevel abdecken. Mit einem Preis von 299 Euro für die Basisversion und 499 Euro für die Suite oder 180 respektive 240 Euro jährlich platziert Magix Sound Forge in der Profiliga, über den DAWs Music Maker und Samplitude Pro X und unter dem Mastering-Programm Sequoia. Gleichzeitig bewirbt der Hersteller das Programm als Komplettlösung für Aufnahme, Bearbeitung und Mastering – höchste Zeit also, sich das Programm genauer anzuschauen.

ARBEITSWEISE

Magix hat Sound Forge optisch aufgehübscht, das Layout ist dabei gleichgeblieben. Das Programm baut sich aus vielen verschiedenen Fenstern zusammen, die aktiviert und im Programmbildschirm arrangiert werden können. Auffälligstes Merkmal ist das Fehlen eines Mischers, generell ist es in Sound Forge nicht möglich, eine Spur als Ganzes mittels Fader in Lautstärke oder Panorama zu verändern. Dafür offeriert das Programm für diese Parameter Hüllkurven, welche dann auch selektive Eingriffe zulassen. Insgesamt fokussiert sich Sound Forge jedoch auf den „Sound“, sprich die einzelne Spur, als auf den Mehrspur-Mix. Import von Klängen mit einer anderen Quantisierung als der im Projekt ist nur mit einer Tonhöhen- beziehungsweise Geschwindigkeitsveränderung dieses Klanges möglich.

Mehrspur-Arrangements sind in Sound Forge möglich, das Programm ist aber klar auf die Arbeit mit einer Audiospur ausgelegt.

Möchte man nicht den unübersichtlichen Plugin-Browser benutzen, greift man über das Instant-Action-Menü auf Effekte wie Kompressor, Equalizer oder Hall zu. Einige dieser Effekte kommen von Drittanbietern und benötigen eine eigene Aktivierung, was etwas hinderlich ist. Welche Effekte Magix neu hinzugefügt hat und welche schon davor existierten, erkennt man schnell, denn letztere sehen wortwörtlich alt aus. Dem Klang tut das jedoch keinen Abbruch, sowohl alte als auch neue Plugins liefern professionelle Ergebnisse. Hervorzuheben ist der „Dynamic Equalizer“, ein parametrischer Equalizer, welcher durchschnelle Anpassungen ermöglicht und mit seinen bis zu 16 Bändern keine Wünsche offenlassen sollte. Der in Version 18 neu hinzugefügte 3D-Reverb beherrscht von kleinem Raum bis Kathedrale alle Hallarten, ohne dabei künstlich zu klingen.

Zur Analyse stehen zahlreiche Anzeigen wie beispielsweise Spektralanzeige, Lautstärke- und Ture-Peakmeter zur Verfügung, die man ganz nach den eigenen Anforderungen zuschalten und anordnen kann.


PRAXIS - PRODUKTION

Was das alles mit Videobearbeitung zu tun hat? Mehr als man auf den ersten Blick vermuten mag. Um aus der Praxis zu zitieren: In unseren Test der drei Zoom Hessential-Fielrekorder testeten wir das Gerücht, man müsse dank der Aufnahme mit 32 Bit-Quantisierung nicht mehr pegeln. Wir testen dabei immer bei echten Aufträgen, denn nur so kann man eine Aussage darüber treffen, ob ein Gerät wirklich praxistauglich und professionell einsetzbar ist. Um aber in jedem Fall einen verwertbaren Ton zu haben, pegelten wir einen der drei Zooms bewusst niedrig. Jetzt galt es, den Ton der drei Recorder wieder auf das gleiche Niveau zu regeln. Klar könnte man das in Premiere mit Nachverstärken und Pegeln machen, viel schneller ist man jedoch in Sound Forge: Daten einladen, Normaliser mit Preset auf die Aufnahme legen und anschließend exportieren. Mit den Presets des Normalisers stellt man auch sicher, dass alle Clips den gleichen Durchschitts- oder Spitzenpegel haben, was die Nachbearbeitung erleichtert.

Der grafisch etwas atbacken wirkende Normaliser ist in der Tat so etwas wie der Hidden Champion von Sound Forge. Mit seinen praktischen Voreinstellungen bekommt man Audioclips schnell auf die gewünschte oder geforderte Lautstärke.

Sound Forge bietet die Möglichkeit, mehrere Plugins hintereinander in eine Kette zu schalten. Leider kann man die Plugins nicht aus dem Instant Action-Menü in die Kette ziehen, sondern muss sie über den Plugin-Browser hinzufügen. Hat man seine Effekte zur Kette hinzugefügt, kann man diese nach Belieben anordnen und einstellen. Im Gegensatz zur direkten Effektanwendung über das Instant Action-Menü, welches nur die Rückgängig-Option bietet, sind so auch nachträgliche Änderungen am jeweiligen Effekt möglich. Aus diesem Grund würden wir immer zur Verwendung der Plugin-Kette raten. Zumal man seine Kette speichern und somit jederzeit wieder laden kann. So müssen beispielsweise Sprecher ihre Bearbeitungskette nur einmal festlegen und können alle folgenden Aufnahmen mit wenigen Mausklicks fertig produzieren.

In der Plugin-Kette kann man sich Plugins anordnen und abspeichern. Die gesamte Kette mit getroffenen Einstellungen lässt sich so schnell wieder aufrufen, was die Arbeit enorm erleichtert.


PRAXIS - MASTERING

Mit unter anderem Spektroskop, Monokompatiblitätsanzeige und LUfs-Anzeige offeriert Sound Forge eine große Bandbreite an Analyse-Anzeigen und ist auch für die Aussteuerung nach Rundfunkstandard gerüstet. Denn diese richtet sich nicht mehr nach Dezibel, sondern nach sogenannten Loudness Units. Hintergrund dessen ist die Tatsache, dass nach Dezibel ausgesteuerte Videos nicht als gleich laut empfunden werden. Gemäß der alten Norm galt ein digitales Medienwerk als korrekt ausgesteuert, wenn dessen Durchschnittlicher Pegel bei -9dB(Fs) liegt. Befindet sich beispielsweise der Audiopegel eines Videos konstant bei -9dB(Fs), der Pegel eines anderen jedoch oft darüber oder darunter, so sind beide Videos gemäß der alten Regel korrekt ausgesteuert. Der Mensch empfindet jedoch das erste Video aufgrund des gleich lauten Pegels als lauter das das zweite, dynamischere Video. Der Unterschied fiel vor allem bei Werbeunterbrechungen im Fernsehen auf, wo die Lautstärke der Werbeclips im Kontrast zur Sendung als viel zu laut empfunden wurden. Denn um so laut wie erlaubt sein zu dürfen und so auf jeden Fall akustisch hervorzustechen, waren Werbefilme oft bis ans Limit komprimiert und besaßen dementsprechend nahezu keine Dynamik mehr.

Der Effekt-Browser bietet bei der Unmenge an vorinstallierten Plugins wenig Übersicht.

Deshalb entwickelte die European Broadcast Union ein neues Lautstärke-Messverfahren mit Loudness Units als neuem Wert, welches mehr auf das subjektive Hörempfinden von Menschen eingeht. Diese EBU R128-Norm ist der neue europaweite Standard und damit beispielsweise bei ARD und ZDF gültig. Als korrekt ausgesteuert gilt ein Medienwerk nun, wenn sein durchschnittlicher (root mean square, kurz RMS) Pegel -23LU(Fs) beträgt. Sound Forge verfügt nicht nur über eine Lautheitsanzeige, welche die Abweichung von diesem Wert darstellt, sondern hat auch den Normaliser mit einem entsprechenden Preset ausgestattet. Um ein Video nach der neuen Norm auszusteuern, reicht es, den Videoton oder gleich das ganze Video in Sound Forge zu importieren und den Normaliser mit dem Preset „EBU R 128“ zu aktivieren.

Man kann gleich sein ganzes Video in Sound Forge importieren, für uns ergibt es jedoch mehr Sinn, den Videoton in Sound Forge zu bearbeiten, ins Schnittprogramm zu exportieren und das Video dort zu exportieren.

FAZIT

Jonas Schupp VIDEOAKTIV Autor Lässt man sich auf den am Anfang ungewöhnlichen und auch nach intensiver Nutzung etwas hölzernen Workflow ein, lernt man schnell die Stärken des Programms kennen. Vor allem der Normaliser hat es uns angetan, denn mit diesem bekommt man schnell Aufnahmen auf einen akzeptablen Pegel und Videoton auf die vom Rundfunk gewünschten -23LU(Fs) sowie andere Normen. Ebenso sinnvoll ist die Plugin-Kette, mit der beispielsweise Sprecher und Mastering-Ingenieure ihre einmal eingestellten Effekte schnell aufrufen können, was bei regelmäßigem Einsatz viel Zeit einspart. Dass man ohne Plugin-Kette anliegende Effekte nicht nachträglich bearbeiten kann, ergibt für uns wenig Sinn, ebenso wie die Tatsache, dass man die Effekte für die Plugin-Kette nur aus dem wenig übersichtlichen Effekt-Browser auswählen kann.

DATEN

DATEN UND TESTERGEBNISSE

Magix Sound Forge Tabellenbild

Hersteller Magix
Modell Samplitude Pro 18 Suite
Preis 599 Euro (einmalig)
180 Euro/Jahr (365-Version)
Internet magix.com
DATEN                                             
System ab Windows 8 (64 Bit)
Sprache Deutsch
Videoformate MP4
Auflösung 32 Bit, 192 kHz
Plugin-Formate VST2, VST3, ARA 2
va logo kl 100  
Urteil gut
Preis/Leistung gut
Autor:
Jonas Schupp
Bildquellen:
Magix, Joachim Sauer, Jonas Schupp MEDIENBUREAU
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