Filmarena: die richtige Projektkalkulation - wie den Fuß in die Tür bekommen?
Eine Projektkalkulation ist immer Gradwanderung zwischen günstigem Preis und passendem Verdienst. Doch die „Machmaleben“- und „Freundschafts“-Kultur, mit der Kreativschaffende oft konfrontiert und gleichzeitig mit Folgeaufträgen geködert werden, ist tückisch. Lutz Dieckmann und Joachim Sauer erklären aus der Praxis, wie sie damit umgehen.
Filmarena: Projektkalkulation - mit günstigem Preis den Fuß in der Tür
Richtig kalkulieren will gelernt sein und dazu gehört in erster Linie eine genaue vorherige Analyse von Projekten. Ja, das kostet Zeit und macht meist wenig Spaß. Doch klar ist auch: Wer sich hier verhaut, riskiert Verluste und unzufriedene Kunden. Deshalb ist hier Gründlichkeit angesagt: Doch wie will man kalkulieren, wenn eigentlich noch gar nicht klar ist, wie, in welchem Umfang und wann ein Projekt dann tatsächlich umgesetzt wird? Gerade wer eine Serie plant wird in der Regel damit konfrontiert, dass man erstmal ein Pilotprojekt machen soll. Das ist durchaus im Sinn einer sauberen Kalkulation – doch muss man das wirklich kostenfrei machen? Egal wie groß der Auftrag im Anschluss auch sein mag: Auch ein Pilotprojekt ist Arbeit – und ob man diese durch das anschließende Projekt finanzieren kann, meist ungewiss. Wie geht man nun an solche Projekte ran? Lutz Dieckmann und Joachim Sauer berichten aus der Praxis.
Lutz Dieckmann und Joachim Sauer sind seit Jahrzehnten in der Branche und setzen regelmäßig größere Projekte für Kunden um. Wie sie kalkulieren und mit den Anliegen der Kundschaft umgehen, erarbeiten sie in diesem Video.
KALKULATIONSBASIS
Ein Pilotprojekt, das man kostenfrei erstellen soll – dem erteilen die zwei Medienprofis im obigen Video eine klare Absage. Klar ist: Beim Piloten einer Serie wird man mit einem vergleichsweise günstigen Preis einsteigen und meist gerade mal Null-auf-Null rauskommen. Doch wer ein Pilotprojekt macht, hat in der Regel bereits eine Vorkalkulation auf die geplante Serie abgegeben und damit definiert, wohin kostenmäßig die Reise geht. Im Idealfall wird dann für den Piloten ein getrennter Auftrag erteilt, der zum einen klar definiert, dass die anschließende Serie bei der konzeptionierenden Produktion landet und ebenfalls festhält, dass nach der Pilotproduktion, die letztlich den Aufwand der Serienproduktion abschätzen lässt, eine gesonderte und detaillierte Kostenkalkulation erstellt wird. Diese, und nicht die kosten der Pilotproduktion, ist damit die Basis für die künftige Zusammenarbeit.

Was so scheinbar harmlos daherkommt, ist eine ausgefeilte Exeltabelle, in denen die Scripts von fast 140 Videos stecken. Sie hält fest welcher Film schon gedreht, geschnitten oder publiziert ist. So kann man dem Auftraggeber jederzeit eine Rückmeldung geben, wo das Projekt steht.
GEFÄLLIGKEITEN
Ebenfalls eine beliebte Masche ist es, immer wieder neben dem eigentlichen Projekt vermeintlich „kleine“ Gefälligkeiten einzufordern. Da will man mal eben noch ein Foto, wenn man doch gerade die Kamera in der Hand hat oder vom fertigen Film eine gesondert gekürzte Variante für einen speziellen Kunden. Wir haben hierfür in unseren Verträgen einen Passus, der dem Kunden einen tatsächlich guten Sondertarif zusichert, auf der anderen Seite aber auch definiert: Gesonderte Wünsche erfordern Arbeitszeit und diese werden im Rahmen der Zusammenarbeit nach diesen Konditionen abgerechnet. So kann man diese Sonderwünsche gezielt in Umsätze umwandeln, ohne jedes Mal in Preisverhandlungen gehen zu müssen. Gleichzeitig hat der Kunde die Gewissheit, dass er seine Wünsche zu guten Konditionen umgesetzt bekommt, ohne mit exorbitanten Kosten rechnen zu müssen. Logischerweise heißt dies aber auch, dass man eine Warnung abgibt, wenn sich ein scheinbar kleines Projekt auf einmal in ein sehr großes umwandelt – das gehört zur gegenseitigen Fairness.

Wenn wir schonmal im Studio sind, können wir doch auch „geschwind“ ein Reel machen. „Klar, kein Problem!“ lautet hier unsere Antwort – aber die Leistung wird genauso bezahlt.
KOMPETENZEN
Was Lutz und Joachim bei Gefälligkeiten besonders herausarbeiten, ist der Blick auf die Firmenstruktur des Kunden. Wer trifft in der Firma oder der Abteilung tatsächlich die Entscheidung und wer ist der eigentliche Ansprechpartner? Sehr häufig ist das nicht eine Person, sprich der Ansprechpartner ist letztlich nicht der Entscheider über Budgets. Fordert der Ansprechpartner ohne Finanzkompetenz zusätzliche Arbeiten an und bittet dabei um Sonderkonditionen oder gar „ausnahmsweise“ kostenfreie Arbeit, handelt es sich häufig eher darum dessen Position zu sichern oder zu verbessern. Mit offenen Karten gespielt, kann man das „vielleicht mal machen“ – aber die eigene Position verbessert man damit meist nicht. Ganz im Gegenteil: All zu oft bedeutet das: Wenn man so etwas fordern kann, dann scheint die Gewinnspanne gut zu sein, so dass man das künftig öfter fordern wird. Deshalb gilt es auch hier klare Bedingungen zu schaffen und über die Anliegen und Ziele zu sprechen. Besser ist es eine gemeinsame Strategie auszuarbeiten, die den Finanzentscheider überzeugt: Schließlich verfolgt der Kunde mit der Kommunikationsstrategie Ziele und je eher man diese gemeinsam definiert und erreicht, desto besser ist das für beide Seiten – dann spielen auch die Kosten eine deutlich geringere Rolle.

Wenn man für einen Kunden mehrmals im Monat im Dreheinsatz ist, dann lohnt es sich die Kundenkommunikation gut aufzusetzen und Ansprechpartner und Entscheider klar definieren zu können.
AUFTRAGSKOMMUNIKATION
In der Branche sind wir inzwischen weitgehend per Du und pflegen einen freundschaftlichen Umgang. Das ist auch gut so, denn Vertrauen gehört zu jeder Geschäftsbeziehung. Doch so professionell, dass man nicht nur auf Zuruf arbeitet, sondern eine sauber auf Verträgen oder Auftragsbestätigungen basierte Zusammenarbeit baut, sollte man sein. In der langfristigen Zusammenarbeit setzten wir auf einen Vertrag, der die Zusammenarbeit definiert, dem Kunden ein gewisses Kontingent zusichert, aber gleichzeitig uns als Produktion auch langfristigere Planbarkeit bringt. Die Zusammenarbeit definiert also auch eine Form der Kündigung. Doch auch bei kleineren Aufträgen arbeiten wir grundsätzlich mit einer Auftragsbestätigung, die zum einen den Umfang und Zahlungskonditionen, aber eben auch die für die Medienbranche wichtigen Bildrechte klärt.

Im Rahmen der Projektarbeit muss klar geregelt sein, wer sich um die Persönlichkeits- und Nutzungsrechte kümmert, so dass innerhalb einer Serie alle Rechte klar erteilt sind und es keine bösen Überraschungen nach der Publizierung gibt.
FAZIT
Gerade langjährige Zusammenarbeiten wiegen einen häufig in Sicherheit – bergen aber eben auch ein gewaltiges Risiko. Denn häufig entwickelt sich eine Vertrautheit, die reduzierte Kommunikation nach sich zieht und damit Missverständnisse aufkommen können. Zudem gibt es aufgrund des hohen Auftragsvolumen schnell eine große Abhängigkeit. Umso wichtiger ist es, das Projekt von Anfang an auf eine saubere vertragliche Basis zu setzen und auch eine Kommunikationsstruktur zu erarbeiten. Regelmäßige (kurze) Besprechungen und gezieltes Reporting über den Stand der Arbeiten sind eine prima Basis auf Dauer.
Die Forderung gewisse Aufgaben kostenfrei „mitzuerledigen“ ist, und das wissen auch diejenigen, die dies fordern, eigentlich nicht machbar. Dennoch ist es wichtig, den Wunsch nach kostengünstigen Bedingungen ernst zu nehmen. Klar ist: Wer ein gewisses Kontingent abnimmt, möchte auch für den Rest der Geschäftsbeziehung gute Konditionen. Wer dies gleich von Anfang an gut kommuniziert, platziert sich gleich positiv aber eben auch professionell. Absprachen am Telefon oder zwischen Tür und Angel haben sich bei uns in der Praxis als zu fehleranfällig erwiesen: Mal hat es der eine anders gemeint, mal der andere falsch verstanden – wobei es egal ist, wer nun wann einen Fehler gemacht hat. Besser ist es für beide Seiten schriftlich klare Bedienungen zu schaffen und damit Fehler zu vermeiden.
Autor: Joachim Sauer / Bilder: Joachim Sauer, Jonas Schupp MEDIENBUREAU
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