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Actioncam-Test: Kandao QooCam 3 – 360°-Kamera im Drehalltag

Kandao ist als Hersteller hierzulande noch unbekannt, hat aber mit seinen 3D- und 360°-Kameras interessante Produkte für Profis und Amateure im Angebot. Wir haben die QooCam 3 in der Praxis getestet.


VA kamera logo 50px IM TEST:Kandao QooCam 3, 389 Euro

360°-Kameras assoziiert man zuerst mit zwei Dingen: Zum einen mit Virtual Reality-Formaten à la Google Street View und zum anderen mit Actioncams, was vor allem an GoPro liegt, die mit der Fusion und deren Nachfolger Hero Max früh auf diese Kameraart setzten. Einen Durchbruch wie die Actioncams selbst haben 360°-Kamera nicht erlebt, obwohl das Einsatzgebiet sehr vielfältig ist und mehrere Hersteller auf den Plan gerufen hat. Zu diesen zählt auch Kandao aus China, die mit ihren Kameras für Meetings sowie für 3D-, Augmented Reality und 360°-Produktionen sowohl Profis als auch Amateure ansprechen. Was nicht bedeuten soll, dass die Amateurprodukte professionell einsetzbar sind. Zumal heutzutage kein Profi-Drehteam ohne eine Actioncam im Gepäck auskommt. Hat die QooCam das Zeug zum Profi-Equipment?

360°-Kameras sind mehr als nur Gimmicks. Joachim Sauer setzte die QooCam in den letzten Wochen in nasskaltem Wetter für eine Baustellen-Dokumentation und berichtet, wie die Actioncam mit den wiedrigen Bedingungen zurechtgekommen ist.

ÄUẞERES UND FORMATE

Wie deutlich GoPro mit seinen Actioncams im Segment der kompakten Kameras immer noch die Messlatte sind, merkt man am Design der QooCam 3, die sich sehr deutlich an der Hero Max orientiert: Mit einem berührungsempfindlichen 4,8-Zoll-Bildschirm und zwei diagonal versetzten Kameras mit 1/1,5-Zoll-Sensor auf den breiten Gehäuseseiten sieht sie ihr wie aus dem Gesicht geschnitten aus. Zugriff auf Akku, USB-C-Anschluss und den Slot für die Micro-SD-Karte erfolgt über ein Fach an der Schmalseite. Ton nimmt die QooCam über vier interne Mikrofone aus allen Richtungen auf – auch das eine Parallele zum Vorbild. Die Kamera erfüllt den IP68-Standard und ist somit nicht nur staubgeschützt, sondern ist auch in Tiefen von bis zu fünf Metern wasserdicht. Das Gehäuse macht einen wertigen, robusten Eindruck – wie es sich für eine Actioncam gehört.

QooCam 3 Display

Designtechnisch ist die Hero Max von GoPro offensichtliches Vorbild für die QooCam 3. Der frontseitige Bildschirm ist berührungsempfindlich und gut bedienbar.

 

Die Kamera nimmt 360°-Fotos mit 62 Megapixeln als JPEG- oder RAW-Datei sowie Videos in 5,3K-Auflösung mit 30 Bildern pro Sekunde auf, in 4K-Auflösung sind 30 sowie 60 Bilder pro Sekunde möglich. Andere Bildraten? Fehlanzeige, selbst wenn die Kamera auf PAL-Bereich eingestellt ist, sucht man 25 oder 50p vergeblich. Die nach zwei Seiten ausgerichteten Kameras erzeugen während der Aufnahme ein eigenes Bild, das Zusammenfügen übernimmt am Smartphone die QooCam App und am Computer das QooCam Studio. Dort wählen Filmende auch den Mittelpunkt des auszugebenden Videos, zudem ermöglicht die Software eine Ein-Klick-Farbkorrektur sowie Korrektur von Fehlern im Bereich des Kameraüberganges.

QooCam 3 Qoocam Studio

Damit aus zwei Aufnahmen eine wird, müssen die Aufnahmen über die Software QooCam Studio zusammengefügt werden. Am Smartphone übernimmt die QooCam App diese Aufgabe.

 


PRAXIS

Wie wichtig die hohe Auflösung ist, wird deutlich, wenn man die Videoaufnahmen in ein Schnittprogramm lädt. Denn damit die beiden Kameras die gesamten 360°-Bildbereich abdecken können, verwenden sie Ultraweitwinkel-Optiken, vergleichbar mit einer Brennweite von zehn Millimetern im Kleinwinkel-Format. Das resultiert in einem starken Fischaugeneffekt im Nahbereich. Durch die 5,3-Auflösung kann man jedoch so stark in den gewünschten Bildausschnitt hinein zoomen, dass dieser Effekt nicht groß auffällt – zumindest im Vergleich zu den üblichen Actioncam-Bildern. Kehrseite von hoher Auflösung bei vergleichsweise kleiner Sensorgröße ist die geringe Lichtstärke. Trotz einer festen Blende von F1.6 hat die Actioncam mit lichtschwachen Umgebungen Probleme, schon bei ISO 200 ist im Bild ein Bildrauschen auszumachen und Aufnahmen mit ISO 400 würden wir nur noch in Ausnahmefällen verwenden.

QooCam 3 ISO 400

Die native ISO-Empfindlichkeit der QooCam 3 liegt bei ISO 100. Schon bei ISO 400 ist das Bildrauschen wie hier zu sehen so hoch, dass wir nur noch in Ausnahmefällen auf das Material zurückgreifen würden.

Die gute optische Stabilisierung erlaubt Aufnahmen mit bewegter Camera im Vlog-Stil, Selfie-Sticks oder kleine Stative unter der Kamera blendet die QooCam 3 selbstständig aus, wobei die Ausblendung bei 180°-Winkel von Kamera zu Stick oder Stativ am besten funktioniert. Auch das Stitching (also das zusammenfügen der zwei Videoaufzeichnungen) funktioniert gut, auch wenn der Stitching-Bereich etwas dunkler als der Rest des Bildes ist und bei Bewegungen ein perspektivischer Cut-Effekt auftritt.

QooCam 3 Stitching

Der Stitching-Bereich, also der Übergang zwischen den beiden Kameras, ist in der Aufnahme dunkler als der Rest des Bildes. Auch kleine Bildfehler treten auf, hier etwa bei der Oberkante des Blattes.

 


EINE SINNVOLLE INVESTITION?

Man merkt: Die QooCam 3 ist – wie jede 360°-Kamera – nicht einfach eine weitere Actioncam. Trotz Fischaugeneffekt und Stitching-Effekten ist die 360°-Abdeckung ein entscheidender Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Bei Drehorten wie in unserem Fall einer Baustelle, wo Arbeiten an vielen verschiedenen Orten und oft parallel passieren, bewahrt die QooCam die Freiheit, im Nachhinein den Bildausschnitt wählen zu können und so keine Handlung zu verpassen. Einfach die Kamera so hingestellt, dass die Arbeit um sie herum passiert und laufen lassen, mehr ist nicht zu tun. Das ist nicht nur bequem, sondern spart auch Zeit – lediglich Abbau oder Akkuwechsel muss man selbst übernehmen. Das setzt eine lange Aufnahmedauer voraus, wobei die QooCam 3 im Dauertest bei nasskaltem Wetter mit Temperaturen um den Gefrierpunkt beachtliche dreißig Minuten Daueraufnahme schaffte. Im Timelapse-Modus mit einem Bildintervall von 60 Sekunden hielt die Kamera allerdings lediglich 60 Minuten durch, was zwei Sekunden Aufnahme entspricht.

QooCam 3 Panorama

Während unseres Tests auf der Baustelle hat sich QooCam 3 bewährt und Regen, Schnee, Eis und Staub ausgehalten. Für solche Sets, wo verschiedene Arbeitsabläufe mitunter gleichzeitig an verschiedenen Orten ablaufen, sind 360°-Kameras die ideale Lösung.

 

 

DATEN UND TESTERGEBNISSE

QooCam 3 Tabellenbild

BILDQUALITÄT sehr gut Hersteller Kandao Modell QooCam 3 Preis 389 Euro Internet kandaovr.com DATEN                                              Aufzeichnungsformate(Bildraten) 5,7K (30p), 4K (60/30p) Codecs (Dateiformate) H.264 Max. Abtastung intern 4:2:0 (8 Bit) Aufnahmemedien Micro-SDXC Bildwandler/Auflösung 1/1,55 Zoll/62 Megapixel (eff.) BILDQUALITÄT  befriedigend Schärfe gut Dynamikumfang gut - befriedigend Bewegungsauflösung befriedigend Rauschen/Bildfehler ausreichend Lichtempfindlichkeit ausreichend Farbwiedergabe gut Bildstabilisierung sehr gut TON  befriedigend Tonformate PCM 2ch ManuelleTonaussteuerung – Mikrofon-/Kopfhörer-/XLR-Buchsen -/-/– Tonqualität internesMikrofon befriedigend AUSSTATTUNG  gut Display/Diagonale •/1,9 Zoll (4,8 cm) Blende/Shutter/ISOmanuell •/•/• Weißabgl. manuell/Presets/Kelvin -/–/• Farbe/Kontrast/Schärfeeinstellbar -/-/- Zeitraffer/Zeitlupe •/- Log/Log-Vorschau/RAW/HDR  -/–/–/- LAN/WLAN/Bluetooth  –/•/• Datei-Upload/Livestreaming •/• Actioncam-Laschen/1/4 Zoll-Gewinde  -/• Digitalausgang USB-C BEDIENUNG  sehr gut Bedienungsanleitung PDF, online Ergonomie gut Bedienelemente gut Menü(Benutzerführung) sehr gut Fernsteuermöglichkeit sehr gut Smartphone-App QooCam App va logo kl 100   Urteil gut bis befriedigend Preis/Leistung gut

FAZIT

Joachim Sauer VIDEOAKTIV AutorKandao wirbt, wie man auf der Produktwebseite sehen kann, mit der QooCam 3 explizit um Amateure. Dass die Kamera aber auch Profiaufgaben beherrscht, hat der Test gezeigt. Noch ein Beispiel gefällig? In der Fußball-Bundesliga wird die Actioncam, von manchen Vereinen im engen Spielertunnel eingesetzt und sorgt dort für spannungsgeladene, emotionale Aufnahmen. Auch auf der Baustelle machte die Kamera eine gute Figur, wobei wir die QooCam nicht für Zeitraffer-, sondern vor allem für Daueraufnahmen einsetzen würden. Nichtsdestotrotz ist die QooCam 3 eine Kamera mit speziellem Einsatzgebiet, sei es bei Vlogs oder virtuellen Rundgängen von beispielsweise Ladengeschäften. Natürlich möchten Filmende nicht allzu viel Geld für eine Spezialkamera ausgeben. Mit 389 Euro ist die QooCam 3 dabei günstiger als die Mitbewerber von GoPro oder Insta360. Wer mehr Auflösung beispielsweise für 4K-Videos braucht, kann zur QooCam 8K greifen, die mit etwa 2000 Euro allerdings deutlich teurer ist und damit schon wieder eine andere Zielgruppe anspricht+ flexibel einsetzbar+ hohe Auflösung + lange Akkudauer- lichtschwach- keine PAL-Bildwiederholungsraten

 

Autoren: Joachim Sauer, Jonas SchuppBilder: Panasonic, Jonas Schupp, Joachim Sauer MEDIENBUREAU

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