Ratgeber: Filmen im Ausland – so gelingt der Dreh in Übersee
Ratgeber: Dreh in fernen Ländern
Eines vorweg: Wer als Tourist verreist und einfach nur Reiseerinnerungen festhalten möchte, mit Handy, GoPro oder Kompaktkamera filmt, ist im Normalfall auf der sicheren Seite. Sind jedoch professionelle Kameras, Lichtequipment und vielleicht noch eine Drohne mit im Spiel, können Probleme oft schon bei der Einreise entstehen, wobei eben Übergänge von Amateur- und Profi-Equipment inzwischen extrem fließend sind und nur schwer auseinanderzuhalten sind. Doch bei Drehs mit großem Equipment nimmt man mit großzügig bemessenem Vorlauf Kontakt zur entsprechenden Botschaft beziehungsweise dem Fremdenverkehrsamt des Landes auf und klärt das Projekt dort ab. Meist genügt schon ein Anruf, um über benötigte Dokumente und Genehmigungen Bescheid zu wissen. Je nachdem, wie restriktiv das Land ist, müssen Großgeräte wie zum Beispiel die Kamera direkt in den Pass eingetragen werden, in anderen Ländern reicht dagegen eine Equipment-Liste für den Zoll aus. Eine Drehgenehmigung kostet in den meisten Ländern um die 1000 Dollar, manchmal muss ein Liaison Officer, also ein staatlicher Verbindungsoffizier, mitbezahlt werden. Der ist dann beim Dreh immer dabei und passt auf, dass nichts „Falsches“ gedreht wird. Für diese Person muss in der Regel auch Essen und Übernachtung bezahlt werden.
Martin Gremmelspacher kann auf Jahrzehnte Dreherfahrung im Ausland zurückgreifen - für VIDEOAKTIV zuletzt beim Test der DJI Mavic 3 Pro Cine im äußersten Nordosten Thailands.
STAATSEIGENTUM UND PRIVATGRUNDSTÜCKE
Kurzum gilt: Wer mit seinen Filmen Geld verdient, der sollte eine Genehmigung beantragen. Einfach um das Risiko von Problemen während des Drehs auf ein Minimum zu beschränken und damit der Zeitplan nicht durcheinandergerät. Generell sollte man immer vor dem Dreh klarstellen, was man wo genau filmen will. Je nach Land darf man nicht einfach überall drehen und da sich niemand die Gesetze aller Länder auswendig merken kann, ist es immer ratsam, diese vorher herauszufinden. Und natürlich muss man auch aufpassen, ob es sich beim gefilmten Ort um Privatbesitz handelt, die – auch hier sind die Gesetzte von Land zu Land unterschiedlich – nicht einfach so abgelichtet werden dürfen.

Ist man sich unsicher, welche Regeln für das jeweilige Land gelten, hilft meist ein Anruf oder eine Mail bei der jeweiligen Botschaft weiter. Oft muss dort auch ein spezieller Antrag gestellt werden.
Grundsätzlich ist bei Drehs auf Privatgelände eine Absprache mit dem Eigentümer Pflicht. Oft haben die Eigentümer spezielle Wünsche und Einwände, die es zu respektieren gilt. Filmt man beispielsweise in Hotels, wird man feststellen, dass die Hoteliers aus Diskretion am liebsten überhaupt keine Gäste im Bild haben wollen. In Golfclubs oder anderen Sportvereinen ist der Eigentümer in der Pflicht, seine Gäste über den Dreh zu informieren und braucht deshalb entsprechende Vorbereitungszeit. Auch deshalb sind vorherige Anfragen und Absprachen unabdingbar für einen reibungsfreien Dreh.

Hotelrezeptionen sind komplizierte Drehorte, denn oft wollen die Betreiber aus Diskretion keine Personen im Bild haben. Ähnlich ist es mit anderen großen Privaträumen, beispielsweise in Banken.
PERSÖNLICHKEITSRECHTE - GRUNDLAGEN
Und wie sieht es aus mit persönlichen Bildrechten? Da gibt es einige Verhaltensweisen. Gehen wir zunächst von einem Beispiel aus, das so in der Praxis häufig vorkommt: Wir möchten auf einem belebten Markt drehen und Kunden und Verkäufer als Hauptbestandteil im Bild haben. Dann sollten wir mit den Menschen, die du näher aufnehmen möchtest, kommunizieren. Man muss nicht jedes Mal hinrennen und fragen, es genügen meist Zeichensprache und Augenkontakt. Die meisten Menschen werden nichts dagegen haben, wenn aber doch, wird man auch ein eindeutiges Zeichen erkennen können. Bitte akzeptiert die Ablehnung und sagt der Person zu, sie nicht aufzunehmen. Werden wir nicht beachtet, können wir einfach weiterfilmen.

Kommunikation ist wichtig - auch bei einer Sprachbarriere. Wer freundlich, respektvoll und zurückhaltend ist, kann vor Ort viel erreichen.
Ich persönlich gehe so vor: Zuerst suche ich mir drei oder vier Beobachtungspunkte auf dem Markt und bleibe dort zunächst mit dem Stativ stehen. Am besten nicht direkt mittendrin, so dass niemand gestört wird und man negativ auffällt. Von diesen Stellen aus drehe ich alles, was ich irgendwie bekommen kann: Totalen, Establisher und Handlungen, wobei bei Letzteren ein Teleobjektiv nahezu unumgänglich ist. Dann gehe ich mitten in das Geschehen und suche mir ein paar besonders schöne Bilder der Ware. Das geht recht einfach, meist kann man das Stativ an einer Ecke eines Standes platzieren, wo es niemanden stören kann, während man mit der Kamera in der Hand seine Einstellungen dreht. Idealerweise hat man natürlich eine Assistenz dabei, die das Stativ übernimmt. Dann brauche ich die Bewegung, die auf Märkten üblich ist, also Handel. Dabei sind zwangsläufig immer Menschen im Bild. Menschen, die auf einem Markt durch die Gänge gehen und der Markt in diesem Falle das eigentliche Bild darstellt, haben hier keine Bildrechte, denn sie sind nur die „Zierde“ im Bild. Nehme ich aber explizit die Verkäufer und Kunden auf, dann muss ich diese Personen um Erlaubnis bitten. Wie gesagt, es reicht hier fast immer eine Zeichensprache: Weist man freundlich kurz auf die Kamera hin, versteht das jeder. Fast nie wird es Absagen geben, oft wird man geradezu eingeladen.

Totalen dienen als Establisher und dienen am Anfang vom Dreh auch dazu, sich einen Überblick über Ort und Geschehen zu verschaffen. Dabei steht der Ort im Mittelpunkt, nicht die Personen.
PERSÖNLICHKEITSRECHTE - WAS TUN BEI ABLEHNUNG?
Ich habe schon Momente erlebt, wo ich bereits gedreht hatte und eine Person in der Menschenmenge nicht im Bild sein wollte, welches ich gerade aufgenommen hatte. Diese Person hat in einem solchen Fall kein verbrieftes Bildrecht. Aber eine Diskussion zu beginnen ist unsinnig und macht einen gerne unbeliebt, bleibt daher nett, freundlich und vor allem auf der sicheren Seite. Oft passiert es auch, dass sich Personen von der Kamera eingeschüchtert oder beobachtet fühlen und deshalb unzufrieden oder unsicher auf die Kamera schauen. Man kann die Kamera natürlich nicht wegzaubern, was aber hilft ist simuliertes Nicht-Filmen: Man stellt sein Bild genau ein, drückt auf Aufnahme und stellt sich denn passiv daneben. Wenn man dann noch einer anderen Tätigkeit nachgeht, wie zum Beispiel auf dem Smartphone zu scrollen, denkt niemand dass gedreht wird. Das entspannt die Situation vollkommen.

Wenn Personen nicht gefilmt werden wollen, gilt es das selbstverständlich zu akzeptieren. Eine Diskussion über Bildrechte loszutreten ist unsinnig und macht schnell unbeliebt.
PERSÖNLICHKEITSRECHTE - SCHRIFTLICHES
Ganz strenggenommen müsste man nun jede nah gefilmte Person einen Zettel unterschreiben lassen, um sich die Bildrechte zu sichern. Läuft der fertige Film nicht in dem Land wo auch der Dreh stattfand, sollte man sich überlegen, ob sich der Aufwand lohnt. Ich persönlich mache das auf Märkten oder auf der Straße nie und habe das noch nie bereut, auch nicht in 32 Jahren Filmproduktion. Dreht man in einer Markthalle, muss man vorher beim Hallenmanagement nachfragen. Auf besonders bekannten Märkten oder Touristenattraktionen wie zum Beispiel der Boqueria in Barcelona bekommt man eine regelrechte Drehgenehmigung und muss unterschreiben, dass man Verantwortung für die eigene Arbeit übernimmt und kein Stativ benutzt.

Beliebte Drehorte wie hier im Bild die La Boqueria in Barcelona haben oft spezielle Regeln für Filmer. Auch in diesem Fall hilft eine vorherige Kontaktaufnahme weiter.
Ich hatte bei einem Dreh schon die mündliche Zusage eines Paares, dass ich sie im Pool drehen darf, es gab sehr schöne Bilder und das Paar kam klasse rüber. Als ich dann zu Hause war, nahmen die beiden Ihr Einverständnis zurück, man wolle nicht vom Chef gesehen werden. Das war natürlich sehr ärgerlich, ich musste es aber selbstverständlich akzeptieren. Seither engagiere ich für solche Aufnahmen ein Pärchen oder auch mal eine Familie, je nach Drehort und Art des Films. Klar kostet das in den meisten Fällen Geld, doch ist man dann auf der sicheren Seite. Alles ist schriftlich abgeklärt, der Dreh macht viel Spaß und man bekommt die Bilder, die man sich wünscht.

Das Drehen mit professionellen Models kostet zwar Geld, dafür ist alles schriftlich abgesichert. Dank der Erfahrung der professionellen Darsteller kommt man oft schneller zum Ziel als mit Laiendarstellern.
EQUIPMENT
Möchte man sich hohe Transportkosten sparen, führt nichts um variabel einsetzbares Equipment herum. Daher bleibe ich bei der Hauptkamera beim guten alten Camcorder, in meinem Fall dem Canon XF705. Natürlich gibt es großformatige Kompaktkameras à la Sony A7S und Co, mit dem Canon-Henkelmann bin ich jedoch in nahezu jeder Situation in der Lage, ein schönes Bild zu kreieren und muss nicht auf XLR-Anschlüsse und interne ND-Filter verzichten. Ein „Film-Look“ ist bei Dokumentationen nicht so wichtig, wer dennoch nicht darauf verzichten möchte, rate ich zu kompakten Camcordern mit Wechselobjektiven wie beispielsweise Canons Cinema-Serie (C70 bis C500 je nach Budget) oder Sonys FX-Serie (ab der FX6, FX3 und FX 30 verfügen über keine internen ND-Filter). Daneben habe ich noch eine kleine Kamera dabei, mit der ich auch in Nationalparks filmen darf, ohne dafür extra bezahlen zu müssen. In meinem Fall ist das aus denselben Gründen eine Canon XF405, doch je nach persönlicher Präferenz stehen einem hier alle Kamera-Möglichkeiten offen. Mit der kleinen Kamera kommt man locker als Tourist durch, sobald aber ein Stativ ausgepackt wird, das ein bisschen professionell aussieht, sieht es schon wieder anders aus.

Wer wenig und noch dazu kleines Equipment verwendet, kann in vielen Fällen als Tourist durchgehen und von entsprechender Narrenfreiheit profitieren. Unwissenheit schützt aber nicht vor Strafe - wer sich unsicher ist und etwaige Unannehmlichkeiten vermindern will, wählt lieber den offiziellen und sicheren Weg.
Ob Privatdreh oder nicht: falls die Parkpolizei vorbeikommt, führt fast nichts an Erklärungen vorbei. Auch hier bitte freundlich bleiben! Für mich gehört zudem eine Drohne zur festen Ausrüstung, deren Bildqualität mindestens auf dem Niveau einer Mini 4 Pro liegen sollte. Ist das gesamte Drehbesteck kompakt genug und gehört einem dazu noch selbst, kann man es als Privatequipment einführen. Wird es beispielsweise durch eigenes Licht zu umfangreich oder handelt es sich um Leihequipment mit den Kennzeichnungen des Verleihs, führt natürlich nichts an einer gewerblichen Nutzung und den entsprechenden Auflagen des Landes vorbei.

Der Vorteil von Camcordern gegenüber Digitalkameras ist die höhere Flexibilität. Dadurch, dass man auf viel Zubehör verzichten kann, spart man trotz der größeren Maße Platz.
DROHNE
Kompliziert wird es mit Drohnen, wo jedes Land ganz eigene, oft komplizierte Gesetze hat. Bei Drohnen muss nicht selten auch beim Militär und/oder bei den Luftfahrtbehörden eine behördliche Genehmigung eingeholt werden, häufig auch eine eigene, für das jeweilige Land gültige Fluglizenz für Drohnen. Selbst in Thailand, einem sehr offenen Land, was Drohnenflüge betrifft, braucht man zwingend eine solche Fluglizenz. Auch für kleine Drohnen. Zwar wird nur selten kontrolliert, wenn aber doch, ist die Drohne weg und oft genug auch die Aufenthaltsgenehmigung für den Piloten. Es gibt auch Länder, die Drohnen komplett verbieten, dazu gehören fast alle arabischen Länder, dort muss man seine Drohne bei der Einreise oft abgeben und bekommt sie erst nach der Ausreise wieder ausgehändigt. Das ist nervig und kostet in der Regel auch viel Zeit. Wer nicht weiß, ob eine Drohne in das jeweilige Land eingeführt werden darf, erkundigt sich auch hier vorher auf den Botschaften oder eben beim Touristboard, wie oben beschrieben, spätestens aber vor dem Zoll am Flughafen, dort gibt es immer eine Auskunftsstelle. Fragen kostet nichts und man geht der Gefahr aus dem Weg, dass die Drohne eventuell beschlagnahmt wird. Hier hilft auch Google schnell weiter, für fast jedes Land der Welt gibt es Informationen.

Wer spektakuläre Luftaufnahmen machen will, kommt um eine Drohne nicht herum. Das ist jedoch mit besonderen Auflagen verbunden, in einigen Ländern sind Drohnenflüge ganz verboten.
Bei Drohnenflügen muss man immer auf Sperrzonen achten, beispielsweise um Flughäfen, Nationalparks oder Militärgelände. Ist das Fliegen am Drehort verboten, hebt die Drohne in der Regel gar nicht erst ab, oder man muss via Internet die Verantwortung für den bevorstehenden Flug übernehmen. Erst nach der erfolgten Zusage, dass man Verantwortung übernimmt, startet das Fluggerät. Auch bei Drohnenflügen gilt es, die Privatsphäre anderer Menschen zu beachten. Deshalb greife ich gerne zur DJI Mavic 3 Pro beziehungsweise der Mavic 3 Pro Cine. Diese obliegt mit ihrem Gewicht oft speziellen Regeln, beispielsweise darf man sie in Deutschland und der EU nur mit dem „großen“ Drohnenführerschein fliegen. Dafür kann ich mit ihren drei Kameras ohne Probleme nah an Objekte herankommen, ohne die Drohne in unmittelbarer Nähe haben zu müssen.

Golfplätze sind Privatgelände und gehören dem Eigentümer. Wer dort Luftaufnahmen anfertigen will, muss zusätzlich zu den Auflagen des Landes noch das Einverständnis des Eigentümers.
FAZIT
Für Drehs im Ausland gilt dasselbe wie in vielen Dingen des Lebens: Vorbereitung ist das halbe Leben! Wenn man sich vor dem Dreh mit Gesetzen und Auflagen des jeweiligen Landes auseinandersetzt, steht einem ruhigen Dreh zumindest von behördlicher Seite eigentlich nichts mehr im Weg. Beachten sollte man dabei aber immer, dass Behörden und Ämter oft nur langsam arbeiten, weshalb man früh genug mit der Drehplanung anfangen sollte. Gerade mit den Gesetzen für Drohnen sollte man sich intensiv auseinandersetzen, welche in vielen Ländern sehr restriktiv sind oder Drohnenflüge sogar ganz verbieten. Zwangsläufig sind die Kosten meistens höher als bei Drehs im Inland, mit kluger Equipmentwahl lässt sich jedoch zumindest beim Gepäck sparen. Ist man nett, freundlich und zuvorkommend und respektiert vor allem die Privatsphäre anderer Personen, bekommt man nicht selten einzigartige Bilder und Einblicke in die verschiedensten Ecken unserer Welt.
Autor: Martin Gremmelspacher, Jonas Schupp / Bilder: Pixabay, Martin Gremmelspacher, Joachim Sauer, Jonas Schupp MEDIENBUREAU
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