Praxis-Test: Canon EOS R7 - Die ideale Reisekamera?
IM TEST:Canon EOS R7 mit EF-EOS-R-Adapter und RF-S 18-150mm F3.5-6.3 IS STM, 1889 Euro
Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis Canon sich bei seinen spiegellosen Systemkameras vom EF-Bajonett verabschiedet. Nachdem der neue RF-Mount bisher nur den Vollformat-Boliden vorbehalten war, setzt Canon nun auch bei APS-C-Kameras auf diesen Objektivanschluss. Mit der R7 und ihrer kleinen Schwester, der R10, hat Canon explizit Personen im Blick, die bisher mit EF-Systemen gearbeitet haben. Deren EF- und EFS- Objektive lassen sich dann auch mit einem RF-Adapter auf den neuen Kameras nutzen. Den EF-EOS R Adapter erhält man auch direkt dazu, wenn man die Kamera im günstigsten Angebot (1499 Euro) kauft. Ergänzend zu den beiden Kameras bringt Canon aber auch neue Objektive auf den Markt. Eines dieser speziell für die neuen Kameras entwickelten Objektive ist das RF-S 18-150 3,5-5,6 IS STM. Auf Kleinbildformat umgerechnet deckt die Optik eine Brennweite von 27 bis 225 Millimetern ab und verfügt zudem über einen optischen Stabilisator. Da sollten doch eigentlich keine Wünsche offenbleiben, oder?
Canon verabschiedet sich bei den spiegellosen Systemkameras der Einstiegsklasse vom EF-Bajonett. Die EOS R7 soll als "Übergangs-Kamera" beider Welten dienen und wird direkt mit einem entsprechenden Adapter geliefert. Was die 4K-60p-Kamera im 10-Bit-Workflow kann, haben wir getestet und zeigen es auch in diesem Testvideo aus der Praxis.
GEHÄUSE UND DESIGNDie R7 sieht nicht nur ausgewachsen aus, sondern fühlt sich mit dem gut dimensionierten Griff auch so an. Daneben bleibt noch genug Platz für die linke Hand, so dass Filmen aus der Hand gut möglich ist. Dazu jedoch später mehr. Dass es Canon mit dem Filmen ernst meint, zeigt schon der Einschalter, der Foto- und Videomodus voneinander trennt. Gerade für Einsteiger ist das nützlich, funktioniert doch das Modi-Wahlrad auch bei Video aufnahmen. So kann man sich bequem den richtigen Grad an Hilfen zuschalten. Für ISO-Wahl und das Schnellauswahl-Menü gibt es eigene Tasten, der Weißabgleich liegt auf dem Manual-Funktion-Schalter. Für Filmer etwas verwirrend ist aber die Tatsache, dass in der Werkseinstellung die Shutter-Einstellung über das vordere Griff-Rad, die Blende jedoch mit dem Joystick-Rad auf der Rückseite verändert wird. Doch das lässt sich im übersichtlichen Menü schnell anpassen. Das Menü selbst ist im Foto- wie im Filmmodus gleich und uns schon von anderen Canon-Digitalkameras, wie zuletzt der R3, bekannt. Sowohl per Fingerdruck als auch über Steuerkreuz, Joystick und Drehregler lässt sich sehr angenehm durch das Menü manövrieren.

Kompakt und leicht ist die R7. Sie verfügt über einen optischen und einen elektronischen Bildstabilisator, was sie zum praktischen Reisebegleiter macht.
Auch ein paar Eigenheiten in der Menüstruktur, wie etwa die Trennung von HDR-Modus und Canon Log 3 in verschiedene Untermenüs, hat man schnell verinnerlicht. Wie schon ihre Vollformat- Schwestern ist die R7 leicht und doch robust gefertigt. Bei allen neuen Modellen seit der R3 und dem XF605-Camcorder ist auch in der R7 der neue Zubehörschuh verbaut, über den sich zum Beispiel Canons eigenes Stereo-Mikrofon DM-E100 anschließen lässt. Unabhängig vom Zubehörschuh können Mikrofone auch an den links befindlichen 3,5-mm-Klinkenanschluss angeschlossen werden. Dazu gesellen sich Anschlüsse für Kopfhörer und Fernbedienung sowie jeweils ein USB-C- sowie ein HDMIPort. Letzterer allerdings in der weniger professionellen Micro-Variante.

Bei den Speichermedien vertraut Canon auf SD-Karten. Allzu speicherintensive Formate und Bildwiederholungsraten sind deswegen nicht möglich.
FORMATENoch vor wenigen Jahren das beherrschende Speichermedium auf dem Markt, ist die SDKarte zunehmend von CF-Express Typ A und B verdrängt worden. Zu niedrig ist die Schreibgeschwindigkeit von SD-Karten, gerade bei speicherintensiven ProRes-Formaten oder Auflösungen jenseits von 4K. Mit zwei SD-Kartenslots schwimmt die R7 in dieser Hinsicht gegen den Trend. Das bedeutet aber auch, dass zwangsläufig auf datenintensive Formate verzichtet wurde. In UHD sind maximal 60, in Full-HD maximal 120 Bilder pro Sekunde drin. Umso erstaunlicher, dass sich im Menü neben 4K/UHD noch eine weitere Auflösung mit der Bezeichnung „4K-Fine“ findet. In dieser Einstellung nimmt die R7 bei gleicher Auflösung nur noch mit 25 beziehungsweise 30 Bildern pro Sekunde auf.

Die R7 nimmt maximal in UHD auf. Besonderheit ist ein spezieller „4K-Fine“-Modus mit 30 beziehungsweise 25p. Wir vermuten, dass die Kamera in dem Modus ein Oversampling des Sensors auf UHD durchführt.
Wir vermuten hier, dass die Kamera bei „4K-Fine“ die vollen 32,5 Megapixel des Sensors auf UHD-Auflösung runterrechnet, was entsprechend Rechenleistung benötigt. Will man maximale Dynamik in den Aufnahmen, muss auf HDR- oder Log-Profile zurückgegriffen werden. Canon hat da mitgedacht und die R7 nicht nur mit einem HDR-Bildprofil, sondern auch mit Canon Log 3 ausgestattet. HDR- und Log-Aufnahmen codiert die Kamera in 10 Bit 4:2:2, während Aufnahmen im Standard- Profil mit 8 Bit 4:2:0 Farbsampling abgespeichert werden.

Wie bei allen neuen Canon-Kameras ist auch bei der R7 der neue Zubehörschuh verbaut, über den sich zum Beispiel der XLR-Adapter Tascam CA-XLR2d anschließen lässt.
PRAXISDer Vorteil von vielen filmenden Fotokameras mit S35- oder APS-C-Sensor ist, dass sie trotz großem Sensor immer noch kompakt sind. Zum Vergleich: Die Panasonic GH6 ist trotz kleinerem Sensor größer als die R7. Die Canon findet mit dem 18-150-Millimeter-Objektiv selbst in der kleinsten Tasche noch Platz. Das ist gerade für Reisen von Vorteil, bedeutet aber auch, dass oft nur Platz für ein Minimalsetup ist: Das heißt wohl meistens Kamera und ein Objektiv. Für ruhige Aufnahmen muss dann der Bildstabilisator der Kamera herhalten. Eine Aufgabe, die die R7 mit Bravour bewältigt. Der Kamerasensor ist beweglich gelagert, zudem kann ein zweistufiger elektronischer Bildstabilisator zugeschaltet werden. Auch weil das RF-S 18-150 mm ebenfalls über einen eigebauten Stabilisator verfügt, sind Aufnahmen schon ohne elektronische Stabilisierung so gut beruhigt, dass Aufnahmen aus der Hand ohne Probleme möglich sind. Schaltet man die elektronische Stabilisierung hinzu, tritt ein Crop auf. Das Bild ist dann noch ruhiger, wobei bei Schwenks schon ein deutliches Nachziehen des Bildes zu sehen ist.

Das Display ist übersichtlich aufgebaut und bietet schnellen Überblick über alle wichtigen Parameter. Darüber hinaus ist es berührungsempfindlich.
Sowohl Crop als auch Nachziehen und Beruhigung werden im „Enhanced“-Modus der elektronischen Stabilisierung noch stärker. Für uns reichte beim Dreh die optische Stabilisierung vollkommen aus. Den elektrischen Stabilisator würden wir nur dann hinzuschalten, wenn die Kamera wirklich ruhig bleiben muss, aber kein Stativ verfügbar ist. In Canon Log 3 liegt die native ISO-Empfindlichkeit bei ISO 800, was tagsüber schlicht und ergreifend zu empfindlich ist. Selbst mit dem relativ lichtschwachen Testobjektiv war ein ND-Filter Pflicht. Es klingt widersprüchlich, doch die R7 ist dennoch nicht sonderlich lichtstark: Schon in der nativen ISO-Empfindlichkeit ist ein leichtes Rauschen sichtbar, das sich mit zunehmendem ISO-Wert verstärkt. Bei ISO 3200, also zwei Stufen über der Grundempfindlichkeit, ist das Rauschen so stark, dass wir nur in Ausnahmefällen auf mit dieser Einstellung filmen würden. Bei ISO 6400 ist das Material dann unbrauchbar verrauscht.

In Canon Log 3 ist schon in der nativen Empfindlichkeit ISO 800 ein Grundrauschen am Horizont feststellen. Bei ISO 3200 ist das Grundrauschen dann so stark, dass wir nur noch in Ausnahmefällen auf das Material zurückgreifen würden.
Canons Dual-Pixel Autofokus gehört derzeit zu den besten AF-Systemen, was die R7 einmal mehr beweist. Wir hatten die Kamera während des Tests bei mehreren Drehs als Zweitkamera dabei. Personen erkannte sie ohne Ausnahme zuverlässig und behielt die Schärfe auch auf der Person. Auch bei Schnittbildern leistete sich die R7 keine Schwäche. Sehr angenehm ist das Arbeiten mit dem berührungsempfindlichen Bildschirm, mit dem sich der Autofokus zuverlässig platzieren lässt. Einzig bei Dunkelheit verlor der Autofokus stellenweise das Objekt. Ist der Autofokus aus, kann man eine Fokushilfe in Form eines frei platzierbaren Kästchens zuschalten. Über dem Kästchen signalisieren drei Pfeile, ob das Objekt im Kasten scharf beziehungsweise wie stark die Unschärfe ist. Je schärfer das Objekt, umso näher rücken die Pfeile, bis sie irgendwann übereinander liegen und grün werden. Die Schärfe lässt sich so sehr fein dosieren und die Rückmeldung seitens der Kamera funktioniert hervorragend. Ebenso gefallen hat uns die lange Akkulaufzeit: Mit einer Akkuladung hielt die R7 in unserem Stresstest zwei Stunden und sieben Minuten durch. Auch Hitzeprobleme traten weder im Stresstest-Dauerbetrieb noch bei Drehs bei weit über 30 Grad Celsius auf.
DATEN UND TESTERGEBNISSE

FAZIT
Canon bewirbt die R7 explizit an Auf- und Umsteiger in die spiegellose Welt – ein weiteres Indiz, dass die Tage des EF-Bajonetts wohl auf lange Sicht gezählt sind. Mit einem Preis von 1889 Euro (1499 Euro ohne Optik) ist die Kamera eher an ambitionierte und fortgeschrittene Privatpersonen gerichtet. Die erhalten mit der Kamera ein potentes Werkzeug, das mit 10-Bit- Log-Workflow sowie starkem Bildstabilisator und Autofokus zu überzeugen weiß. Da dürfte es weniger stören, dass die Kamera maximal in 4K mit 60 beziehungsweise 50 Bildern pro Sekunde filmt. Gerade für Anwender, die schon EF-Objektive besitzen, ist die R7 eine praktische, kompakte Kamera, die vor allem als Reisebegleiter ihre volle Stärke ausspielen kann.+ 10-Bit-Workflow+ kompakt und leicht+ guter Autofokus+ optionale Audioeinheit verfügbar- vergleichsweise lichtschwach
Autoren: Joachim Sauer, Jonas Schupp / Bilder: Joachim, Sauer MEDIENBUREAU
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