Auf den ersten Blick mag es etwas befremdlich, ja fast kindisch wirken: Ausgerechnet ein so renommierter Hersteller wie RME setzt bei seinem kompakten, aber hochwertigen Audiointerface ganz auf eine lustige Ansprache: Das Ding heiĂt Babyface, kommt in einem Karton mit riesigem Kleinkind-Foto â und auch im Begleitmaterial (âBabypflege fĂŒr AnfĂ€nger") hĂ€lt der Hersteller die Kindergeschichte konsequent durch.
Und das war noch nicht alles: Es gibt noch eine zweite Version namens Ladyface in Pink, und winters das Snowface!
Aber der Schein trĂŒgt: Das Babyface ist alles andere als Kinderspielzeug, sondern nimmt es problemlos mit den Konkurrenten aus der Edel-Liga auf.
Ausstattung und Bedienung
Ganz ohne Baby-Bonus: Schon vom ersten Auspacken an hat uns das kleine Blaue fĂŒr sich eingenommen. Nicht wegen der treuherzigen Kinderaugen auf dem Karton, sondern mit seinem Lieferumfang und der stimmigen Ausstattung: die praktische Tragetasche, die ein solches Interface erst wirklich mobil einsetzbar macht; das (gegenĂŒber anderen Lösungen durchaus ertrĂ€gliche) Multipin-Kabel samt Kabelpeitsche (zweimal XLR-In/Out, MIDI-In/Out, Kopfhörer) zum Anschluss analoger Tonquellen und WiedergabegerĂ€te; die gerade mal vier Seiten lange Kurzanleitung.
Was bei einem Interface der Oberklasse fast schon erstaunt, suchen wir bei den meisten billigeren Lösungen nĂ€mlich vergeblich: ein einsteigertaugliches Handbuch, das erst mal erklĂ€rt, wozu ein Audiointerface eigentlich gut ist, wie es sich installieren lĂ€sst und wie die Bedienung ablĂ€uft. Die meisten dieser âQuick Guides" kommen ĂŒber ein paar Worte zur Installation der beiliegenden Software nicht hinaus. Babyface-Hersteller RME hingegen erklĂ€rt hier das Wesen seines Audiointerfaces meistergĂŒltig in aller KĂŒrze und auf Deutsch! Ein komplettes Handbuch in praktischer Ringbuch-AusfĂŒhrung gibt es obendrein, in Deutsch wie Englisch. Selbst Recording-Laien (und dazu zĂ€hlen sicherlich viele von uns Filmern) sollten damit problemlos den Einstieg in die Materie meistern. Liebe Mitbewerber: bitte nachmachen!
RME wirbt mit insgesamt 22 KanĂ€len, davon zehn EingĂ€ngen, da neben den beiden XLR-ZĂŒgen die achtkanalige optische ADAT-Schnittstelle mitgezĂ€hlt wird. Der GroĂteil der Bedienung wird ĂŒber das groĂe Drehrad, die Select-Taste zur Modus-Umschaltung und die Multifunktions-LED-Anzeige erledigt. Der integrierte Hardware-Mixer âTotalMix FX" lĂ€sst sich ĂŒber die auf der Treiber-CD mitgelieferte Software feintunen.
KlangqualitÀt
Wie gut das kleine Blaue wirklich ist, entscheidet sich natĂŒrlich bei der QualitĂ€t der Tonaufnahmen. Die steht und fĂ€llt bei einem Audiointerface mit der QualitĂ€t der eingebauten VorverstĂ€rker und AD-Wandler. Beim Babyface kann man absolut nicht meckern: Die entsprechenden Bauteile klingen ebenso rauscharm wie detailreich. Ăber Lichtleiter nimmt das Babyface sogar Digitalton mit bis zu acht KanĂ€len auf auf.
Das Babyface ist ein hochwertiges, aber kompaktes Audiointerface mit zwei XLR-KanÀlen und achtkanaliger, optischer Digitalschnittstelle. Wer mit diesem Eingangs-Angebot auskommt, bei der KlangqualitÀt aber keine Abstriche machen will, fÀhrt mit dieser Investition bestens: Das Preis-/LeistungsverhÀltnis ist absolut fair.
+ hochwertige Wandler
+ sehr guter Klang, geringe Latenz
+ Digital-Ton per S/PDIF und ADAT
+ sehr praktische Kurzanleitung
+ deutsches Handbuch mitgeliefert
Urteil
sehr gut
Preis/Leistung
sehr gut
Fazit
Verglichen mit den anderen kompakten High-End-Interfaces des letzten Tests scheint das Babyface auf den ersten Blick etwas schmucklos und zugeknöpft. Doch das tÀuscht: RME liefert mit (nur) einem Multifunktionsrad und LED-Anzeige tatsÀchlich Bedienung aus einer Hand. Obwohl der Funktions- und Leistungsumfang riesig ist, lÀsst sich damit nach kurzer Eingewöhnung flott und bequem arbeiten. Sogar Àltere Digitalmitschnitte finden per S/P-DIF wie ADAT Einlass in den Rechner. Da beim Babyface selbst die Bedienungsanleitung meisterhaft ist (kurz, aber prÀzise, bebildert und auf Deutsch) können wir es sogar Einsteigern empfehlen. Und das kommt in dieser Klasse nun wirklich selten vor.
Wie sich RME im Vergleich mit anderen Edel-Interfaces schlÀgt.
NatĂŒrlich musste sich das Babyface auch mit den Klassenkollegen messen, die VIDEOAKTIV in der vorigen Ausgabe getestet hat. Das MOTU Track 16 (3) wirkt zwar noch einen Tick edler, aber auf Ă€uĂere Werte sollte es ja hier nicht ankommen. Beim Funktionsumfang herrscht eher Gleichstand â Babyface wie Track 16 bieten beispielsweise die seltenen optischen Digitalbuchsen, das Breakout-Kabel ist bei RME aber deutlich praxisgerechter ausgefallen. Mit dem Apogee Duet 2 (2) kann sich das Babyface in der QualitĂ€t seiner XLR-VorverstĂ€rker messen â da lassen beide renommierte Hersteller nichts anbrennen. Verglichen mit dem einfach zu bedienenden Focusrite Forte (1) fĂ€llt auf, dass RME zwar nicht mit trendiger OLED-Anzeige und Touch-Bedienung aufwarten kann, dies aber durch eine exzellente Bedienungsanleitung wieder wettmacht.