DJI Neo: 199 Euro teure autonome Kameradrohne
IM TEST:DJI Neo (199 Euro) mit FlyMore Combo und somit RC-N3 (Fernsteuerung) und drei Akkus, 349 Euro
Gerade im unteren Preissegment will DJI seinen Anspruch als Marktführer nicht verlieren. Denn gerade in diesem Segment kann man „Masse“ machen – schließlich ist inzwischen klar definiert, dass man Drohnen unter 250 Gramm Gewicht ohne Drohnenführerschein fliegen lassen darf. Das senkt die Anforderungen an den Piloten und damit die Hemmung, selbst in die Luftaufnahmen einzusteigen. Die DJI Neo ist dabei mit 135 Gramm sogar noch besonders leicht und mit 13 x 16 x 5 cm so kompakt, dass sie bequem in der Jackentasche verschwinden kann. Die kleinen Rotoren packt DJI dabei in stabile Käfige – verzichtet aber auf der anderen Seite aber nahezu vollständig auf die sonst üblichen Sensoren, die bei größeren Modellen sicherstellen, dass die Drohne nicht gegen Hindernisse fliegen kann. Dafür integriert DJI auf die Oberseite eine Taste für die Flugmuster, so dass man auf Wunsch die Drohne sogar ganz ohne Fernsteuerung fliegen und Personen umrunden oder verfolgen lassen kann. Klingt nicht nur entspannt und spannend – so locker flockig waren bisher Drohnenaufnahmen noch nie.
VIDEOAKTIV hat die DJI Neo bereits vier Wochen in der Redaktion und hat damit sowohl kommerziell gefilmt als auch Flüge rein zum Spaß absolviert.
FERNSTEUERUNG
Es bleibt beim alten Lied: Natürlich muss man auch die DJI Neo erst über eine Registrierung bei einem DJI-Account aktivieren, denn sonst verweigert sie nach fünf Flügen die die Zusammenarbeit. Das ist kein Hexenwerk und bei Drohnen durchaus auch nachvollziehbar. Dennoch bleiben wir dabei, dass die strickte sofortige Zwangsregistrierung zumindest unkomfortabel ist. Ansonsten gibt es zu App nicht viel zu erzählen – denn sie kann das, was man von DJI gewöhnt ist. Allerdings setzt sie ein Smartphone voraus, das man einfach oben in die Halterung klemmen kann. Im Test haben wir das Sony Xperia 1 VI verwendet, bei dem die Halterung auf den Einschalter drückt. Dreht man das Smartphone um ist das Problem behoben, allerdings muss man dann auch das USB-C-Verbindungskabel in der Fernsteuerung andersherum einstecken, damit es bis zur USB-C-Buchse des Smartphones reicht. Schaltet man die Fernsteuerung ein, meldet sich die DJI Fly-App automatisch und die Verbindung zur Neo ist, sofern diese eingeschaltet ist, sofort hergestellt.

In der DJI Fly More Combo kommt die RC-N3 Fernsteuerung mit, die mit der DJI-Fly-App gut kommuniziert. Die App gibt’s für Android oder iOS.
Aus der App kann man die Drohne starten und mit den Daumen erreicht man die Joysticks für die Bewegungen. Parallel kann der linke Zeigefinger über das vorn an der Fernsteuerung angebrachte Rändelrad die Neigung der Kamera verstellen. Damit funktioniert also bei der kleinen RC-N3 Fernbedienung alles genauso wie man es von den großen DJI-Fernsteuerungen gewohnt ist. Leider trifft dies auch auf die vorausgewählten Flugmodi zu, denn die Drohne ignoriert weiterhin nach dem Einschalten leider den Zustand des Schiebeschalters und ist immer im Normalmodus, bis man den Schalter eben einmal auf N und wieder zurück in den meist sinnvolleren C-Modus (Cine) zurückschiebt.
FLUGKÖRPER
Die DJI Neo erinnert auf den ersten Blick an die (bereits getestete) Avata 2– doch tatsächlich ist sie deutlich kleiner und leichter. Aber sie hat eben auch in einem Käfig befindliche Propeller, welcher im Gegensatz zur FPV-Drohne die Propeller nicht nur seitlich, sondern auch von unten und oben umgibt. Den oberen Schutz kann man zwar abnehmen, was zu einer geringfügig längeren Flugzeit führt und sie etwas leiser macht, aber ansonsten nicht wirklich sinnvoll ist. Denn Sensoren hat die Drohne nur auf der Unterseite, damit sie den Abstand zum Boden abschätzen kann. Ansonsten fliegt die Drohne dort hin, wohin man sie steuert – im Extremfall also auch an die Wand oder in Bäume. Gerade bei letzterem ist der obere Käfig durchaus sinnvoll, denn sonst bleibt die Neo all zu leicht in luftiger Höhe in Ästen hängen, was sie schwer zu bergen macht. Ansonsten kommt die Drohne eben recht schnell runter, denn bei einer Kollision schaltet die Drohne die Propeller ab. Die Propellerkäfige dienen dann dem Schutz des Flugkörpers und der Gimbal-Kamera. Inwieweit ein Absturz dann tatsächlich folgenlos bleibt, dürfte eher dem Zufall respektive der Flughöhe überlassen sein.

Die DJI Neo hat nur auf der Unterseite Sensoren, die für das Landemanöver wichtig sind. Denn nur mit der Information des Abstands kann die Drohne sanft auf dem Boden aufsetzen.
Die Propeller sind deutlich kleiner als bei der Avata – die auch schon keine Leisetreterin ist. Kleinere Rotorblätter müssen entsprechend schnell drehen, damit die Neo abhebt und das hört man doch deutlich. Sie hat ein sehr vergleichsweise hohes und dominantes Fluggeräusch, das auch noch in 50 Meter Höhe sehr störend am Boden wahrgenommen wird. Unauffällig ist sie also nicht – allerdings ist sie so klein, dass man sie in 50 Meter Flughöhe nur noch wahrnimmt, wenn man genau weiß, wo sie steht. Sucht man den Himmel nach ihr ab, hat man nahezu keine Chance. Zumal sie auch keine Signallichter hat, die eine Ortung leichter machen.

Die kleinen Rotoren sorgen für mächtig hochfrequenten Lärm, den man auch noch in 50 Meter Entfernung deutlich wahrnimmt.
GIMBAL
Eine weitere Parallele zur Avata ist die Aufhängung der Kamera – die genau genommen kein „echtes“ Gimbal ist. Die Kamera hängt nicht unten an der Drohne, sondern ist in der Spitze in einer leicht gefederten Aufhängung angebracht. Sie hat lediglich eine bewegliche Achse, mit der man die Kamera nach unten neigen oder nach oben blicken lassen kann. Entsprechend gleicht das Ein-Achs-Gimbal die Neigebewegung beim Vorwärts und Rückwärtsflug aus. Klassische Gimbals haben eigentlich zwei oder drei Achsen und können so Roll-Bewegungen ausgleichen und eben auch die Kamera seitlich schauen lassen. Doch seitliche Bewegungen kann die DJI Neo nicht ausgleichen – im Flug lässt sich aber natürlich, auch wenn sich die Kamera nicht seitlich stellen lässt, dennoch seitliche Flugaufnahmen realisieren, denn die Drohne fliegt anstandslos auch seitlich und – anders als die DJI Avata – auch gleich zum Beginn an rückwärts. Zumindest mit der RC-N3 Fernsteuerung. Die DJI Neo kann jedoch auch mit der DJI Goggles-Brille und der FPV-Fernsteuerung gekoppelt werden. Unsere Aussagen zum Flugverhalten (siehe nächste Seite) beziehen sich grundsätzlich auf die Kombination mit der RC-N3 Fernsteuerung.

Die Kamera ist gut vom Flugkörper geschützt, so dass kleinere Rempeleien keinen Schaden verursachen. Damit ist aber nur eine Stabilisierung in einer Achse machbar.
FLUGEIGENSCHAFTEN
DJI hat es in den letzten Jahren geschafft seine Fernsteuerungen zu perfektionieren. Die Joysticks funktionieren gut, alle wichtigen Tasten sind gut erreichbar und die Handyklemme der DJI RC-N3 ist ausreichend groß, um auch größere Mobiltelefone aufnehmen zu können. Die für die Verbindung nötigen Kabel (USB-C/USB-C sowie USB-C-Lightning) liegen bei und passen beim Transport unter die Halterung. Zwar lässt sich auch im Normalmodus keine Hochgeschwindigkeit fliegen, denn die Maximalgeschwindigkeit ist mit knappen 22 Stundenkilometer eher langsam, aber im Cine-Modus werden die Bewegungen etwas weicher, was prinzipiell wünschenswert ist. Denn sonderlich sanft lässt sich die DJI Neo auch so nicht immer steuern. So gelingt das Anfliegen sowohl vorwärts als auch rückwärts ordentlich und auch das Aufsteigen und Absenken klappt gut. Seitliche Bewegungen werden dagegen zu ruckartig ausgeführt – auch dann, wenn man wirklich nur ganz sanft am Steuerknüppel die Bewegung ausführt. Auch die Neigung des Gimbals ist nicht annähernd so gut machbar, wie mit den anderen, teureren DJI-Drohnen. Entsprechend ist man in vielen Situationen mit den vorgegebenen Flugmustern besser bedient, denn diese fliegt sie tatsächlich zuverlässig ab, zumindest solange es windstill ist.

Die DJI Neo steht auch bei nahezu windfreiem Wetter nicht wirklich ruhig in der Luft. Deshalb wirken stehende Aufnahmen nicht wirklich ruhig. Im Flug ist die Drohne schon stabiler, reagiert aber relativ nervös auf die seitliche Steuerung.
AUTONOMES FLIEGEN
Eine echte Besonderheit hat sich DJI mit der kleinen und auf den ersten Blick unscheinbaren Bedieneinheit auf der Oberseite überlegt. Drückt man den die Taste, schaltet man die verschiedenen Flugmuster durch, was die Anzeige signalisiert und die Drohne zudem per Sprachausgabe in Englisch mitteilt. Hat man die passende Wahl getroffen, drückt und hält man die Taste erneut. Jetzt zählt die Neo einen Countdown runter und startet aus der Hand. Mit dem Flug beginnt die Neo auch die Aufnahme und beendet diese dann nach Abschluss des Flugmenövers auch wieder. Wirklich interessant sind die Modi allerdings nur fürs Selfie-Filmen, denn die Flughöhe begrenzt DJI in diesem Modus auf vier Meter.

Mit der oben aufgebrachten Bedienung zeigt die Drohne an, in welchem Modus man sie startet. Ein längerer Druck auf den Knopf und die Neo startet aus der Hand und kommt nach dem Abschluss der Aufnahme wieder zum Ausgangspunkt zurück.
BILDQUALITÄT
Die erste Frage lautet immer: Was darf man erwarten? Die DJI Neo arbeitet mit einem 1/2 Zoll Sensor der 12 Megapixel liefert. Das ist ein vergleichsweise kleiner Sensor mit einer für die Größe durchaus stattlichen Auflösung. Zwangsläufig bedeutet dies, dass die einzelnen Pixel klein sind und das Kameramodul damit nicht besonders lichtstark ist. Man darf zudem Schwierigkeiten bei feinen Strukturen im Bild erwarten. Und genau das sieht man in den Bildern, die DJI ganz modern sehr bunt abgestimmt hat. So wird der hellblaue Himmel oder die schon leicht herbstlich verfärbte Wiese schon mal deutlich satter dargestellt als sie es in der Realität sind. Die Option ein Log-Profil zu wählen, bietet die Drohne genauso wenig wie unterschiedliche Farbprofile. Immerhin kann man im „Pro“-Mods die ISO-Empfindlichkeit und Verschlusszeit manuell wählen und eine Belichtungskorrektur durchführen. Auch der automatische Weißabgleich kann deaktiviert und zumindest mit Kelvinwerten manuell eingestellt werden. Dennoch: Das Bild wirkt einfach insgesamt wenig elegant – wobei sich der Eindruck bei feinen Strukturen noch verstärkt: Hier tauchen immer wieder kurze Moiré-Effekte auf, die auch Laien irritieren – selbst, wenn sie die Effekte nicht benennen können. Wirklich deutlich fällt zudem der Detailverlust auf – wir weißen hier auf die Aufnahmen vom Blumenfeld vor der Kirche hin.

Schauen Sie in unserem Video in die feinen Strukturen wie hier im Feld links neben dem Radweg. Hier tauchen immer wieder kurze Moiré-Effekte auf. Die Fluggeschwindigkeit reicht übrigens für die Radfahrer kaum aus, weshalb diese irgendwann aus dem Blickfeld verschwinden.
VIDEO-SPEICHER UND -MODI
Wenn man eine besonders leichte Drohne bauen will, dann ist der Verzicht auf einen Speicherkartenschacht logisch. Hier verursacht schon die Mechanik und Abdeckung zu viel Gewicht. DJI integriert in ihre Drohne deshalb einen 22 GB großen internen Speicher. Die maximale Datenrate der DJI Neo liegt bei 75 Mbps, wobei man besser H.265 statt des alternativen älteren, aber eben einfacher zu verarbeitenden H.264. Solange der Rechner halbwegs aktuell ist, sollen die H.265 Videos ebenfalls gut bearbeitbar und qualitativ besser sein. Ebenfalls etwas bedauerlich ist, dass man in UHD-Auflösung keine Wahl bei der Bildrate hat: Es gehen 30 Bilder – das wars. Hier wäre zumindest die hierzulande üblichen 25p durchaus machbar gewesen. In Full-HD liefert die Kamera-Drohne dann wahlweise eine Bildrate von 30, 50 oder 60 Bildern. Die Größe des internen Speichers ist gut überlegt, denn so passen ziemlich genau die Aufnahmen von drei vollen Akkus, sprich knappe 45 Minuten Video auf den Speicher. Auslesen lässt sich dieser via USB-C, wobei die auf der Drohnen-Rückseite angebrachte USB-C-Buchse keine Abdeckung hat.

Die DJI Neo hat keinen Speicherkartenschacht, dafür aber einen 22 GB großen internen Speicher. Ausgelesen wird dieser via USB-C-Schnittstelle, die allerdings ungeschützt auf der Rückseite angebracht ist.
DATEN UND TESTERGEBNISSE
Hersteller DJI Modell Neo Fly More Combo Preis 349 Euro Internet dji.com DATEN Abfluggewicht 0,135 Kilogramm Abmessungen 130 × 160 × 50 mm (flugfähig) Max. Flugzeit 14 bis 17 Minuten Geschwindigkeit 21,8 km/h Gimbal-Neigeachse -120 bis +120 Grad (steuerbar -90 bis +60 Grad) Rotations-/Drehachse - Panorama-Achse 360 Grad (durch Flugbewegung) Kamera-Sensoren 1/2 Zoll CMOS, 12 Megapixel Optik* 117 Grad Blickwinkel Adapterring -- Videoauflösung 3840 × 2160 Pixel, 30 Bilder 1920 x 1080 Pixel, 60/50/30 Bilder VideoformatMP4 (H.264/H.265), max. 75 Megabit/s

FAZIT
DJI hält mit der Neo bei der Bildqualität einen deutlichen Abstand zur ebenfalls führerscheinfrei fliegbaren, aber mit mindestens 799 Euro deutlich teureren Mini 4 Pro ein. Nicht dass das Bild wirklich schlecht aussieht, doch es ist eben sehr bunt und man sieht bei feinen Strukturen relativ schnell einen Moiré-Effekt. Das stört wahrscheinlich die anvisierte Zielgruppe wenig, denn Einsteiger wollen oft die Videos weitgehend unbearbeitet direkt über Social Media teilen. Genau dafür ist die Drohne bestens geeignet, zumal man sie auch mal so in die Luft steigen lassen kann, ohne die Fernsteuerung parat haben zu müssen. So fliegt sie Flugmuster und verfolgt Personen – einfacher können Flugaufnahmen kaum sein. Unter professionellen Gesichtspunkten ist die DJI Neo dagegen weitgehend uninteressant, auch weil in Innenräumen und bei wilden Flugmanövern die Avata 2 eine bessere Figur macht. Profis werden kaum Anwendung für die autonome Flugfähigkeit und die Sprachsteuerung haben. Aber wer für den Einstieg ins Luftfilmen wenig investieren will, macht mit ihr am Ende auch nichts falsch. + robuste Konstruktion + autonomes Fliegen möglich + gute Fernsteuerung - Beruhigung nur in der Neigung (eine Achse) - geringe Fluggeschwindigkeit- geringe Flugstabilität
Autor: Joachim SauerBilder: Joachim Sauer, Jonas Schupp, MEDIENBUREAU
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