Einsteigerschnittberatung: Wahlprogramm
Schön waren die alten Zeiten des DV-Videoformats. Da war der Schnitt eine Standardanwendung für nahezu jeden Rechner. Besondere Anforderung: viel Festplattenkapazität – eine Leichtigkeit. Mit der HD-Auflösung und besonders AVCHD sieht das Ganze auch Jahre nach der Einführung des Formats noch völlig anders aus: Die Ansprüche an das Speichervermögen sind, wenn überhaupt, nur unmerklich höher. Entsprechend spielen Festplattengröße und Geschwindigkeit fast keine Rolle mehr. Dafür muss der Prozessor mehrere Kerne haben und weit flotter arbeiten, zudem rückt die Leistung der Grafikkarte ins Zentrum, sofern das Schnittprogramm sie auch unterstützt.Denn jeder Hersteller setzt andere Prioritäten und erwartet andere Leistungsdaten. Damit steigt wieder der Bedarf an maßgeschneiderten Schnittsystemen.
Hersteller-Empfehlungen:
Bei den Leistungsdaten aber mauern die Anbieter von Schnitt-Software. Immerhin sind sich alle in einem einig: Die Angaben über das Minimum an Leistung sollen die Hürde niedrig halten und so einen großen Kundenkreis zum Kauf animieren. Unabhängig vom Anbieter gilt jedoch: Wer mit den Minimalanforderungen schneiden will, wird damit nicht glücklich.


Selbst wenn die Hersteller Leistungsdaten für SD- und HD-Videoschnitt benennen, sollte sie derCutter mit Vorsicht genießen. Die Angaben zur HD-Verarbeitung entsprechen oft gerade mal dem, was er tatsächlich für die SD-Videobearbeitung benötigt. Wobei nicht allein die Auflösung, sondern häufig der Codec entscheidend ist.
So klappt der Schnitt von DV-Video selbst auf alten Rechnern mit einem P4-Prozessor. Nutzt der Camcorder aber bereits einen effizienten und damit aufwändigen MPEG- 4-Codec in SD, steigt der Anspruch: Hier wäre ein Doppelprozessorsystem recht. Für die HD-Bearbeitung ist ein Rechner mit zwei Prozessorkernen stets die unterste Leistungsklasse. Echtzeitvideoschnitt mit mehreren Videospuren ist hier nicht drin. Allenfalls eine simple Überblendung mit leicht ruckelnder Wiedergabe bekommt der Cutter zu sehen – zumindest dann, bearbeitet er AVCHD-Videos. HDV mit MPEG-2-Codierung und auf 1440 x 1080 Pixel reduzierter Auflösung ist weniger anspruchsvoll und läuft bei ordentlicher Bestückung mit Arbeitsspeichern noch flüssig ab.
Leistungsempfehlungen:
Bei AVCHD gilt als sinnvolle Ausstattung für Einsteiger ein Rechner mit vier Prozessorkernen wie beispielsweise dem Intel Core i5, 4 Gigabyte Arbeitsspeicher und einer Grafikkarte mit mindestens 256 MB Grafikspeicher.
Natürlich klappt der Videoschnitt auch auf Rechnern mit AMD Prozessor, doch optimiert sind die Schnittprogramme in der Regel für Intel. Zudem werden wegen der höheren Verbreitung Fehler schneller erkannt und beseitigt – ein Argument für den Quasi-Monopolisten. Bedauerlich, dass die Schnittprogramm- Hersteller ausgerechnet zur Ausstattung der Grafikkarten mit Daten geizen. Denn nur ein Teil der Programme nutzt den Grafikkartenspeicher intensiv.Als Faustregel gilt: Wer in erster Linie hart schneidet, braucht keine besondere Grafikkarte. Wer aber ausgiebig mit Effekten arbeitet, sollte die Leistungsdaten der Schnitt-Software studieren. Hier stehen zum Beispiel häufig die Cuda-Unterstützung für Nvidia-Grafikkarten, hier und da ist auch die Stream- Technologie von ATI in den Leistungsanforderungen vermerkt. Beide Technologien sorgen für eine schnellere Effektberechnung über den Grafikprozessor. In jedem Fall wichtig: eine Grafikkarte mit zwei digitalen DVI-Ausgängen. Selbst Einsteigerprogramme können die Arbeitsoberfläche oder zumindest die Videovorschau auf einen zweiten Monitor auslagern. Das bringt mehr Übersicht und eine bessere Bildkontrolle.Ideal: Beide Bildschirme oder wenigstens der Vorschaumonitor bieten Full-HD-Auflösung (1920 x 1080 Pixel). Rechner mit den genannten Leistungsdaten kosten inzwischen knapp unter 700 Euro. Unverändert gilt die Empfehlung für Festplattengröße und Konfiguration: Im Idealfall fasst die Systemfestplatte mindestens 150 Gigabyte und belegt eine eigene Harddisk. Die Videodaten werden dann auf einer zweiten Platte gespeichert, die nicht groß genug sein kann. Wer dabei auf Datensicherheit Wert legt, baut eine dritte Festplatte ins System und automatisiert den Abgleich der Videodaten wahlweise über ein RAID-System oder eine Synchronisations-Software.


Letzteres ist zwar umständlicher, frisst dafür aber weniger Leistung und hat zudem den Vorteil, dass versehentlich gelöschte Daten nicht gleichzeitig von der zweiten Videoplatte verschwinden. Mit einer solchen Konfiguration sollte der Cutter zumindest bei den Schnittprogrammen der Einsteiger- und Mittelklasse klarkommen. Dabei gilt weiterhin der Rat, auf neueste Systemprogramme (Windows 7) zu setzen. Die Einsteigerliga gibt sich durch die Bank mit einer 32-Bit-Variante zufrieden. Wer höhere Ambitionen hegt, sollte dennoch die 64-Bit-Version bevorzugen, da sich dann speziell der Arbeitsspeicher leichter erweitern lässt.Nur mit der 64-Bit-Version unterstützt Windows 7 mehr als 4 GB RAM. Gerade bei langen Projekten mit vielen Spuren kann es sehr sinnvoll sein, den Arbeitsspeicher aufzurüsten. Um das „lange Projekt" exakter zu definieren: Wer meist unter 20 Minuten Filmlänge bleibt, muss weniger Aufwand treiben. Kritischer wird es bei Längen von über einer Stunde.
Mehr ist besser:
Mehr denn je gilt die Regel, dass es beim Videoschnitt zu viel Leistung nicht gibt. Entsprechend greifen Profis auf Workstations zurück. Avid beispielsweise gibt gar keine Leistungsdaten für seine Profi-Software an, sondern verweist auf eine verhältnismäßig kurze Liste an zertifizierten Rechnern sowie auf seine Fachhändler, die eigene Pcs konfigurieren. Eine professionelle Schnittsystem unterscheidet sich von einer Konsumer-Lösung nicht so sehr in den Leistungsdaten vom Prozessor, Arbeitsspeicher und Grafikkarte.Teuer machen es vor allem die Konfiguration– und die verbaute Video-Hardware. Während dem Schnitt-Einsteiger die Videovorschau auf der Bedienoberfläche genügt, sollten sich engagierte Filmamateure oder gar Filmprofis eine echte Videoausgabe in Full- HD auf einen separaten Vorschaumonitor gönnen.
Nur so sind Unschärfen und Falschfarben rechtzeitig zu erkennen. Eine der häufigsten Leserfragen betrifft die Formatunterstützung für bestimmte Camcorder.Leider lässt sich das nicht permanent überwachen. Klar, dass VIDEOAKTIV bei jeder Schnitt-Software die gängigsten Formate testet, sodass die Prüfer für AVCHD durchweg Entwarnung geben können. Schwieriger sind Aussagen zu den vielen Videoformaten der Fotokameras oder auch zu „Außenseitern" wie Samsung und Sanyo: Sie verwenden eigene Codecs und Formate.Wollten die Tester hier dauerhaft Verbindliches gewährleisten, müssten sie für jedes Schnittprogramm einen eigenen Rechner bereithalten. Aus genau diesem Grund bietet VIDEOAKTIV im Internet von allen getesteten Camcordern ein Testvideo im Originalformat an. So kann jeder angehende Filmer und Cutter vor dem Kauf des Camcorders ausprobieren, ob sein aktuelles Schnittprogramm mit den Videodaten des Wunschmodells zurechtkommt. Am generellen Problem ändert das nichts: Eine umfassende Formatunterstützung für die neuesten Kreationen der Camcorder-Hersteller offerieren jeweils nur die neuesten Software-Versionen. Für ältere Programme gibt es in der Regel kein Update für neue Camcorder-Formate. Was bedeutet, dass der Cutter kaum um ein Upgrade herumkommt, sollte seine bereits installierte Version das Format nicht unterstützen. Aber auch hier rät VIDEOAKTIV, vor dem Kauf ins Internet zu gehen und die Testversion zu laden. Sie ist bei nahezu allen Herstellern für eine bestimmte Zeit voll funktionsfähig, sodass man die Kombination des VIDEOAKTIV-Testvideos mit der neuen Version der Schnitt-Software auf dem eigenen Rechner ausprobieren kann.


Videoausgabe:
Wer auf den Schnitt von HD-Videos umsteigt, muss sich auch gleich die Frage stellen, wie er künftig seine Werke präsentieren will. Full-HD-Fernseher sind inzwischen Standard, also kein großes Problem mehr. Blu-ray-Player kosten ebenfalls nicht mehr die Welt, es gibt sie schon für knapp über 100 Euro. Damit ist klar: Die wohl üblichsteMethode dürfte das Brennen einer Blu-ray-Scheibe sein. Fast alle Programme bieten eine Blu-ray-Brennfunktion, wenngleich häufig ohne Menügestaltung. Bei einem Einsteigersystem darf der Cutter unter Umständen dennoch auf den Bluray- Brenner verzichten: Wer Werke mit bis zu 20 Minuten Länge erstellt, kann diese mit AVCHD-Struktur auf eine normale DVD brennen.Auch diese Funktion bieten mittlerweile sehr viele Schnittprogramme, und alle aktuellen Blu-ray-Player spielen solche Discs ab. Das senkt Hardware- wie Medienkosten. Eine Alternative können zudem Festplatten- Player sein. Einziger Haken: Man muss sehr genau prüfen, welches Format der Spieler unterstützt, und ob das eigene Schnittprogramm wiederum dafür den entsprechenden Codec bietet. Dank MPEG-2, H.264 und meist DivX-Unterstützung von Programmen wie Playern ist das kaum noch ein Problem. Allerdings muss man anfangs etwas Zeit investieren, um das Format mit der besten Bildqualität bei vertretbarer Datenrate herauszufinden.


Apple:
Entsprechend nennt Apple Systemanforderungen für das „iLife"-Paket und gehobene Anforderungen für „iMovie". Wobei die Leistungsdaten auch hier deutlich zu tief gegriffen sind: Mit 1 Gigabyte Arbeitsspeicher und Intel CoreDuo-Prozessor klappt der AVCHD-Schnitt nicht wirklich. Im Prinzip steht Apple den Leistungsanforderungen der PC-Software nicht nach – wie auch, das Nadelöhr heißt AVCHDVideo- Codec, und hier sitzen die Kalifornier an derselben Schwachstelle.Die an sich gute Videoanalyse von iMovie beansprucht auch beim VIDEOAKTIV- Highend- System mit acht Prozessorkernen alle Leistung. Für Aufsteiger bedauerlich, dass Apple das Mittelklasseprogramm „Final Cut Express" noch nicht auf den neuesten Stand gebracht hat: AVCHD-Echtzeitunterstützung gibt es hier nicht – aber eben auch nicht den verbesserten ProRes-Codec des großen „Final Cut Studio". Derzeit unterstützt es ebenfalls noch keine AVCHD-Dateien, sondern konvertiert beim Import. Das kostet Zeit und Speicherplatz.Auf die Qualität wirkt sich das nicht negativ aus. Vorteile hat das Verfahren auch: Mit dem Apple-Codec lässt sich flüssiger arbeiten. Der Haken: Lediglich das Final Cut Studio bietet eine Schmalspur-Blu-ray-Brennfunktion ohne Menü. Wer hier mehr erwartet, muss nachrüsten, etwa mit Roxio „Toast".
Casablanca:
Das Stand-alone-System von MacroSystemnutzt PC-Technik im anderen Gewand. Wer sich nicht mit PC-Installation, Hardware- und Problemen der Software- Kompatibilität herumschlagen möchte, greift zum Standalone- System. MacroSystem liefert mit dem einstigen Platzhirschen Casablanca inzwischen das einzige verfügbare Stand-alone-Schnittsystem. Es arbeitet mit einer eigenen, einfachen Software- Oberfläche auf Basis des Linux-Betriebssystems. Mit der Schnitt-Software „Bogart SE" kam auch die AVCHD-Unterstützung dazu. Das „SmartEdit"-Programm der älteren Systeme beherrscht dagegen nur HDV. Intern wandelt Casablanca beim Import die AVCHD-Videos in MPEG-2. Dabei verwendet MacroSystem nur i-Frames (Vollbilder) und speichert so mit einer Datenrate von satten 60 Mbit/s.Die Konvertierung erledigen die aktuellen Systeme S-3000 und S-6000 in etwa in einfacher Abspielzeit, wenn Import- und Projektauflösung übereinstimmen. Wegen der leistungsschwächeren Hardware- Ausstattung benötigt das 1600 Euro teure S-3000 dabei etwas länger. Das S-6000 für 2800 Euro bietet zum schnelleren Prozessor mehr Arbeitsspeicher und die größere Festplatte. Außerdem ist das „Pro"-Paket mit einigen wichtigen Schnitt-, Titel- und Effektfunktionen inklusive, beim S-3000 kostet es zusätzliche 250 Euro. Der kleine Casablanca-kommt serienmäßig mit DVD-Brenner und schreibt somit den HD-Film als AVCHD auf DVD. Den Blu-ray- Brennergibt es als Option, oder beim S-6000 serienmäßig – dann brennt Casablanca auch eine höhere Datenrate auf die Scheibe als bei der DVD. Allerdings erstellt Casablanca derzeit keine Blu-ray-Menüs.- Den kostenlosen Artikel zum Test des MagicMax HD gibt es hier zum Download.
- Zur tabellarischen Übersicht der gängigsten Schnitt-Programme.


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