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Ratgeber: Digitalkameras aufrüsten - guter Ton in jeder Situation

Digitalkameras machen dank großem Sensor schöne Bilder – beim Ton sieht es jedoch ganz anders aus. Deshalb geben wir Euch in diesem Ratgeber einen Überblick über das unterschiedliche Ton-Equipment, mit dem sich der Kameraton aufwerten lässt und jederzeit guten Ton garantiert ist. Gleichzeitig haben wir eine Anleitung, wann man was braucht und in welcher Reihenfolge die Aufrüstung ideal ist.


VA sound logo 50px RATGEBER:Digitalkameras aufrüsten - guter Ton in jeder Situation

In der modernen Videoproduktion hat der Ton eine undankbare Stellung: erst wenn mit ihm etwas nicht stimmt, fällt er auf. Auch bei Kameras spielt der Ton eine untergeordnete Rolle. Denn wenn es darum geht, Bilder im „Cine-Look“ mit geringer Tiefenschärfe zu produzieren, sind Digitalkameras wie die Panasonic GH7 die erste Wahl. Das hat jedoch zur Folge, dass man beim Ton auf Multifunktionsschuh, Miniklinken-Mikrofoneingang und optionales Zubehör zurückgreifen muss, denn die internen Mikrofone erreichen selbst bei Social Media und Content Creation schlicht und ergreifend nicht die gestellten Qualitätsansprüche. Dabei gibt es einen bunten Strauß an Audiogeräten mit den unterschiedlichsten Funktionsweisen, ob aktiv oder passiv, mit breiter oder enger Ausrichtung, Mono oder Stereo. Da dabei die Übersicht schnell verloren geht, listen wir hier alle unterschiedlichen Klassen auf und erklären, wann man welches Equipment einsetzt.

XLR-Adapter, Shotgun-Mikrofone, Feldrekorder - guter Ton geht auf viele unterschiedliche Arten. Im Video geben wir Euch nicht nur einen Überblick, sondern liefern die Hörbeispiele gleich mit.

XLR-ADAPTER

XLR-Adapter sind keine Mikrofone, werten jedoch die Audioqualitäten von Digitalkameras auf und ermöglichen dabei in vielen Fällen 4-Kanal-Aufnahmen wie bei Camcordern. Dabei nutzen sie den Multifunktions-Zubehörschuh der Kamera, wobei jeder Hersteller eine eigene Bauweise hat. Dementsprechend gibt es für jeden Hersteller einen eigenen XLR-Adapter: Panasonic hat mit DMW-XLR1 und DMW-XLR2 zwei Modelle im Portfolio, Sony bietet mit XLR-K3M, -K2M und -K1M gleich derer drei und für Canon- sowie Fujifilm-Kameras gibt es Varianten von Tascams CA-XLR2d. Einzig Nikon-Nutzende müssen auf ein spezielles Gerät verzichten – der Tascam-Adapter ist jedoch auch in einer analogen Version erhältlich, der dann via Mikrofoneingang an die Kamera angeschlossen wird. Jeder Adapter bietet zwei XLR-Eingänge mit Vorverstärkern und Phantomspeisung – letzteres nicht selbstverständlich bei Digitalkameras. Regelbar sind die Kanäle über Räder, die feiner auflösen als die digitale Pegelung in der Kamera. Low-Cut- und Pad-Schalter runden die professionellen Audioeigenschaften ab. DMW-XLR2, XLR-K3M und CA-XLR2d bieten zudem noch einen TRS-Eingang, sodass auch Geräte mit Miniklinken-Anschluss adapterfrei angeschlossen werden können. Der Haken: mit mindestens 300 Euro sind die Adapter für Hobbyfilmer nicht gerade günstig.

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XLR-Adpater wie Panasonics DMW-XLR2 machen zwar noch keinen Ton, heben die Audioeigenschaften jeder Digitalkamera aber auf ein professionelles Niveau.


SHOTGUN-MIKROFONE

Die günstigste Methode, die Audioqualität aufzuwerten, sind Shotgun-Mikrofone. Dabei unterscheidet man zwischen klassischen sowie On-Camera Shotgun-Mikrofonen. Beiden gemein ist der Aufbau. Denn im Gegensatz zu anderen Mikrofonen sitzt die Mikrofonkapsel als Schallwandler nicht an der Gehäusevorderseite, sondern hinter einem sogenannten Interferenzrohr. Ton von vorne gelangt ungehindert an die Kapsel, während seitlicher Schall im Interferenzrohr hin und her gespiegelt wird und sich gegenseitig beeinflusst. Shotgun-Mikrofone machen sich dabei bewusst das Prinzip der Wellenüberlagerung zu nutze. Direkt auftreffender Schall wird verstärkt, seitlich einfallender Ton gedämpft. Idealerweise sollte die Interferenz so groß sein, dass sich die seitlichen Schallwellen gegenseitig auslöschen – das ist in der Praxis mit Schallquellen aus allen Richtungen aber unmöglich.

Ratgeber Zoom1 Inteferenzrohr

Allen Shotgun-Mikrofonen gemein ist das sogenannte Inteferenzrohr, an dessen Ende die Mikrofonkapsel sitzt. Schall von vorne gelangt ungehindert zur Kapsel, während seitlicher Schall im Rohr hin und her geworfen wird und sich dabei gegenseitig beeinflusst und abschwächt.

Als zusätzliche Maßnahme sind die Kapseln klassischer Shotgun-Mikrofone stärker gerichtet – man spricht dann von einer Keulen-Charakteristik. Im Vergleich zu anderen Schallwandlern sind Mikrofone mit Keulen-Richtcharakteristik unempfindlicher gegenüber seitlich einfallendem Schall, dafür anfälliger gegenüber Ton von hinten. Das gilt es bei der Anwendung zu beachten. Außerdem bedeutet die Keulen-Richtcharakteristik auch, dass sich bei Bewegungen des Mikrofons das Klangbild ändert. Deshalb ist eine ruhige Hand zwingend notwendig – gar nicht so einfach bei den mehrere Meter langen Tonangeln, welche nach wie vor das ideale Mittel sind, das Mikrofon so nah wie möglich an das Objekt und gleichzeitig nicht in das Kamerabild zu bekommen. Nicht umsonst obliegt die Tonaufnahme am Set üblicherweise einer eigenen Person.

Ratgeber Zoom1 Keule 2

Klassische Shotgun-Mikrofone verfügen über die Richtchrakteristik Keule mit ausgeprägter Empfindlichkeit nach vorne und hinten. Diese Art Shotgun-Mikrofone findet man auf Tonangeln - zwangsläufig dann bei Film- und Broadcast-Crews.

Solo-Filmer sind deshalb mit On-Camera Shotgun-Mikrofonen besser beraten. Um bei EB-Anwendungen noch einen guten Ton aufzeichnen zu können und gleichzeitig weniger anfällig für Schall von hinten (wie Geräusche des Filmenden) zu sein, weichen die On-Camera-Shotgun-Mikrofone wieder von der Keulencharakteristik ab - beispielsweise bietet das Zoom ZSG-1 eine Supernieren-Charakteristik, die stärker gerichtet ist als die Nieren-Charakteristik, aber im Vergleich zur Keulen-Charakteristik eine breitere Empfindlichkeit hat. Durch die Bauart mit Inteferenzrohr sollen die On-Camera-Mikrofone trotzdem unempfindlicher gegenüber seitlichem Schall sein, wobei die Dämpfung nicht an die „großen“ Mikrofone heranreicht – aber ein Schwenk weniger starke Auswirkungen auf den Ton hat. Aus diesem Grund ist im unseren Drehbesteck ein On-Camera Shotgun-Mikrofon fester Bestandteil. Vor allem in Mininamlsetups bei EB-Drehs, wo es darum geht, schnell O-Töne und Atmosphären einzufangen, ist diese Art Mikrofon unverzichtbar. Vergleichen kann man On-Camera Shotgun-Mikrofone mit den internen Mikrofone von Camcordern.

Ratgeber Zoom1 ZSG 1

On-Camera Shotgun-Mikrofone wie das Zoom ZSG-1 müssen den Spagat zwischen geringer Anfälligkeit für seitlichen Schall mit einem breiteren Empfindlichkeitsfeld nach vorne schaffen. Dabei hilft die Supernieren-Charakteristik, die stärker gerichtet als die Niere ist, jedoch einen breiteren Aufnahmeraum bietet als die Keulen-Charakteristik.

Im Normalfall werden On-Camera Shotgun-Mikrofone wie exemplaisch das Zoom ZSG-1 über ein TRS-Kabel an die Kamera angeschlossen. Die meisten Varianten sind passiv aufgebaut, sprich sie werden mittels Phantomspeisung über die Kamera mit Strom versorgt. Weil nicht jede Kamera Phantomspeisung liefern kann, gibt es On-Camera Shotgun-Mikrofone auch mit eigener Stromversorgung – im Falle des Zoom M3 MicTrak beispielsweise dann auch als Stereo-Mikrofon mit eigener Aufnahmefunktion in 32 Bit. Merken muss man sich nur bei diesen Modellen, dass man sie in vielen Fällen vor der Aufnahme eigens anschalten muss - sonst kommt kein Ton in der Kamera an.

Ratgeber Zoom1 M3 MicTrak

Aktive Shotgun-Mikrofone bieten dank eigener Stromversorgung mehr Funktionen als passive Varianten. Das Zoom M3 MicTrak beispielsweise verfügt über einen integrierten Rekorder mit 32 Bit-Technologie.


FUNKSTRECKEN

Nahezu ebenso wichtig wie Shotgun-Mikrofone sind Funkstrecken. Sie kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn man mit Protagonisten oder Moderatoren arbeitet. Durch die räumliche Trennung von Sender und Empfänger kann man von der Kameraposition unabhängig aufzeichnen, einzige technische Beschränkung ist die Reichweite der Funkstrecke. Auch Funkstrecken gibt es inzwischen wie Sand am Meer, von Profi-Geräten wie dem Sennheiser EW-DP bis zu Quad-Funkstrecken à la Comica Vimo Q. Während viele Funkstreckern über ein mal mehr, mal weniger gutes internes Mikrofon am Sender verfügen, können sie alle ein Lavalier-Mikrofon via TRS-Buchse aufnehmen. Dieses hat dann oft eine Kugel-Charakteristik, ist also in alle Richtungen gleich empfindlich. Wenn dann das Mikrofon etwas schief montiert ist, hat das dann keine Auswirkungen auf den Klang. Auch Lavalier-Mikrofone gibt es in vielen Varianten und Preisklassen, wobei die Faustregel gilt: je teurer, desto ausgewogener der Klang und umso besser die Abschirmung gegen Umgebungsgeräusche.

Ratgeber Zoom1 Funkstrecke Einsatz

Weil der Abstand zwischen Person und Mikrofon gleich bleibt, eignen sich Funkstrecken besonders bei Moderationen und bewegten Aufnahmen.

FELDREKORDER

Feldrekorder sind so etwas wie die Camcorder des Audiobereichs, denn auch sie sind flexibel und universell einsetzbar. Vor allem für O-Töne, Atmosphären und Konzertaufnahmen sind sie unverzichtbar. Sie bieten ein Stereo-Mikrofonpaar und interne Aufnahme, können also auch unabhängig von der Kamera platziert werden - beispielsweise platzsparend und Hall vermeidend direkt vor der Bühne, während die Kamera unauffällig hinter den Zuschauern bleibt. Doch auch auf der Digitalkamera ergeben Feldrecorder Sinn, da sie über den Line Out und/oder Kopfhörerausgang mit der Kamera verbunden werden können. Wie bei XLR-Adaptern erfolgt die Pegelung dann im feiner regelbaren Feldrekorder. Wobei man im Falle von Zooms Hessential-Serie dank 32 Bit-Technologie zumindest bei interner Aufnahme auf das Pegeln verzichten kann. Wir empfehlen bei der Wahl des Feldrekorders, für maximale Konnektivität und Profi-Features auf Modelle mit XLR-Anschlüssen zu setzen.

Ratgeber Zoom1 H4essential

Feldrekorder sind wahre Allzweckwaffen und verfügen im Fall von Zooms Hessential-Serie dank 32 Bit-Technologie höhere Audiostandards als viele Kameras.

 

FAZIT

Jonas Schupp VIDEOAKTIV AutorWie in diesem Ratgeber ersichtlich wird, gibt es eine Unmenge an Mikrofonen, Rekordern und Adaptern. Wenn man jetzt in Equipment investieren will, wo fängt man an? Grundsätzlich raten wir, sich zuerst ein On-Camera Shotgun-Mikrofon oder, wenn man mehr Geld ausgeben will, einen Feldrekorder anzuschaffen. Hiermit lassen sich nicht nur Atmosphären und O-Töne aufnehmen, sondern mit etwas Geschick auch Interviews aufzeichnen. Wenn sich die Interviewpartner bewegen oder weiter von der Kamera weg stehen und auch wenn man viel mit Protagonisten oder Moderatoren arbeitet, kommt man nicht um eine Funkstrecke herum. 4-Kanal-Aufnahmen und einen Workflow wie beim Camcorder bieten XLR-Adapter, die dann auch preislich in der Profiliga spielen.Ein weiteres Werkzeug haben wir bisher noch nicht erwähnt: die „klassischen“ Mikrofone. Diese braucht man dann, wenn man auch an lauten Orten wie Messen oder Konzerten noch einen O-Ton ohne Hintergrundgeräusche aufzeichnen will. Dann greift man am besten zu einem dynamischen Mikrofon, das auch in dieser Extremsituation noch einen guten Ton garantiert.

 

 

Autor: Jonas Schupp / Bilder: Zoom, Galak76 über Wikimedia Commons, Joachim Sauer, Jonas Schupp MEDIENBUREAU

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